"Wie Jacqueline Galant ihren Kopf aus der Schlinge ziehen will", titelt La Libre Belgique. Die föderale Verkehrsministerin steht vor einer Schicksalswoche. Wegen der Anwaltskostenaffäre muss sie sich heute zunächst vor dem Vorstand ihrer eigenen Partei, der MR, verantworten. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird Galant auch ein zweites Mal ins Parlament vorgeladen werden. Weil das Kabinett der Ministerin ohne öffentliche Ausschreibung ein internationales Anwaltsbüro mit der Lösung des Brüsseler Flugroutenproblems beauftragt hatte, steht Galant seit Wochen unter Druck. Wie Le Soir berichtet, will die Verkehrsministerin ihren Fehler zugeben, plant zugleich aber einen Gegenangriff. Unter anderem gegen den Leiter ihres Ministeriums, der sie zuvor schwer belastet hatte, soll sie etwas in der Hand haben.
La Libre Belgique hat die Nase gestrichen voll von der Affäre Galant. Seit Wochen dreht sich alles nur noch um die erbärmlichen Eskapaden der MR- Politikerin. Die eigentliche Problematik, nämlich die Flugrouten für Brüssel und sein Umland, geraten darüber völlig in den Hintergrund. Deswegen appelliert die Zeitung an Premierminister Charles Michel: "Treffen Sie eine Entscheidung! Weisen Sie Ihre Verkehrsministerin in die Schranken oder schmeißen Sie sie raus." Es müsse endlich um Inhalte gehen.
Het Laatste Nieuws fordert ebenfalls Klarheit von Ministerin Galant. Mit ihren Sperenzien hat sie den Regierungschef schon jetzt in Teufels Küche gebracht. Eine Niete in seinem Kabinett kann sich Michel nicht leisten. Dann lieber kurz und schmerzlos, schreibt die Zeitung unverblümt.
De Wevers Brandbrief: sinnfrei, legitim oder heuchlerisch?
"Bart De Wevers Brief stößt in der belgischen Politik nicht auf Begeisterung", titelt Le Soir. Der N-VA-Chef hatte am Wochenende allen europäischen Parteivorsitzenden ein Schreiben zukommen lassen, in dem er drastische Maßnahmen fordert, um den Zustrom von Flüchtlingen einzudämmen. Die Zeitung hält den Brief für sinnfrei: Die EU braucht Partner, keine Heckenschützen.
Het Belang van Limburg hingegen hält De Wevers "Weckruf" für legitim. Um zu verhindern, dass Hass und Fremdenfeindlichkeit zunehmen, muss die Frage erlaubt sein, wie vielen Menschen wir Schutz bieten müssen und wie viele Flüchtlinge wir tatsächlich aufnehmen können. Um diese Fragen zu beantworten, darf man weder blinden Optimismus noch fremdenfeindliche Stammtischparolen an den Tag legen.
De Morgen hält De Wevers Vorstoß dagegen für heuchlerisch. Genau wie in vielen anderen EU-Ländern wälzt der N-VA-Chef die Verantwortung auf die Anrainerstaaten der Konfliktherde, wie die Türkei, Jordanien und den Libanon, ab.
Europa braucht mutige und aktive Politiker
Gazet van Antwerpen wünscht sich mehr Initiative von Europas Staatenlenkern. Wann setzen sie sich endlich mit Wladimir Putin und den anderen Verantwortlichen an einen Tisch, um die Kriege in Syrien und dem Irak zu beenden? Nach Ansicht der Zeitung sehen sich die EU- Staats- und Regierungschefs zu sehr in der Opferrolle statt das Heft selbst in die Hand zu nehmen.
Wie De Standaard berichtet, fordert EU- Ratspräsident Tusk mehr Engagement von Deutschland, um die europäischen Außengrenzen zu schützen. Berlin müsse mehr tun, um die Lage in den Griff zu kriegen. Das kann aber nur ein Teil der Lösung sein, meint die Zeitung. Von der lokalen Ebene bis nach ganz oben braucht es jetzt mutige Politiker in Europa, die Flüchtlingen den nötigen Schutz bieten, gleichzeitig aber teure und bindende Abkommen mit Transitländern wie der Türkei schließen.
In Le Soir fordert der wallonische FGTB-Chef Thierry Bodson die Abschaffung der Französischen Gemeinschaft. Er sei ein pragmatischer Regionalist und wünsche sich effizientere Institutionen. Damit stößt Bodson in das gleiche Horn wie schon zuvor einige PS- und MR- Abgeordnete.
Klimawandel bedroht auch Belgien
L'Avenir befasst sich mit der derzeitigen Wetterlage: Knapp 20 Grad am Tag und milde Nächte - und das im November. Als endgültiger Beweis für die Erderwärmung reicht das zwar nicht aus, die Anzeichen häufen sich aber. Das Blatt hofft, dass die Staaten beim Weltklimagipfel in drei Wochen in Paris Mut und Weitsicht an den Tag legen werden, insbesondere die größten Schadstoffproduzenten China und USA.
De Standaard erinnert daran, dass der Klimawandel auch uns in Belgien betrifft: Steigt die Durchschnittstemperatur um nur zwei Grad, steigt der Meeresspiegel schon so stark an, dass eine Million Belgier evakuiert werden müssen. Große Teile West- und Ostflanderns drohen unterzugehen.
Belgier sollen mehr Lotto spielen - für den Staatshaushalt
"Die Belgier sollen mehr Lotto spielen, um die Staatskasse zu füllen", titelt Het Nieuwsblad. Die ungewöhnliche Aufforderung kommt von der neuen Haushaltsministerin Sophie Wilmès. Nach ihren Vorstellungen sollte die Nationallotterie im kommenden Jahr 20 Millionen Euro mehr einnehmen. Das mag für die Öffentlichen Finanzen zwar ein Gewinnlos sein, findet die Zeitung. Ethisch und moralisch ist der Plan von Wilmès - angesichts der mindestens 50.000 Spielsüchtigen hierzulande - aber eine Niete.
Alain Kniebs - Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)