"500.000 Dieselfahrzeuge in Belgien von Abgasskandal betroffen", titelt Het Laatste Nieuws. "Mehr Fragen als Antworten", schreibt Le Soir. "Porsche-Chef Matthias Müller muss den VW-Karren jetzt aus dem Dreck ziehen", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad.
Eine Woche nach dem Bekanntwerden der Manipulationen bei Volkswagen bleiben viele Fragen offen. Laut Wirtschaftsminister Kris Peeters sind in Belgien eine halbe Million Dieselfahrzeuge der VW-Gruppe zugelassen, die mit der manipulierten Abgassoftware ausgestattet sein könnten. Weil die Kfz-Steuer hierzulande an die Emissionswerte gekoppelt ist, befürchten einige Kunden bereits, dass sie künftig mehr Steuern für ihr Fahrzeug zahlen müssen. Die zuständigen Regionalminister haben aber bereits Entwarnung gegeben. Die Verbraucher würden trotz der vermutlich deutlich höheren Emissionswerte ihrer Autos nicht zur Kasse gebeten.
Die vier Liter aus dem Hochglanzprospekt
Für Het Laatste Nieuws beschränkt sich der Skandal nicht nur auf die Abgaswerte: Haben Sie schon mal den tatsächlichen Verbrauch Ihres Autos gemessen? Auf die vier Liter pro hundert Kilometer, die die Hersteller in ihren Hochglanzprospekten angeben, sind Sie und ich doch im Leben noch nie gekommen, so der Leitartikler. Das liegt nicht an einem technischen Fehler oder an Ihrem Fahrverhalten. Das ist Betrug. Die Verantwortlichen dieses Skandals dürfen nach Ansicht der Zeitung nicht ungeschoren davonkommen - dafür haben sie der Umwelt und uns Verbrauchern zu viel Schaden zugefügt.
La Libre Belgique meint: Die Volksgesundheit und die Umwelt hat die Chefs in Wolfsburg herzlich wenig interessiert. Matthias Müller, der neue Vorstandsvorsitzende der VW-Gruppe, steht vor einer gewaltigen Aufgabe: Er muss Ethik und Moral zu den zentralen Werten der neuen Unternehmenskultur bei Volkswagen machen.
De Standaard fügt hinzu: Mehr staatliche Kontrolle für Großkonzerne kann nur ein Teil der Lösung sein. Wir Verbraucher haben die Macht. Vor uns sollten sich die skrupellosen Firmenchefs fürchten. Ob das allerdings ausreicht, damit sich die Konzerne bei so wichtigen Fragen wie Datenschutz, Volksgesundheit, Sicherheit und Steuermoral richtig verhalten, ist fraglich, gibt das Blatt zu bedenken.
"Die Gedanken sind frei"
In Het Laatste Nieuws meldet sich Herman Van Rompuy, der ehemalige EU-Ratspräsident, erstmals seit Ausbruch der Flüchtlingskrise zu Wort. "Die fehlende Menschlichkeit einiger Regierungschefs in Europa stört mich gewaltig", erklärt der 67-Jährige. Auch die Verweigerungshaltung einiger Bürgermeister in Belgien, wenn es darum geht, Flüchtlinge aufzunehmen, kann er nicht nachvollziehen. Dass die Verantwortlichen auf Kos sich Sorgen machen, ist verständlich. Aber die von Koksijde?!, wundert sich Van Rompuy.
De Standaard bringt ein Interview mit Innenminister Jan Jambon. Der N-VA-Politiker verteidigt darin die jüngsten Vorschläge seiner Partei, das Asylrecht zu verschärfen. Die N-VA werde sich weiter an das Koalitionsabkommen halten und auf föderaler Ebene ein loyaler Regierungspartner sein. Allerdings taucht die Flüchtlingskrise nicht im Koalitionsprogramm auf. Jede Partei kann also ihre eigenen Ideen auf den Tisch legen. Zitat Jambon: "Die Gedanken sind frei."
Diktator Franco lässt grüßen
L'Avenir und La Libre Belgique blicken nach Katalonien, wo am Sonntag eine wichtige Regionalwahl stattfindet. Die Separatisten haben das Votum zum Referendum über die Unabhängigkeit der Region erklärt.
De Morgen analysiert den möglichen Ausgang des Urnengangs: Die spanische Regierung in Madrid hat bereits damit gedroht, die katalanischen Nationalisten aus dem Amt zu werfen. Auch die Kirche und das Militär wollen mitmachen - ein bisschen so, wie zu Zeiten von Diktator Franco. Es steht viel auf dem Spiel, meint die Zeitung. Nicht nur für Barcelona und Madrid. Auch in anderen EU-Staaten drohen Separatisten mit Spaltung. Etwa in Schottland, Südtirol und natürlich Flandern. Sowohl die Befürworter, als auch die Gegner einer flämischen Unabhängigkeit können noch etwas von den Katalanen lernen. Die Nationalisten hierzulande brauchen eine stimmige Zukunftsvision für Flandern. Die Belgienanhänger hingegen sollten sich gute Argumente überlegen, warum das Land einen Mehrwert bietet, statt Angst und Panik vor der Spaltung zu verbreiten, findet De Morgen.
Anderlecht sorgt für neue Posse
Le Soir berichtet über die Saga um das neue nationale Fußballstadion in Brüssel. Erstligist RSC Anderlecht hat sich als Mieter aus dem Projekt zurückgezogen. Zur Begründung hieß es, das Stadion entspreche nicht mehr den Vorstellungen des Clubs. Daran glaubt La Dernière Heure aber nicht: In Wirklichkeit will Anderlecht nur den Vertrag neu verhandeln und die jährliche Miete von elf Millionen Euro drücken, vermutet das Blatt. In dieser hochkomplexen und politisierten Seifenoper bleibt uns aber auch keine schlechte Episode erspart, meint Le Soir.
Das Grenz-Echo schreibt dazu: "Wir sind nicht mehr das Gespött der Welt", hatte Brüssels Sport-Schöffe Alain Courtois 2013 stolz gesagt, als der Beschluss zum Bau des neuen Stadions für die Europameisterschaft gefallen war. Mit Blick auf das, was jetzt wieder geschehen ist, muss man sagen: Wir sind es doch.
Alain Kniebs - Bild: John MacDougall (afp)