"Zum ersten Mal wird ein Fall von Sterbehilfe von der Justiz untersucht", titelt Le Soir. "Ein Gericht prüft einen umstrittenen Euthanasiefall", so auch die Schlagzeile von De Standaard. Het Nieuwsblad spricht sogar von einem "ungerechtfertigten" Fall von aktiver Sterbehilfe.
Im Mittelpunkt steht hier die 85-jährige Simona De Moor aus Antwerpen. Nach dem Tod ihrer Tochter drei Monate zuvor wollte die Frau nicht mehr weiterleben. Bei ihrem langjährigen Hausarzt beantragte sie Euthanasie, und der Mediziner ging darauf ein. Der ganze Fall wurde im Übrigen dokumentiert, und zwar in einer Reportage, die vor einigen Wochen im australischen Fernsehen ausgestrahlt wurde.
Kernfrage ist hier also, ob man den Schmerz über den Verlust eines Familienmitglieds als "unerträgliches psychisches Leiden" betrachten kann - das würde nach der geltenden Rechtspraxis Euthanasie rechtfertigen. Im vorliegenden Fall sind Experten aber der Ansicht, dass das Kriterium nicht erfüllt war. Die zuständige Prüfungskommission hat den Fall also an die Justiz weitergereicht. Und das ist eine Premiere.
"Die Ministerin hat gelogen und lügt nach wie vor"
"Jacqueline Galant steht wegen Anwaltskosten unter Druck", schreibt derweil L'Echo auf Seite eins. Für La Dernière Heure ist Galant "in der Bredouille". La Libre Belgique sieht die Föderalministerin auf Seite eins "in Gefahr". Hintergrund: Die Mobilitätsministerin hat im Zusammenhang mit den Flugrouten über Brüssel ein Anwaltsbüro mit der Prüfung der Rechtslage betraut. Allerdings wurde dieser Auftrag nicht ausgeschrieben. Das ist offensichtlich inzwischen erwiesen, nur macht Jacqueline Galant dafür ihre Verwaltung verantwortlich.
De Standaard spricht denn auch von einem "offenen Krieg" zwischen Jacqueline Galant und ihrer Administration. La Libre Belgique glaubt der Ministerin aber nicht. Ungewöhnlich deutlich schreibt das Blatt: "Die Ministerin hat gelogen und lügt nach wie vor." La Dernière Heure ist auf Seite eins plastischer: Das Blatt hat der MR-Politikerin per Photoshop eine Pinocchio-Nase verpasst.
Einige Leitartikler gehen mit der Föderalministerin hart ins Gericht. Jacqueline Galants Verteidigungsstrategie kann man im Grunde nur noch als bösartig und unaufrichtig bezeichnen, meint etwa L'Echo. Es ist erwiesen, dass die Verwaltung der Ministerin ausdrücklich eine Ausschreibung empfohlen hat. Hinzu kommt der peinliche Umstand, dass das engagierte Anwaltsbüro überhaupt nicht auf die Flugroutenproblematik spezialisiert ist. Bei genauem Hinschauen ist für jeden ersichtlich, dass die Ministerin eine Reihe von Fehlern gemacht hat. Es wäre nicht nur klug, sondern auch ein Zeichen von Größe, wenn sie ihre Verantwortung eingestehen würde.
Es reicht nicht, populär zu sein, meint dazu auch La Libre Belgique. Jacqueline Galant ist in ihrem Wahlkreis sehr beliebt. Das macht aus ihr aber noch längst keine gute Ministerin. Ihre bisherige Bilanz ist, gelinde gesagt, nicht positiv. Ganz im Gegensatz etwa zu einer Maggie De Block, die eben nicht nur populär, sondern erwiesenermaßen auch kompetent ist. Die MR wird sich beizeiten wohl die richtigen Fragen stellen müssen...
Finanzminister pfeift Haushaltsministerin zurück
Im Augenblick steht aber auch noch eine andere MR-Ministerin im Fokus. Die neue Haushaltsministerin Sophie Wilmès wurde von Finanzminister Johan Van Overtveldt "zurückgepfiffen", notiert Het Laatste Nieuws. Wilmès hatte zuvor freimütig erklärt, dass mindestens eine Milliarde Euro gefunden werden müsse, um den Tax-Shift im Jahr 2018 zu finanzieren. Das stand in schrillem Kontrast zu den bisherigen Versprechungen der Föderalregierung, die immer wieder betont hat, dass der Tax-Shift in seiner Gesamtheit gegenfinanziert ist, wie auch De Morgen notiert. Der N-VA-Finanzminister Van Overtveldt korrigierte später die Angaben seiner jungen Kollegin.
Da kann man nur noch den Kopf schütteln, meint Het Laatste Nieuws dazu in seinem Leitartikel. Es ist ebenso erschreckend wie unbegreiflich, wie leichtfertig und schluderig diese Regierung mit ihren Zahlen umgeht. Besonders befremdlich ist die Personalpolitik beim Posten des Haushaltsministers: Sophie Wilmès kann offensichtlich keinen Haushalt lesen, auch ihr Vorgänger Hervé Jamar hatte sich damit schon schwergetan. Das schafft alles, nur kein Vertrauen. Wenn diese Regierung weiter derartig mit Zahlen jongliert, dann stellt sich bald die Frage: Wer glaubt diesen Menschen eigentlich noch?
In Le Soir und De Standaard präsentiert derweil der Groen-Abgeordnete Kristof Calvo sein Rezept, um den Vormarsch der N-VA zu stoppen. "Lasst uns ein Referendum über die Zukunft Belgiens organisieren", wünscht sich der grüne Kammerabgeordnete. Damit würde man der N-VA die Maske herunterreißen, glaubt Calvo. Er plädiert unter anderem auch dafür, dass die Fernsehanstalten systematisch Untertitel in der jeweils anderen Landessprache setzen.
Österreichs Zaun, der nicht 'Zaun' heißen darf
Einige Zeitungen sehen derweil einen Kerngedanken der Europäischen Union bedroht: "Österreich bekommt seine Schutzmauer gegen Flüchtlinge", notiert Le Soir. "Österreich baut einen Zaun, der nicht 'Zaun' heißen darf", so formuliert es De Standaard. In der Tat hat Wien Maßnahmen angekündigt, um den Zustrom von Flüchtlingen aus Slowenien einzudämmen. Der EU-Kommissionsvorsitzende Juncker hat Österreich aber in diesem Zusammenhang schon an das Schengener Abkommen erinnert, das ja den freien Personenverkehr garantiert.
Eben dieser freie Personenverkehr ist nicht verhandelbar, meint Le Soir in seinem Leitartikel. Sollte Österreich wirklich etwas errichten, das einem Zaun gleichkommt, dann würde damit ganz Europa um Jahre zurückgeworfen. Dann stellt sich wirklich die Frage nach den gemeinsamen Grundwerten.
Auch De Standaard sieht den europäischen Grundgedanken bedroht. Weil die Mitgliedsstaaten hier in erster Linie ihre eigenen Interessen vor Augen haben, haben wir inzwischen eine Situation, die man nur noch als das nackte Chaos bezeichnen kann. Und spätestens seit dem Eingreifen Russlands ist die Situation in Syrien noch komplexer geworden. Es kann also nur noch schlimmer kommen.
Roger Pint - Archivbild: Nicolas Maeterlinck/BELGA