Die Kommentare der Inlandspresse konzentrieren sich heute weitgehend auf die im Juni anstehenden Wahlen. Glaubt man den Zeitungen, so ist auch das genaue Datum inzwischen so gut wie sicher, nämlich der Sonntag 13. Juni. Offiziell muss dies allerdings noch bestätigt werden.
Erste Wahlumfragen
Vers l'Avenir veröffentlicht das Ergebnis der ersten Wahlumfrage seit dem Regierungssturz. Demnach bleibt die PS im wallonischen Landesteil mit großem Vorsprung die Nummer eins vor der liberalen MR, die rund 10% verliert. Die cdH und Ecolo folgen auf den Plätzen drei und vier mit jeweils rund 18%.
Das überraschendste Ergebnis kommt allerdings aus Flandern, wo die nationalistische NV-A die bisher stärkste Partei, d.h. die flämischen Christdemokraten, überholt und mit rund 23% der Stimmen Platz eins erobert. Allerdings würden die beiden anderen flämischen nationalistischen Parteien Vlaams Belang und die Liste Dedecker deutlich an Stimmen verlieren. Nach dem Ergebnis dieser Umfrage, so schlussfolgert die Zeitung, wird es fast unmöglich sein, eine neue Regierung ohne die NV-A von Bart De Wever zu bilden.
Richter sollten keine Politik machen
La Libre Belgique kommentiert den gestrigen Brief von zwölf Richtern erstinstanzlicher Gerichte in Flandern, die die Legalität der Parlamentswahl aufgrund des nicht gespaltenen Wahlbezirks BHV in Frage stellten. Dazu heißt es u.a., diese Richter mischen sich in Angelegenheiten ein, die sie eigentlich gar nichts angehen. Sie sind da, um den guten Ablauf der Wahlen zu gewährleisten, und damit sollten sie sich begnügen. Im Übrigen, so urteilt die Zeitung, sind diese Wahlen nicht illegal. Die Verfassung verfügt, dass nach der Auflösung des Parlaments innerhalb von 40 Tagen Neuwahlen stattfinden müssen, und dieses Prinzip ist höher einzustufen, als die Frage bezüglich der Legalität eines Wahlbezirks.
Ostbelgische Abgeordnete muss zittern
Dem Grenz-Echo zufolge muss die einzige ostbelgische Kammerabgeordnete Kattrin Jardin vor den Föderalwahlen zittern. Sie hat nicht die Garantie, dass sie erneut auf einem aussichtsreichen Listenplatz der MR kandidieren darf, wie dies 2007 der Fall war. Die Neuwahlen haben auch andere Auswirkungen auf die DG. So muss das Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft das Mandat des Gemeinschaftssenators erneuern, obwohl Louis Siquet diesen Posten erst im Februar übernommen hatte.
Nichts geht mehr
Het Belang van Limburg zeichnet ein besonders düsteres Bild Belgiens, wenige Wochen vor den Wahlen. Demnach lösen unsere Politiker keine Probleme, sondern schaffen ständig neue. Belgien funktioniert einfach nicht mehr. Die zwischengemeinschaftlichen und ideologischen Gegensätze sind so groß, dass keine Entscheidungen mehr getroffen werden: keine Staatsreform, keine Lösung für BHV, keine Sanierung der Staatsfinanzen, keine langfristig garantierten Pensionen, keine Modernisierung des Staatsapparates. Die Politiker und die Parteien scheinen einzig und allein mit sich selbst beschäftigt zu sein, so schlussfolgert Het Belang van Limburg.
Ganz dicker Fisch für N-VA
Die meisten flämischen Zeitungen beschäftigen sich mit dem Übertritt des bekannten flämischen Fernsehjournalisten Siegfried Bracke von der VRT in die Politik, nachdem er gestern bekannt gab, dass er für die NV-A als Spitzenkandidat der Kammerliste in Ostflandern antreten wird.
Allgemein sind sich die Zeitungen einig, dass NV-A Chef De Wever damit einen ganz dicken Fisch an Land gezogen hat. Allerdings muss ein guter Journalist, so bemerkt Het Nieuwsblad, nicht unbedingt auch ein gutes Zugpferd bei den Wahlen sein. Sein Wechsel in die Politik ist trotzdem sicherlich ein Pluspunkt für die flämischen Nationalisten.
Diese könnten nach Ansicht von De Standaard nach den Wahlen eine vollkommen neue, entscheidende Rolle spielen. Parteipräsident De Wever könnte das mit Abstand beste Resultat der flämischen Nationalisten erzielen und damit tatsächlich für grundlegende Veränderungen in diesem Land sorgen. Dies umso mehr, als sich auf frankophoner Seite eine neue Mentalität abzuzeichnen beginnt. Es ist wichtig diese Chance zu nutzen, denn es könnte die letzte sein.
Ein Hoffnungsschimmer
Gute Neuigkeiten sind heute in Le Soir in Bezug auf den wallonischen Arbeitsmarkt nachzulesen. Demnach ging die Zahl der Erwerbslosen in der Wallonie seit Jahresbeginn um über 17.000 zurück, das entspricht einem Minus von 7,4%. Der Rückgang machte sich vor allen Dingen in mehreren Industriezweigen, insbesondere im metallverarbeitenden Sektor bemerkbar. Vielleicht ein erstes Zeichen für eine bescheidene Rückkehr zum Wachstum, so hofft die Zeitung.
Bild: belga