"N- VA erklärt Gewerkschaften den Krieg", titelt heute La Libre Belgique. Die N- VA-Abgeordnete Zuhal Demir will einen Gesetzesvorschlag in die Kammer einbringen. Gewerkschaften sollen das Statut einer juristischen Person erhalten. Damit wäre es möglich, Gewerkschaften auch als Organisation juristisch zu belangen. Bislang ist das nur gegenüber Einzelpersonen möglich.
Dazu meint La Libre Belgique: Belgien ist nicht das einzige Land, in dem die Gewerkschaften nicht über eine juristische Persönlichkeit verfügen. Auch in Italien, Großbritannien und Deutschland sind die Gewerkschaften nicht-rechtsfähige Vereinigungen. Was Belgien jedoch unterscheidet, ist die zivilrechtliche Haftung. Bei unseren deutschen, italienischen und britischen Nachbarn können die Gewerkschaften für Ausschreitungen ihrer Mitglieder zur Verantwortung gezogen werden.
Die Zeitung fragt, warum das nicht auch bei uns möglich ist. Eine zivilrechtliche Verantwortung bedeutet nämlich nicht, wie einige befürchten, einen Schritt in Richtung Gewerkschaftsverbot. Es ist viel mehr ein Weg, die wilden und unverantwortlichen Aktionen einzuschränken. Und das ist möglicherweise auch ein Weg, die verlorene Glaubwürdigkeit der Gewerkschaften wiederherzustellen, meint La Libre Belgique.
"Gleich das ganze Streikrecht in Frage zu stellen ist unangebracht"
Für De Morgen ist es nach dem Tod zweier Menschen in Folge der Straßenblockaden in Lüttich logisch und wünschenswert, dass die Gewerkschaften über die Art und Weise ihrer Aktionen nachdenken. Dass sie aber für manche der Anlass sind, das ganze Streikrecht in Frage zu stellen, ist unangebracht und unnötig. Gewerkschaften in eine Rechtspersönlichkeit zu zwingen, öffnet auch eine ganze andere Agenda. Für Zuhal Demir, leidenschaftliche Anti-Gewerkschaftlerin, sind sie eine "uniformierte Privatmiliz mit der Lizenz zum Töten". Der Toten gedenkt man aber nicht mit Schaum vor dem Mund. Damit missbraucht man ein menschliches Drama für den eigenen politischen Vorteil, kritisiert De Morgen.
Eine Sache ist sicher, schreibt L'Avenir in ihrem Leitartikel zum selben Thema: Die FGTB kann sich der Kritik nicht verschließen. Die sozialistische Gewerkschaft muss ihre Strategie ändern. Die Bürger haben immer weniger Verständnis für die Ausschreitungen, die unkoordinierten Aktionen, die fehlende Verantwortung und die ständigen Arbeitsniederlegungen. Falls die FGTB das nicht berücksichtigt, sind die gesamte Gewerkschaftsbewegung und das Recht auf Streik in Gefahr, so L'Avenir.
Auch die Wirtschaftszeitung L'Echo relativiert die Kritik an den Gewerkschaften. Sie sind Teil eines politischen Spiels. Für die Regierungsparteien sind die Ausschreitungen ein unerwartetes Geschenk, um die Kritiker ihrer Politik unglaubwürdig zu machen. Doch der Ausdruck dieses Protests bleibt, ob man ihn teilen mag oder nicht, absolut legitim.
Het Belang van Limburg mahnt zur Vorsicht bei Änderungen des Streikrechts. Das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist auch ein Machtverhältnis. Wenn ein Arbeitnehmer nicht das tut, was man vom ihm erwartet, dann kann er entlassen werden. Hält sich der Arbeitgeber nicht an das Abgesprochene, dann ist der Arbeitnehmer machtlos. Alleine deshalb muss man sehr vorsichtig sein, wenn man das Streikrecht reglementieren will. Um Straßenblockaden zu verhindern, ist übrigens kein Streikrecht nötig. Die sind jetzt schon verboten. Die Polizei müsste nur eingreifen, so Het Belang van Limburg.
"Gesetze sind wie Würste..."
Zahlreiche Zeitungen beschäftigen sich mit dem neuesten Bericht der Weltgesundheitsorganisation WHO. Verarbeitete Fleischprodukte wie Wurst oder Schinken sollen krebserregend sein. Wer mehr als 50 Gramm pro Tag davon isst, erhöht sein Darmkrebsrisiko um 18 Prozent. Die Schwarze Liste der Lebensmittel scheint immer länger zu werden, kommentiert Het Nieuwsblad. Erfrischungsgetränke und Süßigkeiten, fettige Butter und Fritten, Brot und Pasta. Gemüse ist gerade noch in Ordnung, aber nur saisongebunden und nicht aus dem Gemüsegarten.
Die Botschaft der WHO soll uns vor allem eins lehren: kritischer zu sein gegenüber der Lebensmittelindustrie. Es sind die Konsumenten, die die Macht haben, die Slogans der Industrie zu durchschauen. Ein gesünderes Nahrungsangebot kommt nur dann, wenn wir eher der WHO zuhören als dem leeren Gerede auf den Verpackungen der Lebensmittelindustrie, rät Het Nieuwsblad.
Het Laatste Nieuws zitiert in diesem Zusammenhang Reichskanzler Otto von Bismarck: "Gesetze sind wie Würste, man sollte besser nicht wissen, wie sie gemacht werden." Seit gestern stehen die Würste auf dem Index. Wer zu viel davon isst, stirbt, so die Botschaft der WHO. Was die WHO aber nicht sagt, ist, dass, wer nicht zu viel Wurst isst, auch stirbt. Wahrscheinlich nicht an Darmkrebs, aber auch nicht unbedingt später. Ungesünder als alle Würste und Fleischwaren sind die panikartigen Empfehlungen, die vom Konsum abraten und erst recht ein Gesetz, das den Verzehr von rotem Fleisch aus moralischen und gesundheitlichen Gründen verbieten soll.
Der Tonfall in Polen wird sich ändern
Le Soir kommt auf die Wahlen in Polen zurück. In den acht Jahren der Regierung Donald Tusk hat das Land seinen Platz in Europa gefunden - mit Entschlossenheit, Gewandtheit und ohne Prahlerei. Mit Wahlsieger Jaroslaw Kaczynski und seiner nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit wird sich der Tonfall ändern. Hatte die scheidende Regierung die EU verinnerlicht, so kommt die neue mit ihrer Vision eines "Ihr" und "Wir". Das ist weder gut für Polen, noch für die EU. Während sie im Westen mit Großbritannien über dessen Verbleib in der Union verhandeln muss, gibt es auch im Osten entsprechende Tendenzen. Zum wiederholten Mal stehen sich offene, optimistische und düstere, misstrauische Visionen gegenüber.