"Adios, España?", fragt De Morgen auf seiner Titelseite. "Ein Schritt Richtung Unabhängigkeit", schreibt Le Soir. "Sieg für die katalanischen Nationalisten", fasst es De Standaard zusammen. Nach der Regionalwahl in Katalonien feiern die Separatisten ihren Erfolg. Im Parlament haben sie Hochrechnungen zufolge die absolute Mehrheit erreicht, nicht aber die Mehrheit der Wählerstimmen. Deswegen meint De Standaard: Barcelona hat die Nase voll von Madrid. Die Abspaltung von Spanien aber dürfte erst einmal ein Traum bleiben.
Trotzdem dürfte die starre Haltung der spanischen Regierung wohl ein Grund für den historischen Wahlsieg der Nationalisten in Katalonien sein. Ebenso die Richter in Madrid, die versucht haben, die Autonomie Kataloniens einzuschränken. Ein Referendum hatte Spanien auch abgelehnt. Unterm Strich dürfte das die Abspaltungsgelüste gegen Spanien nur noch angefacht haben, meint die Zeitung.
Der nüchterne Flame ist anders
Le Soir findet: Man sollte das gestrige Votum weder über- noch unterschätzen. Es war keine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit Kataloniens, sondern eine Regionalwahl, aus der man mehrere Lehren ziehen kann. Die Kräfte, die das Verhältnis Barcelonas zu Madrid von Grund auf neu verhandeln wollen, haben eine deutliche Mehrheit der Sitze im katalanischen Parlament erhalten.
Spaniens Premierminister Mariano Rajoy wäre gut beraten, das Ergebnis nicht zu ignorieren und sich auf Gespräche einzulassen. Andererseits ist die Wahl kein Freifahrtschein für die Separatisten. Weniger als die Hälfte der Katalanen hat nämlich für die Parteien gestimmt, die die Unabhängigkeit anstreben.
Bezugnehmend auf die Lage in Belgien meint De Standaard: Von einem solchen Ergebnis, wie in Katalonien, können die flämischen Nationalisten nur träumen. Der nüchterne Flame verspürt das Unabhängigkeitsbedürfnis der Katalanen und Schotten bislang nämlich nicht. Selbst die N-VA, deren erster Artikel in den Parteistatuten die flämische Unabhängigkeit ist, traut sich nicht, mit dieser Forderung in den Wahlkampf zu ziehen. Was für Spanien gilt, gilt aber auch für Belgien: Sich gegenseitig Angst machen und auf stur schalten, bringt nichts.
Kunden trifft keine Schuld
"Flandern und die Wallonie wollen Volkswagen verklagen", titelt Het Nieuwsblad. Die Umweltminister der beiden Regionen, Joke Schauvliege (CD&V) und Carlo di Antonio (cdH) planen eine gemeinsame Klage gegen den deutschen Autobauer. Sie wollen den Konzern mitverantwortlich für die schlechte Luftqualität machen, weil die tatsächlichen Abgaswerte bis zu 40 Prozent höher sind, als die angegebenen.
Wie Le Soir berichtet, fordern sie aber auch Schadensersatz - wegen zu Unrecht vergebener Öko-Prämien. Finanzminister Johan Van Overtfeldt (N-VA) will Het Laatste Nieuws zufolge getäuschte VW-Kunden nicht bestrafen. Er prüft die Möglichkeit einer Steuertoleranz, damit sie trotz höherer Abgaswerte keine zusätzlichen Abgaben leisten müssen. Sie seien ja schließlich beim Kauf getäuscht worden. Die Kunden treffe keine Schuld, so Van Overtfeldt in der Zeitung.
De Morgen kann das Ausmaß der Entrüstung wegen des Abgasskandals bei Politikern und in der Bevölkerung nicht nachvollziehen. Nicht erst seit gestern wissen wir doch alle, dass die Autohersteller in Bezug auf den Kraftstoffverbrauch ihrer Fahrzeuge lügen, ohne mit der Wimper zu zucken. Auch die angegebene Geschwindigkeit auf dem Tacho stimmt nicht ganz mit den tatsächlich gefahrenen Stundenkilometern überein. Und dass die Autobauer in Sachen Umweltfreundlichkeit äußerst "kreativ" vorgehen, ist ebenfalls ein offenes Geheimnis.
Trotzdem fallen jetzt alle aus den Wolken… Die Zeitung wünscht sich für die Automobilindustrie einen ebenso nachhaltigen Effekt, wie die zahlreichen Skandale für die Lebensmittelindustrie. Die haben die Verbraucher wesentlich kritischer gemacht und die alternative Bioproduktion beflügelt.
China heuchlerisch
La Libre Belgique befasst sich mit den 17 Zielen der UNO-Staaten, um Armut und Hunger in der Welt bis 2030 zu beseitigen. China will dazu zwei Milliarden Dollar in einen Hilfsfonds für besonders arme Länder einzahlen. Die Zeitung fordert China aber auf, genauso konsequent für die Menschenrechte einzutreten. Anderen Ländern Geld für ihre Entwicklung zu zahlen, während in Peking Menschenrechtler weggesperrt werden, findet das Blatt heuchlerisch.
Sagan zu stark
Fast alle Zeitungen haben den neuen Radweltmeister Peter Sagan auf ihrer Titelseite. Bei der Straßen-WM im amerikanischen Richmond hat der bärenstarke Slowake sich durchgesetzt, schreibt De Standaard. Die starken Belgier hatten am Ende keine Chance gegen Superstar Sagan, fasst L'Avenir das Rennen zusammen.
Segen für Smartphones
Zu einer sakralen Handlung neuer Art ist es am Sonntag im Marienwallfahrtsort Beauraing gekommen. Kurz vor dem Ende der Messe haben die beiden Priester die Gläubigen aufgefordert, ihre Smartphones und Tabletts hoch zu halten. Anschließend sind die Geistlichen durch die Reihen gezogen und haben die Geräte mit Weihwasser gesegnet. Begründung: Smartphones böten neue Möglichkeiten, seinen Glauben zu leben.
ak - Bild: Gerard Julien (afp)
Die Kirche demontiert sich selbst. Nachdem der Papst als oberster Hirte dem "Klimawandel" den Kampf angesagt hat, segnen seine Mitarbeiter mobile phones.
Die Gesellschaft ist auf bestem Wege, in weiten Bereichen des Lebens "Verstand" gegen "Glauben" einzutauschen.