"Verkehrsexperten finden den Plan von Ministerin Galant lächerlich", titelt Het Nieuwsblad. De Morgen hingegen spricht von einer "großartigen Idee".
Um den Verkehr sicherer zu machen und die Anzahl von Toten auf Belgiens Straßen zu senken, hat Verkehrsministerin Jacqueline Galant die Bürger gestern in einem ungewöhnlichen offenen Brief um Mithilfe gebeten. Der Staat stoße an seine Grenzen. Eine strengere Verkehrspolitik allein würde nicht ausreichen, um die Opferbilanz zu verbessern. Derzeit sterben täglich zwei Menschen auf den Straßen des Landes.
Fachleute der Universitäten Gent und Hasselt werten Galants Vorstoß in Het Nieuwsblad als eine "Blamage". Der Ministerin fehle einfach der Mut, durchzugreifen. Laut den Experten braucht Belgien strengere Maßnahmen nach dem Vorbild Frankreichs. Innerhalb von zehn Jahren hat sich die Situation dort völlig verändert: Früher wurde man auf französischen Autobahnen ständig bedrängt und halsbrecherisch links und rechts von heruntergekommenen Peugeots überholt. Inzwischen kann man aber keine Hundert Meter mehr zurücklegen, ohne mindestens einen Blitzer zu sehen - und plötzlich benehmen sich alle auf dem Asphalt. Der Staat hat also durchaus eine Handhabe, wenn er denn möchte, so die Experten. Genauso sieht es Het Nieuwsblad: Frau Galant glaubt doch nicht im Ernst, dass irgendwo ein Bürger mit der bahnbrechenden Idee in Sachen Sicherheit im stillen Kämmerlein sitzt?
Het Laatste Nieuws ist ebenfalls kritisch und fordert mehr Polizeikontrollen. "In den letzten 15 Jahren habe ich 500.000 Kilometer in Belgien zurückgelegt", schreibt der Leitartikler, "musste aber nur ein einziges Mal ins Röhrchen pusten". Das ist lächerlich wenig. Die Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden, muss deutlich höher liegen.
De Morgen hingegen bewertet Galants Vorstoß ganz anders. Öffentlich zu erklären, dass sie in Sachen Verkehrstote mit ihrem Latein am Ende ist, macht sie zwar angreifbar, zeugt andererseits aber von großem politischem Mut. Die Bürger miteinzubeziehen ist nicht nur wünschenswert, sondern eine Notwendigkeit, wenn eine gesellschaftliche Akzeptanz strengerer Verkehrsregeln erreicht werden soll.
PS-Abgeordnete wollen Französische Gemeinschaft abschaffen
Nach zwei MR-Abgeordneten fordern jetzt auch drei wallonische PS- Parlamentarier die Abschaffung der Französischen Gemeinschaft. Christophe Collignon, Pierre-Yves Dermagne und Nicolas Martin erklären in La Libre Belgique, warum sie die sogenannte Föderation Wallonie-Brüssel für überflüssig halten. "Die Regionalisten schlagen schärfere Töne an", titelt die Zeitung. Ihr Argument: Brüssel und die Wallonie sehen sich ganz unterschiedlichen Problemen und Herausforderungen gegenüber - etwa im Bildungsbereich. Deshalb sollten die Regionen die Zuständigkeiten übernehmen. Außerdem würde die belgische Staatsstruktur im Süden des Landes dadurch vereinfacht. Für den Vorsitzenden der französischsprachigen Sozialisten, Elio Di Rupo, dürfte der regionalistische Vorstoß aus den eigenen Reihen eher ungelegen kommen. Bart De Wever von der N-VA hingegen dürfte sich die Hände reiben, wenn PS-Leute jetzt selbst nach einer neuen Staatsreform rufen.
La Libre Belgique ist nicht grundsätzlich gegen die Abschaffung der Französischen Gemeinschaft. Auch mit ihrem neuen Namen "Föderation Wallonie-Brüssel" hat sie es nicht geschafft, die wallonischen und französischsprachigen Brüsseler Bürger für sich zu begeistern. Ein Belgien mit insgesamt vier Regionen würde in der Tat den institutionellen Aufbau des Landes vereinfachen. Allerdings müssten dazu zwei Bedingungen erfüllt werden. Erstens: Die Französischsprachigen in Belgien brauchen weiterhin eine gemeinsame Kuppel für Bildung und Kultur. Und zweitens: Es muss endlich einen föderalen Wahlkreis in Belgien geben, damit die Bürger von Ostende bis Arlon ihre Stimme für ein und denselben Politiker abgeben können und um so den Zusammenhalt zu stärken.
Merkel in der Kritik
"Merkel vs. die Mauer", titelt De Morgen und berichtet über den parteiinternen Protest in der CDU gegen die Asylpolitik der deutschen Kanzlerin. 126 christdemokratische Bundestagsabgeordnete fordern die Schließung der deutschen Grenzen. Mit ihren flüchtlingsfreundlichen Maßnahmen hat Angela Merkel inzwischen die politischen Grenzen ihrer eigenen Fraktion erreicht, analysiert das Blatt.
Gazet van Antwerpen findet, dass Merkel sich bei ihrem Besuch beim türkischen Präsidenten Erdogan zu weit aus dem Fenster gelehnt hat. Natürlich liefert die Türkei einen großen Beitrag zur Bewältigung der Flüchtlingskrise und muss das Land von Europa finanziell unterstützt werden. Aber den Türken Fortschritte bei den Beitrittsverhandlungen zur EU zu versprechen, das geht zu weit.
Feinstaub beeinflusst Kindsentwicklung schon im Mutterleib
Forschern der Universität Antwerpen zufolge beeinflusst Feinstaub den Stoffwechsel von Kindern bereits während des Heranwachsens im Mutterleib. Je nach Feinstaubbelastung würden bestimmte Gene unterschiedlich aktiviert. Der Wohnort kann also durchaus Einfluss auf die individuelle Entwicklung eines Kindes haben, schlussfolgert De Standaard.
Alain Kniebs - Archivbild: Nicolas Maeterlinck (belga)