"Die Festung Europa mauert sich weiter ein", titelt De Morgen. "Die Staatschefs streiten, während die Flüchtlingskrise weiter eskaliert", notiert De Standaard.
Auf der sogenannten Balkanroute herrscht weiterhin das nackte Chaos. Auch griechische Inseln wie Lesbos werden weiter von Flüchtlingen förmlich überrannt. Vor diesem Hintergrund fand gestern in Brüssel ein Sondergipfel statt.
Dabei haben die Staats- und Regierungschefs einiger mittel- und osteuropäischer EU-Staaten zusammen mit ihren Kollegen aus verschiedenen Balkanländern über Mittel und Wege beraten, der Flüchtlingsströme Herr zu werden. Dabei wurde unter anderem beschlossen, zusätzliche Polizisten zum Schutz der EU- Außengrenzen abzustellen. Im Blickpunkt stand vor allem eine düstere Aussage des slowenischen Ministerpräsidenten Miro Cerar. Der warnte sinngemäß davor, dass die EU an der Flüchtlingskrise zerbrechen könnte.
L'Avenir kann diese alarmistische Aussage nachvollziehen. Die EU ist mehr denn je erschreckend ohnmächtig. Grund ist die innere Zerstrittenheit: Statt zusammenzurücken haben viele EU- Staaten ausschließlich die eigenen Interessen vor Augen. Und jeder beäugt den jeweils anderen nach dem Motto: Wenn du die Grenze schließt, dann mache ich das auch. Die Situation wird mit jedem Tag komplexer und explosiver; und zugleich steht der Winter vor der Tür.
Angst vor Terror gegen Flüchtlinge
"Terroralarm in Flüchtlingsheimen", so derweil die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. Der Anti-Terrorstab OCAM hat die Terrorwarnstufe für Asylzentren von 1 auf 2 erhöht. Grund sind nicht etwa die Menschen, die in den Heimen wohnen, sondern die, die damit ein Problem haben könnten. Angesichts der zunehmenden Gewalt gegen Flüchtlingsheime in einigen Nachbarstaaten müsse man wachsamer sein, hieß es.
Ruf nach "Modernisierung" des Streikrechts
Einige Zeitungen beschäftigen sich nach wie vor mit den Spätfolgen der Gewerkschaftsproteste vom vergangenen Montag. "Das Streikrecht muss modernisiert werden", titelt Le Soir. Hier handelt es sich um ein Zitat des CD&V-Vizepremiers und Arbeitsministers Kris Peeters. Seiner Ansicht nach müssen die Gewerkschaften sich also auf die neuen Zeiten einstellen. "Was in den 1980er und 1990er Jahren noch ging, das wird heutzutage nicht mehr so leicht akzeptiert", sagt Peeters. Allerdings will der CD&V-Politiker den Gewerkschaften offensichtlich kein Gesetz aufs Auge drücken. "Liebe Gewerkschaften, modernisiert euer Streikrecht bitte selber", wird Peeters auf Seite eins von De Standaard zitiert.
Damit distanziert sich die CD&V zumindest teilweise von der Haltung ihrer Koalitionspartner. "Die MR will das Recht zu arbeiten in Beton gießen", schreibt etwa La Libre Belgique auf Seite eins. Demnach wollen die frankophonen Liberalen einen Gesetzesvorschlag einreichen, der es der Justiz erlauben soll, effizienter gegen Straßenblockaden vorzugehen. "Das Streikrecht beinhaltet nicht, dass man andere von der Arbeit abhalten darf", sagt der MR-Fraktionschef Denis Ducarme in der Zeitung. Und auch die OpenVLD und die N- VA wollen das "Recht zu arbeiten" per Gesetz festschreiben lassen.
Freiwillige Selbstkontrolle oder doch ein Gesetz?, so lautet also die Frage. De Standaard glaubt seinerseits, dass sich die Gewerkschaften wohl besser zwingen lassen sollten. In letzter Zeit hat sich immer wieder gezeigt, dass die Gewerkschaftsbosse von ihrer Basis rechts überholt werden. Insofern könnte eine freiwillige Selbstverpflichtung, künftig von Straßenblockaden abzusehen, ins Leere laufen. Strategisch geschickter wäre es, wenn man das Ganze in einem Gesetz verankert: Das Streikrecht würde zementiert, zugleich aber auch die Grenzen des Erlaubten festgelegt. So sind die Gewerkschaften nicht mehr den Hitzköpfen in ihren eigenen Reihen ausgeliefert. Das bedeutet aber zugleich, dass einige Regierungsparteien ihren Groll gegen die Gewerkschaften beiseite lassen müssen. In der Mitte liegt die Wahrheit.
Innerbelgisches Klimaschutzabkommen - nach sechs Jahren!
Diverse Blätter heben hervor, dass es innerbelgisch endlich ein Klimaschutzabkommen gibt. Sechs Jahre lang haben der Föderalstaat und die Regionen über die Klimaschutzziele verhandelt, die man im Namen Belgiens vertreten will; dies mit Blick auf die UN-Klimakonferenz in Paris, die am 30. November beginnen wird.
Jahrelang hat man über die innerbelgische Lastenverteilung gestritten, bis es am frühen Sonntagmorgen eine Einigung gab. "Zum Glück!", sagt der renommierte belgische Klimaforscher Jean-Pascal van Ypersele in Het Belang van Limburg. Ein Scheitern wäre ein gewaltiger Imageschaden gewesen.
Le Soir sieht das in seinem Leitartikel genauso. Je zerstrittener man innerbelgisch ist, desto unglaubwürdiger ist das Land auf der internationalen Bühne. Den Umkehrschluss müssen alle Beteiligten vor Augen haben: Wenn Belgien weniger Einfluss auf internationale Entscheidungen hat, dann gilt das umso mehr für seine Bestandteile. Resultat ist, dass man uns am Ende die Verpflichtungen aufbrummen wird.
Das innerbelgische Gefeilsche um CO2-Normen war fast schon ein Armutszeugnis meint sinngemäß auch Het Belang van Limburg. Hier zeigt sich, dass man in diesem Land immer noch nichts begriffen hat: Man glaubt immer noch, dass Wirtschaftswachstum und Klimaschutz einander ausschließen. Das Gegenteil ist richtig. Am Beispiel Deutschland zeigt sich etwa, dass Sonnen- und Windenergie Hunderttausende neue Arbeitsplätze schaffen können.
Scientology in Brüssel vor Gericht
Viele Zeitungen schließlich blicken schon auf den "Prozess des Jahres", wie er zuweilen genannt wird. Ab heute muss sich die Scientology-Kirche vor dem Brüsseler Strafgericht verantworten. Die Kernfrage fasst De Morgen wie folgt zusammen: "Sind Tom Cruise und Co. eine Gangsterbande?"