"Bedrohungsgefühl schlägt um in Angst", titelt Het Nieuwsblad. "Panik in Hannover" schreibt De Standaard auf Seite eins. "Belgien zittert", so die Schlagzeile von L'Avenir.
Wie blank die Nerven überall in Europa liegen, zeigte sich Dienstagabend in Hannover. Als die ersten Zuschauer bereits im Stadion waren, wurde das Fußballspiel zwischen Deutschland und den Niederlanden abgesagt. Grund war eine konkrete und besonders ernstzunehmende Bombendrohung. Wie De Morgen berichtet, wurde aber glücklicherweise kein Sprengstoff gefunden. Brüssel, Nordfrankreich und Alsdorf bei Aachen: Überall will man den gesuchten Terroristen Salah Abdeslam gesehen haben - aber niemand findet ihn.
Die Angst vor Terror nimmt auch bei uns stark zu, schreibt Het Laatste Nieuws. Das Freundschaftsspiel der Roten Teufel gegen Spanien war bereits im Vorfeld abgesagt worden, Schulen streichen ihre Klassenfahrten nach Brüssel, Gewerkschaften sagen Demonstrationen ab und in den Großstädten des Landes sind überall Soldaten im Einsatz.
Zur neuen Bedrohungslage meint Het Nieuwsblad: Natürlich geht die Welt nicht davon unter, dass die Roten Teufel gestern nicht gegen die spanische Nationalelf gespielt haben, dennoch müssen solche Absagen die Ausnahme bleiben. Klar: Die Sicherheit geht vor. Aber wir dürfen das Spiel der Terroristen nicht mitspielen. Auch De Standaard rät, so schnell wie möglich zur Normalität zurückzukehren. Die Regierung sollte jetzt einen kühlen Kopf bewahren.
Belgien - ein kleines Land mit einem großen Problem
"Immer wieder Molenbeek", schreibt L'Avenir. Gestern Abend haben in dem Brüsseler Problemviertel erneut Hausdurchsuchungen stattgefunden. Diesmal wurde ein mutmaßlicher Waffenhändler festgenommen. Molenbeek wird seit Tagen auf dem Altar der Schuldzuweisungen von Medien und Politikern verbrannt. Das ist nachvollziehbar, aber auch ein bisschen zu einfach, findet die Zeitung.
Den Franzosen kommt es, um von den eigenen Problemen mit Dschihadisten abzulenken, vielleicht sogar gelegen, dass sie mit dem Finger auf uns zeigen und Belgien als "gescheiterten Staat" darstellen können, fügt De Standaard hinzu. De Morgen dagegen mahnt: Herausreden können wir uns trotzdem nicht. Dass unsere Geheimdienste versagt haben, ist inzwischen offensichtlich. Wir sind ein kleines Land mit einem großen Problem. Und wir sind zu klein, um dieses große Problem alleine zu lösen.
Das Blatt sieht nur einen Ausweg: mehr europäische Zusammenarbeit. Selbst konservative Nationalisten, die der Europäischen Union skeptisch gegenüberstehen, müssen zugeben, dass nur "mehr Europa" uns auch mehr Schutz geben kann.
La Dernière Heure kommt auf einen polemischen Auftritt des französischen Journalisten und Skandalautors Eric Zemmour zurück. Der hatte gestern gefordert, die französische Luftwaffe solle ihre Bomben nicht über Syrien, sondern über Molenbeek abwerfen.
Wer zieht mit Frankreich in den Krieg?
Le Soir befasst sich mit dem französischen Hilfegesuch. Beim EU-Verteidigungsministerrat in Brüssel hatte Frankreich die anderen Mitgliedsstaaten gestern um militärischen Beistand gebeten. "Wer zieht mit Frankreich in den Krieg?" fragt die Zeitung auf ihrer Titelseite. Auch wenn wir nicht weiter in diesen Konflikt hineingezogen werden wollen, Belgien hat wegen der "Molenbeek-Connection" keine andere Wahl, als den Franzosen zur Seite zu stehen.
Die Reaktion von François Hollande, den IS in Syrien jetzt massiv zu bombardieren, ist nachvollziehbar, aber ist dieses Vorgehen auch sinnvoll? Leider fehlt es dem Westen derzeit an einer Langzeitstrategie, bedauert Le Soir. Het Belang van Limburg meint: Angesichts der internationalen Lage werden wir unsere Geheimdienste und unsere Armee besser ausrüsten müssen. Gerne würden wir das Geld für andere Zwecke verwenden, aber wir haben jetzt keine andere Wahl.
Laufzeitverlängerung für Altmeiler wieder umstritten
Unter anderem La Libre Belgique berichtet über die Entscheidung der Atomaufsicht FANK, die Wiederinbetriebnahme der Problem-Reaktoren Doel 3 und Tihange 2 zu erlauben. Der Abschlussbericht von Atomexperten aus aller Welt hätte gezeigt, dass durch die Materialfehler im Stahlkessel der Meiler keine Gefahr ausgehe.
Die Zeitung hält das trotzdem für ein Spiel mit dem Feuer. Sollte es in Doel oder in Tihange jemals zu einem Zwischenfall kommen, wird die Verantwortung der Behörde erdrückend sein. So lange auch nur der geringste Zweifel an der Sicherheit der Reaktoren besteht, ist die Entscheidung der FANK unverantwortlich.
Innerhalb der Föderalregierung wird die bereits beschlossene Laufzeitverlängerung der Meiler Doel 1 und 2 mittlerweile in Frage gestellt. Die flämischen Christdemokraten von der CD&V fragen sich, ob die alten Reaktoren überhaupt noch notwendig sind - jetzt, wo Doel 3 und Tihange 2 wieder ans Netz dürfen. Auch die liberale OpenVLD fordert eine erneute Überprüfung der Laufzeitverlängerungen.
akn - Bild: Kenzo Tribouillard (afp)