"400.000". Diese Zahl steht heute auf den Titelseiten unter anderem von Le Soir, De Standaard, Het Laatste Nieuws und De Morgen. Der VW-Konzern muss in Folge des Abgas-Skandals fast 400.000 Fahrzeuge in Belgien zurückrufen. Hier handelt es sich um Autos der Marken Volkswagen, Audi, Seat und Skoda. Sie alle sind mit dem Dieselmotor ausgestattet, der die Manipulationssoftware enthält. Dadurch wurden ja die Abgaswerte verfälscht.
Diese Zahlen wurden dem zuständigen Wirtschaftsminister Kris Peeters vom VW-Hauptimporteur D'Ieteren mitgeteilt. Nichtsdestotrotz rät Peeters davon ab, gerichtliche Schritte gegen den Volkswagen-Konzern zu unternehmen. Die Wallonie hatte ja schon eine solche Klage angekündigt; und auch die flämische Regierung spielte mit dem Gedanken, gegen VW gerichtlich vorzugehen. Man sollte aber dabei nicht vergessen, dass Volkswagen in Belgien 8.600 Menschen beschäftigt, sagt Peeters unter anderem in Het Laatste Nieuws. Er verweist insbesondere auf das Brüsseler Audi-Werk.
"400.000 Mal betrogen"
Peeters ist ein gebranntes Kind, notiert Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel. Als flämischer Ministerpräsident musste er das Ende von Opel Antwerpen und Ford Genk erleben. Dabei gingen insgesamt 15.000 Arbeitsplätze in Rauch auf. Dass Peeters also im Umgang mit VW zur Vorsicht mahnt, ist nachvollziehbar. Nichtsdestotrotz: Volkswagen hat uns 400.000 Mal betrogen, wettert das Blatt. Das kann man doch nicht einfach so hinnehmen.
In diesem Zusammenhang lässt auch die Schlagzeile von Het Nieuwsblad aufhorchen: "VW-Skandal facht die Uplace-Diskussion wieder an", schreibt das Blatt auf Seite eins. Uplace ist ein großes Einkaufszentrum, das im Norden von Brüssel entstehen soll. Das Mega-Projekt sorgt seit Jahren für Diskussionen. Erst nach langem Zögern hatte die flämische Regierung grünes Licht gegeben. Dabei lag aber auch die voraussichtliche Öko-Bilanz in der Waagschale. Konkret: Das zusätzliche Verkehrsaufkommen und damit auch die zu erwartenden Abgas-Emissionen wurden simuliert. Diese Schätzungen basieren jetzt, mit den manipulierten VW-Angaben, auf falschen Zahlen. Und das kann dazu führen, dass die Akte wieder geöffnet wird, glaubt Het Nieuwsblad.
Zwei Kategorien von Diesel-Fahrern?
Die flämische Regierung hat unterdessen eine Reform der Kfz-Steuern angekündigt. Unterm Strich sollen Diesel-Fahrzeuge künftig stärker besteuert und umweltfreundliche Autos gefördert werden. Dass diese Reform gerade jetzt angekündigt wird, ist wohl kein Zufall, bemerkt dazu Het Laatste Nieuws. Doch gibt es da einen Schönheitsfehler, sind sich viele Zeitungen einig. Leasing-Fahrzeuge werden nämlich von der Maßnahme ausgenommen. Und in diese Kategorie fallen ja häufig Firmenwagen.
Hier entsteht eine schreiende Ungerechtigkeit, kritisiert De Morgen in einem wütenden Leitartikel. In Flandern gibt es bald zwei Kategorien von Diesel-Fahrern: Auf der einen Seite diejenigen, die ihr Auto selbst bezahlen und die jetzt zur Kasse gebeten werden sollen, und dann eben die anderen, deren Wagen einen Teil ihrer Besoldung ausmacht, wofür es in Belgien die europaweit höchsten Steuervorteile gibt. Eine solche Zweiklassengesellschaft ist nicht nur skandalös, sondern wahrscheinlich auch illegal.
Porsche Cayenne als "sauberer" Firmenwagen
Es gibt aber auch noch andere, teilweise surreale Folgen dieser Reform, notiert Het Nieuwsblad. Beispiel: Nach der neuen Regelung würde ein hybrider Porsche Cayenne bald als "sauberer" Firmenwagen durchgehen, weil er eben neben einem Benzinmotor auch über einen Elektroantrieb verfügt. Dabei kann man sich aber an den fünf Fingern abzählen, dass der Fahrer eines solchen Wagens in den seltensten Fällen den Elektromotor aktivieren dürfte.
Gerade in diesem Zusammenhang muss man den Blick auf das große Ganze richten, mahnt denn auch De Standaard. Eine Reform der Kfz-Steuer anzugehen, ohne das Thema Firmenwagen im Blick zu haben, das ist zu kurz gedacht. Eben weil es in Belgien - aus teilweise nachvollziehbaren Gründen - so viele Firmenwagen gibt, ist ein wirklich neuer Ansatz in der Mobilitätspolitik hierzulande eigentlich unmöglich. Und indem Flandern de facto Firmenwagen noch weiter bevorteilen will, würde dieses Problem nur noch verstärkt.
Sprachkurse jetzt doch keine schlechte Idee
Die frankophonen Zeitungen beschäftigen sich ihrerseits mit dem Beschluss der wallonischen Regierung, nun doch endlich Einbürgerungskurse für Asylanten anzubieten. "In der Wallonie werden Französischkurse für Flüchtlinge Pflicht", resümiert etwa La Libre Belgique.
Diese Entscheidung ist längst überfällig, meint Le Soir in seinem Leitartikel. Der Süden des Landes hat hier im Vergleich zu Flandern sechs Jahre verloren. Und das nur, weil die Frankophonen im flämischen "Integrations-Parcours" fälschlicherweise eine Ausgeburt des flämischen Nationalismus gesehen haben. Dabei sollte doch jedem einleuchten, dass Integration in erster Linie über die Sprache erfolgt. Die Wallonie folgt also endlich dem flämischen Beispiel. Die Frage ist allerdings jetzt: Wo bleibt Brüssel?
Widrige Umstände in einem Militärkrankenhaus…
Richtig Pech gehabt hat schließlich ein junger Laborassistent im Militärkrankenhaus in Neder-Over-Heembeek, wie Het Nieuwsblad berichtet. Der junge Mann blieb im Aufzug stecken. Aber nicht genug damit: Leider war auch das Alarmsystem defekt. Und zu allem Überfluss hatte das Handy des Unglücksraben in dem Aufzug keinen Empfang. Resultat: Der Mann wurde erst nach 18 Stunden aus seiner misslichen Lage befreit. Das Verteidigungsministerium spricht von einer unglücklichen Verkettung widriger Umstände.
Roger Pint - Bild: Paul J. Richards (afp)