"Knappe Vereinbarung über Flüchtlinge", titelt De Morgen. "EU drückt Verteilungsplan durch", schreibt De Standaard. Nach mehrstündigen Verhandlungen haben die europäischen Justiz- und Innenminister Dienstagabend den Verteilungsplan für 120.000 Flüchtlinge beschlossen. Eine Hälfte der in Italien und Griechenland wartenden Flüchtlinge soll jetzt sofort auf die Mitgliedsländer verteilt werden. Was mit den 54.000 Flüchtlingen in Ungarn geschehen soll, soll erst in einem Jahr entschieden werden. Der Verteilungsplan wurde gegen die Stimmen von Ungarn, der Slowakei, Tschechien und Rumänien verabschiedet. Finnland enthielt sich der Stimme.
Dazu meint De Standaard: Wichtig ist, dass Europa nicht mehr von der Verteilungsfrage gelähmt wird. Es gibt wichtigere Sachen auf der Agenda. Doch die Spaltung Europas war noch nie so offensichtlich wie jetzt. Das verspricht wenig Gutes. Nur mehr europäische Solidarität und mehr Disziplin bei der Einhaltung der abgesprochenen Regeln können die Asylkrise in beherrschbare Bahnen lenken. Politische Verbitterung über Zwangsbeschlüsse und verlorene Schlachten tragen dazu nicht bei.
Wichtigstes Ziel ist die Wiederherstellung der Dublin-Abkommen. Die beinhalten, dass Asylsuchende sich in dem EU-Mitgliedsland registrieren lassen müssen, das sie als erstes betreten. Vor allem Griechenland hatte sich nicht daran gehalten. Um zu mehr Disziplin zurückzukehren, sind große Anstrengungen nötig. Es reicht nicht, in Hotspots zu investieren. Andere Mitgliedsstaaten müssen bereit sein, mehr Menschen aufzunehmen, als gestern beschlossen wurde, fordert De Standaard.
Bart De Wever schippt weiter Kohle ins Asyl-Feuer
Zur Flüchtlingskrise hat sich auch N-VA-Chef Bart De Wever zurückgemeldet. "De Wever legt noch eine Schippe drauf", titelt Het Laatste Nieuws. Anlass ist eine Gastvorlesung De Wevers am Dienstag vor Studenten der politischen Wissenschaften der Universität Gent. Der N-VA-Vorsitzende forderte eine Anpassung der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951. Das "Herzlich willkommen" der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel hält er für einen "historischen Fehler". Die Flüchtlinge seien nicht auf der Suche nach Sicherheit, sondern vor allem auf der Suche nach einem besseren Leben.
Für Ungarns Schließung seiner Grenzen hat er Verständnis. Es herrsche Meinungskrieg. Die Medien wollten so viel Verständnis wie möglich erzeugen, doch die große Mehrheit sehe das skeptisch. Zwischen der westlichen Lebensweise und dem Islam liefe es nicht besonders gut. De Morgen kommentiert die Aussagen De Wevers folgendermaßen: Es kann gut sein, dass die Angst bei vielen kulturell geprägt ist. Oder einfach gesagt: Die Menschen haben nicht Angst vor einer großen Menge Flüchtlinge, sie haben Angst vor einer großen Menge Muslime. Soziale Sicherheit, Unterbringung, das sind alles Vorwände, um das eigentliche Gefühl zu beschönigen: Angst vor dem Islam.
Die Angst ist, da hat De Wever Recht. Die Frage ist aber: Wie geht man als führender Politiker mit dieser reellen Angst um? Reell heißt nicht zu Recht. Zeigt man jetzt Verständnis für diese menschlichen Gefühle und versucht, diese Ängste mit Fakten in den Griff zu kriegen? Oder füttert man die Angst und Panik mit Geschichten über völlig übertrieben dargestellte Risiken für die Gesellschaft? Letzteres ist der Weg von Bart De Wever. Das ist sein gutes Recht, unser gutes Recht ist es, das enttäuschend zu finden. Es ist bedauernswert, dass der mächtigste Politiker unseres Landes, angesichts der größten humanitären Krise seit 70 Jahren, taktisch berechnend den Weg der gesellschaftlichen Spaltung geht, findet De Morgen.
VW-Gate
La Libre Belgique kommentiert den VW-Abgasskandal. "VW-Gate" hat mittlerweile eine globale Dimension erreicht. Die Lügen des Autoherstellers über Abgaswerte betreffen mittlerweile 11 Millionen Fahrzeuge. "Wir waren unehrlich", fasste der Chef von Volkswagen USA am Dienstag die Lage zusammen. Nach Ansicht der Zeitung darf eine öffentliche Entschuldigung nicht nur simple Kommunikationsstrategie sein. Viele teils schwerwiegende Fragen bleiben offen. Wie kann es sein, dass ein solcher Industriegigant wie Volkswagen einen solchen Schwindel aufbauen konnte? Wie sehr wusste die Unternehmensspitze Bescheid über dieses System?
Und: Sind solche Praktiken auch bei anderen Autoherstellern gang und gäbe? Eins ist sicher: Ab jetzt herrscht Generalverdacht, die Zweifel sind da. Und die Glaubwürdigkeit der Branche ist dauerhaft angegriffen, meint La Libre Belgique.
Brüsseler Jugendrichter greifen zu drastischen Protestmitteln
Zur Ankündigung der Brüsseler Jugendrichter, wegen Personalmangels ab dem 15. Oktober alle minderjährigen Häftlinge freizulassen, meint Het Laatste Nieuws: Mit dieser Aktion begeben sich die Richter auf das Niveau derjenigen Menschen, denen sie sonst die Leviten lesen. Das Geschrei der Brüsseler Magistrate ist unnötig. Ab Ende November werden 95 Prozent der Stellen besetzt sein. Das ist kein Grund, den Rechtsgang zu sabotieren.
In jedem normalen Unternehmen würden Mitarbeiter mit einer solchen Haltung vor die Tür gesetzt, und zwar wegen Arbeitsverweigerung oder Pflichtverletzung. Das Peinliche ist, dass der Justizminister nicht wirklich eingreifen kann, denn hier sollte er es tun.
vk - Bild: AFP/Stringer