"Das Flüchtlingsstatut wird zeitlich begrenzt", titelt Le Soir. "Jeder muss Flüchtlinge aufnehmen", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad.
Die Föderalregierung hat gestern eine Reihe von Neuerungen in Bezug auf die Flüchtlingspolitik vorgestellt. Demnach soll Flüchtlingen zunächst generell nur eine befristete Aufenthaltsgenehmigung von fünf Jahren erteilt werden. "Sollten sich während dieser Zeit die Verhältnisse im Heimatland des Asylbewerbers grundlegend verbessern, dann kann über eine Rückführung nachgedacht werden", sagt Asylstaatssekretär Theo Francken in Le Soir. Der N-VA-Politiker will außerdem eine Verpflichtungserklärung für Neuankömmlinge einführen. Die Zuwanderer müssen sich demnach zu den europäischen Werten bekennen. Dazu zählen zum Beispiel die Gleichheit von Mann und Frau oder die Trennung von Kirche und Staat.
Strengere Regeln für Asylbewerber auch Signal nach innen
Die Regierung hat hier im Grunde zwei Adressaten im Visier, bemerkt dazu Het Laatste Nieuws. Auf der einen Seite soll die Verschärfung des Asylrechts dafür sorgen, dass Belgien weniger attraktiv wird, insbesondere in den Augen von Menschenschmugglern. Doch richtet sich die Botschaft auch nach innen, genauer gesagt an die Angstbürger. Denen will die Regierung offensichtlich beweisen, dass in Belgien eben nicht Tür und Tor offen stehen.
Het Nieuwsblad sieht das ähnlich: Theo Francken will augenscheinlich ein Signal insbesondere an die Flamen schicken. Jedenfalls an all diejenigen, die unsere Kultur durch den Ansturm von Flüchtlingen bedroht sehen. Die Regierung will ganz offensichtlich den Eindruck vermeiden, dass sie das Problem zu lax angeht. Deswegen eben unter anderem auch die Verpflichtungserklärung. Hier allerdings sollten wir uns auch an die eigene Nase fassen. Je nachdrücklicher wir von Flüchtlingen ein Bekenntnis zu Grundwerten verlangen, desto mehr sind wir dazu verpflichtet, diese auch vorzuleben.
Problematisch bleibt aber die Verteilung der Asylbewerber innerhalb des Landes. "Wir brauchen dringend einen verbindlichen Verteilerschlüssel", fordern etwa die Antwerpener Stadtbehörden auf Seite eins von Gazet van Antwerpen. Wohl auch deswegen erneuert Asylstaatssekretär Francken in Het Nieuwsblad seinen Appell: Jede Gemeinde sollte Flüchtlinge aufnehmen. Und er will da offensichtlich zu Zuckerbrot und Peitsche greifen: Kommunen, die freiwillig Auffangplätze schaffen, bekämen demnach in dem Moment, wo es einen verbindlichen Verteilerschlüssel geben wird, eine Vorzugsbehandlung.
Premierminister Michel überrascht sich selbst
Einige Zeitungen können dabei nur feststellen, wie schnell und unproblematisch all diese Neuerungen über die Bühne gegangen sind. "Es geht also doch!", lobt etwa De Standaard in seinem Leitartikel. Bislang wurde die Regierung doch wegen ihrer ewigen Streitereien gerne das "Kabbel-Kabinett" genannt. Und jetzt wird sozusagen "mal eben en passant" eine Reihe von nicht unwesentlichen Entscheidungen in der Asylpolitik getroffen. Anscheinend beginnt die "Methode Michel" zu funktionieren. Der frankophone Premier schafft es offensichtlich inzwischen mit Erfolg, die drei flämischen Koalitionspartner auf eine Linie zu bringen.
Und sogar Charles Michel ist verblüfft ob der eigenen Fähigkeiten. "Ich wusste ja schon, dass ich cool war; aber so cool?", sagt der MR-Politiker in Het Laatste Nieuws. Deswegen auch das Fazit der Zeitung: Der Premier überrascht jeden, sogar sich selbst.
FGTB zieht Konsequenzen aus Straßenblockaden-Fiasko
"Die FGTB schwört Straßenblockaden ab", notiert derweil De Standaard. Nach dem Imageschaden, der durch die Protestaktionen vom Montag entstanden ist, zieht die sozialistische Gewerkschaft offensichtlich ihre Konsequenzen. Einige führende Gewerkschafter erklärten gestern, dass die FGTB ab sofort Straßenblockaden nicht mehr decken werde.
Die mediale Entrüstung angesichts der Aktion vom Montag dauert indes an. "Die Polizei kennt die Namen der Gewerkschafter, die die E40- Autobahn blockiert und beschädigt haben", meldet etwa Het Laatste Nieuws. Und das Blatt wedelt dabei auch schon mit dem möglichen Strafmaß: "Den Verantwortlichen für die Straßenblockade drohen zehn Jahre Gefängnis und 6.000 Euro Geldstrafe".
Und auch innerhalb der politischen Klasse wird der Ruf nach Konsequenzen lauter: "Die Gewerkschaft dürfen nicht ungestraft davonkommen", fordert eine N- VA-Kammerabgeordnete in Het Laatste Nieuws. Ähnlich äußert sich der Präsident der wallonischen Mittelstandsvereinigung UCM, Philippe Godfroid, in Le Soir. Der plädiert insbesondere dafür, dass die Gewerkschaften eine Rechtspersönlichkeit bekommen. Das würde also gerichtliche Schritte gegen die Arbeitnehmerorganisationen ermöglichen.
Das Ganze erinnert langsam aber sicher an Mobbing, findet L'Avenir in seinem Leitartikel. Natürlich will niemand die Aktionen vom Montag mit ihren zum Teil dramatischen Folgen schönreden. Im Augenblick kann man aber nur feststellen, dass viele das zum Anlass nehmen, um aus allen Rohren auf die Gewerkschaften zu feuern. Die Beweggründe sind da oft rein politischer Natur. Die Mitte-Rechts-Koalition etwa will sich offensichtlich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, die Arbeitnehmerorganisationen mit Blick auf die noch anstehenden Reformen niederzumachen. Allerdings muss man zugeben, dass insbesondere die FGTB mit ihrer zum Teil unglücklichen Rhetorik ihren Gegnern fast schon den Roten Teppich ausgerollt hat.
"Die Spekulationssteuer kann womöglich umschifft werden", so die Aufmachergeschichte von L'Echo. Die Regierung hat ja gerade erst diese Steuer beschlossen; hier ging es auch darum, zu beweisen, dass man eben auch dafür sorgen will, dass die Reichen etwas zur Haushaltssanierung beisteuern. Wie die Zeitung berichtet, suchen Investoren aber schon eifrig nach Mitteln und Wegen, um der Steuer zu entgehen: Drei von zehn wollen etwa ein Konto im Ausland eröffnen; für Börsenmehrwerte, die im Ausland erzielt werden, gilt die Steuer nämlich nicht...
Flammentragödie nach Zusammenstoß von Bus und LKW
"Tödliche Tragödie in der Gironde", titelt L'Avenir. "43 Tote, nachdem ein Bus mit Rentnern ausgebrannt ist", schreibt La Dernière Heure auf Seite eins. Viele Zeitungen berichten heute natürlich auch über das schreckliche Busunglück im Südwesten Frankreichs. Ein Bus war gestern auf einer kurvigen Landstraße mit einem LKW kollidiert; beide Fahrzeuge gingen quasi sofort in Flammen auf. "Der Busfahrer konnte noch eine Handvoll Fahrgäste retten", schreibt Het Laatste Nieuws. Seinen eigenen Sohn hat er aber bei dem Unglück verloren; der Dreijährige starb in den Flammen.
"Supersturm trifft Mexiko", titelt schließlich De Morgen. Der schwere Hurrikan "Patricia" ist im mexikanischen Bundesstaat Jalisco auf Land getroffen. Es ist der stärkste tropische Wirbelsturm seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. De Morgen bemüht da ein drastisches Bild: Ein solcher Hurrikan hat die Kraft einer Atombombe.
Roger Pint - Bild: Thierry Roge (belga)