"Geschubse und Gezerre um den Bürgermeister mit 168 Stimmen", titelt Het Nieuwsblad. "Der neue, machtlose Bürgermeister von Linkebeek", so die Schlagzeile von Le Soir.
Fast alle Zeitungen beschäftigen sich heute ausgiebig mit der Situation in Linkebeek und bringen insbesondere Reportagen von der gestrigen Sitzung des Gemeinderates. Die beschauliche Kommune am Brüsseler Südrand steht im Mittelpunkt eines neuen Kapitels im Sprachenstreit zwischen Flamen und Frankophonen. Am Wochenende hatte die flämische N-VA-Innenministerin Liesbeth Homans einen Oppositionspolitiker als neuen Bürgermeister eingesetzt.
Eigentlich war der MR-Politiker Damien Thiéry als großer Sieger aus der letzten Kommunalwahl hervorgegangen. Nur hat der diverse Male gegen die Sprachengesetzgebung verstoßen und wurde deswegen nicht als Bürgermeister eingesetzt. Von seiner Liste stand auch kein anderer Kandidat zur Verfügung. Deswegen wurde eben Eric De Bruycker zum Bürgermeister ernannt. Gestern Abend, zum ersten Gemeinderat, wurde De Bruycker denn auch lauthals ausgebuht. Später verließen die Gemeinderatsmitglieder der Mehrheitsliste geschlossen den Sitzungssaal.
"Sollte man in Linkebeek nicht Neuwahlen ansetzen?", fragt sich De Morgen auf Seite eins. Diese Forderung kommt eigentlich von Damien Thiéry, also dem ausgebooteten Frankophonen.
Linkebeek: Sprachengrenze prägt Bewertung
Doch geht das Ganze natürlich weit über Linkebeek hinaus. Damien Thiéry ist MR-Mitglied; die MR sitzt zusammen mit der N-VA in der Föderalregierung. Und die MR muss sich gerade von den anderen frankophonen Parteien ziemlich laute Vorwürfe gefallen lassen. "Linkebeek, das Malaise der MR", schreibt denn auch La Libre Belgique.
Die Bewertung der Geschichte ist je nach der Seite der Sprachengrenze unterschiedlich.
Für Le Soir wird hier die Demokratie mit Füßen getreten. Mag sein, dass die N-VA-Ministerin Homans auf rechtlich sicherem Boden steht; ihr Vorgehen ist nichtsdestotrotz äußerst beängstigend. Hier wird der Wille der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung missachtet. Wie würde man wohl im Norden des Landes reagieren, wenn ein frankophoner Innenminister derartig mit einem Flamen umspringen würde?
Het Laatste Nieuws ist da vollkommen anderer Meinung. Das frankophone Geheule von wegen "Gewaltstreich" oder "Missachtung der Demokratie" wirkt doch ziemlich pathetisch. "Geht's noch?", würde man ihnen am liebsten antworten. Liesbeth Homans hat vollkommen Recht, und um das zu sehen, muss man auch kein N-VA-Mitglied sein. Eine andere Frage ist die, ob der Zeitpunkt glücklich gewählt war. Eigentlich wollte die N-VA doch ihre sozioökonomische Agenda abarbeiten. Gemeinschaftspolitische Kleinkriege führt man normalerweise erst dann, wenn man nichts anderes mehr zu tun hat.
"Frankophoner Gedächtnisverlust"
La Libre Belgique empfindet es zwar auch als schockierend, dass Damien Thiéry kaltgestellt wurde. Das Blatt übt sich dennoch auch in frankophoner Selbstkritik. Ob wir es nun gerne hören oder nicht, aber Liesbeth Homans hat das Gesetz auf ihrer Seite. Und die Frankophonen leiden offensichtlich unter Gedächtnisverlust. Im Jahr 2001 haben schließlich frankophone Politiker der Übertragung der Gemeindegesetzgebung an die Regionen zugestimmt. Die Gegenleistungen waren aus heutiger Sicht eher zweitrangig. Kurz und knapp: Die Frankophonen haben sich das Ganze im Wesentlichen selbst eingebrockt.
Auch Het Belang van Limburg nimmt einen nuancierten Standpunkt ein: Die Frankophonen haben Recht und Unrecht zugleich. Klar ist es logisch, dass der Bürgermeister aus den Reihen der Liste kommt, die die meisten Stimmen erzielt hat. Allerdings: Linkebeek liegt nun einmal in Flandern; und Damien Thiéry hat wiederholt und wissentlich gegen die Sprachengesetzgebung verstoßen. Man kann über Sinn und Unsinn dieser Gesetze gerne streiten; man kann sich sogar die Frage stellen, ob Linkebeek nicht Brüssel angegliedert werden sollte. Bis auf Weiteres muss man sich aber an die momentan geltenden Absprache halten.
"Schwurgerichtsprozesse sind so gut wie Geschichte", so derweil die Aufmachergeschichte von De Standaard und Le Soir. Justizminister Koen Geens plant ja eine tiefgreifende Reform des Gerichtswesens. Die Schwurgerichte bleiben demnach bestehen, würden sich allerdings nur noch um Ausnahmefälle kümmern.
Der "Gral" des Weltklimarates in Griffweite eines Belgiers
Einige Zeitungen bringen Porträts von Jean- Pascal van Ypersele. Der belgische Klimaforscher hat offensichtlich gute Aussichten, heute oder morgen zum Vorsitzenden des Weltklimarates gewählt zu werden. "D-Day für Jean-Pascal van Ypersele", schreibt L'Echo. Für Le Soir ist der "Gral in Reichweite". "Nur noch eine geheime Absprache kann van Ypersele stoppen", notiert Het Nieuwsblad.
"Noch nie gab es so wenige Lotto-Gewinner", so schließlich die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. Hintergrund: Bei den letzten sieben Ziehungen hatte nicht ein Spieler sechs Richtige. In diesem Jahr gab es erst 29 Hauptgewinner; vor 30 Jahren, 1985, waren es noch 280. Die Zeitung glaubt, die Erklärung dafür zu kennen: Bis 1983 waren 40 Kugeln in der Lostrommel; bis 2011 waren es 42. Und jetzt sind es 45. Das hat natürlich Einfluss auf die Gewinnchancen. Früher beliefen die sich auf 1:4 Millionen, jetzt sind es 1:8 Millionen.
Roger Pint - Illustrationsbild: Nicolas Maeterlinck (belga)