"Tot wegen der Straßenblockaden der FGTB?", titelt Le Soir. "Die FGTB hat einen Mensch auf dem Gewissen!", schreibt La Dernière Heure auf Seite eins.
Hintergrund ist die Streikaktion der sozialistischen Gewerkschaft FGTB vom vergangenen Montag. Eine dänische Frau war mit inneren Blutungen in ein Krankenhaus im Lütticher Raum eingeliefert worden. Der Chirurg, der sie operieren sollte, blieb allerdings im Stau stecken. Grund waren die Straßensperren, die einige FGTB-Mitglieder auf der Autobahn E40 errichtet hatten. Die Frau starb in der Folge; das Krankenhaus erstattete daraufhin Anzeige gegen Unbekannt und zwar wegen fahrlässiger Tötung. "Diese Streikposten werden jetzt des Totschlags beschuldigt", schreibt denn auch Het Nieuwsblad und zeigt ein Foto der Gewerkschafter vor den brennenden Straßensperren.
Diese Tragödie sollte der FGTB zu denken geben, meint Le Soir in seinem Leitartikel. Die konkreten juristischen Folgen für die Gewerkschaft sind zwar mehr als offen; es steht aber ein desaströses Bild im Raum. Und das wiegt schwer. In jedem Fall wird man nicht umhin können, die Aktion vom vergangenen Montag kritisch zu hinterfragen. Und dabei wird man sich wohl auch neue Grenzen setzen müssen, die nicht überschritten werden dürfen.
FGTB unter Beschuss
Het Nieuwsblad sieht das ähnlich. Die FGTB wegen der toten Patientin zu verklagen, das ist zwar ein extremer Schritt. Es war allerdings auch eine extreme Aktion der Gewerkschaft. Tausende Autofahrer mit viel Feuer und roher Gewalt zum Stillstand zu zwingen, das ist nicht mehr zeitgemäß. Und das muss die FGTB einsehen. Man wird wohl nach neuen Mitteln und Wegen suchen müssen, um seine Botschaft an den Mann zu bringen.
Het Laatste Nieuws kann jedenfalls auf seiner Titelseite nur feststellen, dass die "Streikenden unter Beschuss" sind. Das Blatt bezieht sich nicht nur auf den tragischen Fall von Lüttich, sondern auch auf die Aussagen von Dienstag von Bahnchef Jo Cornu. Der SNCB-Geschäftsführer hatte die Kosten für die Streiks in seinem Unternehmen im vergangenen Jahr auf zehn Millionen Euro beziffert. Das entspreche dem Jahresgehalt von 160 Mitarbeitern.
Dr. Jean-Claude und Mr. Hyde
"Die EU erklärt Steuerdeals für illegal", schreibt derweil L'Echo auf Seite eins. Im Fadenkreuz sind hier die US-Caféhaus-Kette Starbucks und der italienische Autobauer Fiat. Beide Firmen hatten sich mit den niederländischen beziehungsweise luxemburgischen Steuerbehörden auf sogenannte "Rulings" verständigt. Das beinhaltet in der Praxis einen lukrativen Steuersatz. Für die EU-Kommission sind diese Vereinbarungen illegal; beide Firmen müssen entsprechend Millionensummen nachzahlen.
"Endlich!", meint dazu De Standaard in seinem Leitartikel. Endlich unternimmt die EU erste Schritte, um das Steuer-Shopping einzudämmen. Längst ist es doch so, dass sich die Staaten gegenseitig überbieten, um die Unternehmen mit einem möglichst vorteilhaften Steuersatz zu ködern. Entsprechend können Großkonzerne die Länder gegeneinander ausspielen, es ist letztlich ein "Rennen Richtung Null". Die Entscheidung der EU-Kommission ist also ein Schritt in die richtige Richtung. Und im Übrigen kann Europa gerade hier seinen Mehrwert beweisen.
Für L'Echo ist aber EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hier in einer unbequemen Lage. Seine Behörde erklärt einen Deal für illegal, der während seiner Amtszeit als luxemburgischer Premier abgeschlossen wurde. Es ist die Geschichte von - man könnte sagen - Dr. Jean-Claude und Mr. Juncker. Konkret: Man darf gespannt sein, wie ernst es die EU-Kommission mit ihrem Kampf gegen die Steuerschlupflöcher meint.
Annemie Turtelboom möchte nicht Namenspatin für Steuer sein
In Flandern sorgt eine neue Maßnahme der Regierung Bourgeois für Diskussionsstoff. Demnach wird eine pauschale Abgabe von 100 Euro pro Haushalt auf die jährliche Stromrechnung aufgeschlagen. Erklärtes Ziel ist es, die Haushaltslöcher zu stopfen, die durch das Photovoltaik-Desaster entstanden sind.
In der Presse ist in diesem Zusammenhang immer von der "Turteltaks" die Rede. Die OpenVLD wehrt sich aber dagegen, dass die umstrittene Steuer nach ihrer Ministerin benannt wird, genauer gesagt nach Annemie Turtelboom.
Für Het Belang van Limburg ist die Namensgebung ebenfalls ein bisschen ungerecht. Man vergisst, dass die Subventionierung von Sonnenpanelen und insbesondere die Grünen Zertifikate eine Idee des Sozialisten Steve Stevaert waren. Und es war die ebenfalls sozialistische Ministerin Freya Van den Bossche, die viel zu lange zögerte, bevor sie gegensteuerte. Man könnte die "Turtel-Steuer" also ebenso gut "Steve-Steuer" nennen. Das Ganze sollte uns einfach nur eine Lehre sein.
Für De Morgen ist es demgegenüber legitim, Annemie Turtelboom die zweifelhafte "Elternschaft" zuzuschreiben. Natürlich muss sie hier ein zum Teil sozialistisches Erbe verwalten. Die Frage ist aber, wie sie das tut. Man hätte etwa die Abgabe zeitlich strecken können. Außerdem kommt die Wirtschaftswelt dabei noch vergleichsweise gut weg. Das Ganze hätte schlicht und einfach fairer sein können.
"Einem von fünf Studenten droht die Depression", so schließlich die Aufmachergeschichte von De Standaard und Het Nieuwsblad. Nach einer Studie der Uni Löwen ist es so, dass einigen Studenten der Wechsel in eine neue Umgebung nicht gut bekommt. Und ein Fünftel der jungen Menschen wird dadurch depressiv.
Roger Pint - Archivbild: Nicolas Lambert (belga)