Anlässlich des heutigen Starts der neuen Sitzungsperiode im Parlament erinnert Le Soir an die Ereignisse vor einem Jahr. PS-Oppositionsführerin Laurette Onkelinx wetterte mit einer theatralischen und hysterischen Tirade gegen die gerade eingesetzte Regierung. Und CDH-Chef Lutgen hielt die Angehörigen der Opfer des Zweiten Weltkriegs dazu an, sich gegen die Regierung Michel aufzulehnen. "Und nun, ein Jahr später, was bleibt davon übrig?", fragt die Zeitung. Nichts, glücklicherweise.
Die parlamentarische Arbeit hat sich seitdem zivilisiert. Mehrheit und Opposition halten sich zurück. Seit langem hat man nicht mehr ein solch dynamisches Halbrund erlebt. Es wird oft und argumentativ ausgetauscht. Dieses Klima bietet möglicherweise die Gelegenheit, die Rolle der Institution weiter zu stärken. Die Regierung hat die ärgerliche Gewohnheit, Gesetze in aller Eile zu verabschieden, um so der Kritik der Opposition auszuweichen. Atomenergie, Rente mit 67 und Indexsprung verdienen eine ehrliche Debatte. Eine Mehrheit, die ihre Dossiers beherrscht, braucht die Konfrontation mit der Opposition nicht zu fürchten, meint Le Soir.
Zuckersteuer sorgt für Verbitterung
Einige Zeitungen kommentieren die beschlossene Limonadensteuer der Föderalregierung. Dass diese Gesundheitssteuer alleine dazu dient, die Staatskasse zu füllen, ist für jeden deutlich, meint Het Belang van Limburg. Eine Zuckersteuer von einem Eurocent pro Dose und von drei Eurocent pro Literflasche wird uns nicht von den Erfrischungsgetränken abhalten. Doch was nicht ist, kann noch kommen. Gesundheitsministerin Maggie De Block hat eine Studie über die Ernährungsgewohnheiten der Belgier in Auftrag gegeben. Darauf basierend will sie einen föderalen Ernährungsplan ausarbeiten. Dieser soll dann nicht nur den Zucker, sondern auch Salz, Fette, das Schulessen und sogar die Größe der Portionen in Angriff nehmen. Früher waren es die Priester, die uns sagten, was wir zu tun und zu lassen haben. Vor allem das, was ein bisschen Spaß macht, sollten wir unterlassen. Andernfalls würden wir in der Hölle schmoren. Jetzt haben wir fast keine Priester mehr. Stattdessen aber Politiker, die alles regeln und vor allem verbieten wollen. Jetzt erzählt uns Maggie De Block, was und wieviel wir noch essen und trinken dürfen. Wer sich nicht daran hält, der endet zwar nicht in der Hölle, dem wird aber in die Brieftasche gegriffen. Wir sollen alle steinalt werden. Sterben ist gerade noch erlaubt, aber nur nach einem Leben ohne Genuss, spottet Het Belang van Limburg.
De Morgen kritisiert die Limonadensteuer ebenfalls. Menschen mit geringerem Einkommen geben im Verhältnis mehr Geld für Lebensmittel aus. Und auch mehr für Ungesundes, weil es günstiger ist, gnadenlos beworben wird und schneller ein Sättigungsgefühl hervorruft. In der Theorie ist eine Abgabe auf zuckerhaltige Getränke, und auch absurderweise auf nicht-zuckerhaltige, politisch in Ordnung. In der Praxis allerdings sieht das ganz anders aus: Das Einzige, was sich füllt, ist die Staatskasse. Der Effekt für die Volksgesundheit wird vernachlässigbar sein, befürchtet De Morgen. Nach Ansicht der Zeitung hätte man ja auch gesunde Lebensmittel wie Gemüse und Obst günstiger machen können, um Menschen mit kleinem Budget eine attraktive Alternative zu bieten.
Neue Spekulationssteuer ist "nur Symbolpolitik"
Genauso heuchlerisch wie die Limonadensteuer ist die neue Spekulationssteuer, findet De Standaard. Wenn es wirklich darum gegangen wäre, Spekulationen zu bekämpfen, dann hätte die bestehende Transaktionssteuer erhöht werden müssen. Dann hätte sie jeden getroffen, der spekuliert. Nun gilt sie lediglich für Kleinanleger und nur, wenn sie mit Aktien handeln. Professionelle und institutionelle Anleger bleiben außen vor. Selbst dann, wenn sie mit hochspekulativen Instrumenten handeln. Angesichts der geringen Einnahmen, die sich die Regierung davon erhofft, kann es sich nur um Symbolpolitik handeln. Damit wird der falsche Eindruck erweckt, dass Vermögende ihren Beitrag leisten, analysiert De Standaard.
Kommt das Ende des Dieselautos?
Mit der Erhöhung der Akzisen auf Dieselkraftstoff sehen Automobilexperten das Ende des Dieselwagens kommen. Innerhalb der nächsten drei Jahre wird eine 50-Liter-Dieseltankfüllung sieben Euro teurer. Gleichzeitig wird Benzin günstiger. Und zwar um knapp vier Euro pro Tankfüllung. Ein Dieselauto kostet allerdings immer noch durchschnittlich 2.000 Euro mehr als ein vergleichbarer Benziner.
Gazet van Antwerpen meint dazu: Dieselfahrer werden sich reingelegt fühlen. Bis 2011 hatte die Regierung den Ankauf mit einer Ökopremie gefördert, da Diesel weniger CO2 ausstoßen als Benziner. Wer sich dadurch hat verleiten lassen, bezahlt nun drauf. Auch für den Automobilsektor kommen die Maßnahmen zu schnell, um darauf zu reagieren. Es wäre vielleicht ehrlicher gewesen, Übergangsregeln vorzusehen. In einem Jahr einen bestimmten Kraftstoff steuerlich attraktiv zu machen, um ihn vier Jahre später mal schnell zu verteuern, lässt das Vertrauen des Verbrauchers in die Politik nicht gerade wachsen.
Belgien-Israel-Fußballmatch: besondere Sicherheitsmaßnahmen
Fast alle Tageszeitungen blicken auf das letzte EM-Qualifikationsspiel der Roten Teufel heute Abend gegen Israel. Mit einem Sieg kann sich die belgische Nationalmannschaft Platz Eins der FIFA-Weltrangliste erobern, zum ersten Mal in der Geschichte. Über der Partie schwebt jedoch eine Terrorgefahr. Das Innenministerium hat die Warnstufe Drei ausgerufen. Die israelische Nationalmannschaft ist, wie alle anderen jüdischen Einrichtungen, seit mehreren Monaten Gegenstand besonderer Sicherheitsmaßnahmen. 600 Polizisten werden heute Abend in Brüssel im Einsatz sein. Das Hotel der israelischen Spieler wird ständig überwacht, schreibt La Dernière Heure.
Brüssels Bürgermeister Yvan Mayeur hat vorsichtshalber ein Versammlungsverbot ausgesprochen. Weder Mitglieder der Königsfamilie noch Premierminister Charles Michel werden heute Abend im Stadion sein.
Volker Krings - Archivbild: belga