"Völlig verfahren", titelt De Morgen. "Spannungen in Budapest", so die Schlagzeile von De Standaard. Im Brennpunkt ist derzeit die ungarische Hauptstadt Budapest. Dort verweigern die Behörden den Flüchtlingen den Zugang zum Bahnhof. Die meisten Asylbewerber wollen eigentlich nach Deutschland weiterreisen. "Die Züge nach Westen sind voll", notiert dazu Het Laatste Nieuws. "Die Flüchtlingskrise wird mit jedem Tag schlimmer", schreibt auch Het Belang van Limburg.
"Solidarität kommt in Gang"
Die EU-Kommission will offensichtlich dem Chaos nicht mehr untätig zusehen. "Jean-Claude Juncker startet einen neuen Anlauf zur Einführung eines Verteilerschlüssels", berichtet De Standaard. Unter anderem wurde auch der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban für morgen nach Brüssel einbestellt; er soll wohl an die Grundprinzipien der EU erinnert werden.
"Von Brüssel bis in die Provinz: Die Solidarität kommt in Gang", so derweil die Aufmachergeschichte von L'Avenir. In Brüssel gibt es immer mehr Freiwillige, die den Menschen helfen, die vor dem Ausländeramt am Nordbahnhof Tag und Nacht ausharren. Nach Wochen der Untätigkeit reagieren jetzt auch die Behörden auf die längst untragbar gewordene Situation, wie unter anderem Le Soir berichtet. So wurde ein improvisiertes Zeltlager in unmittelbarer Nähe des Ausländeramtes eingerichtet. "Die Stadt Brüssel stellt Zelte und Toiletten zur Verfügung", notiert auch De Standaard. Und in Ottignies in der Provinz Wallonisch-Brabant hat eine Schule eine spezielle Klasse eingerichtet, um die Flüchtlingskinder bestmöglich zu betreuen.
"Grundprinzipien in die Tonne gekloppt"
Für Diskussionsstoff sorgt derweil weiter die Frage, wie man mit den Neuankömmlingen umgehen soll. Da hat man in den letzten Tagen doch gleich eine ganze Reihe von Entgleisungen beobachten können, urteilt L'Avenir. Nach Bart De Wever hat nun auch die OpenVLD-Vorsitzende Gwendolyn Rutten indirekt für ein soziales Sonderstatut für Flüchtlinge plädiert. Sie ist jedenfalls nicht damit einverstanden, dass man Asylanten von Beginn an Zugang zu allen Sozialleistungen gewährt. "Rutten flirtet mit den Grenzen des Liberalismus", analysiert De Morgen. Das Gleichheitsprinzip jedenfalls hat sie mal eben über Bord geworfen. "Es ist ideologisch undenkbar, dass eine liberale Partei die Beschneidung der sozialen Rechte von Flüchtlingen akzeptiert", sagt dazu ein Professor für politische Philosophie.
Hier wird gerade ein burleskes Theaterstück zum Besten gegeben, wettert Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Nach Bart De Wever kloppt jetzt sogar die liberale Frontfrau Gwendolyn Rutten die heiligen Prinzipien der Französischen Revolution in die Tonne. Man könnte meinen, dass sich die Politiker aus dem rechten Lager gerade gegenseitig überbieten wollen, wenn es um die Frage geht, wie man mit den Neuankömmlingen verfahren soll. Im Raum steht ja auch, dass Asylanten zu einem "Gemeinschaftsdienst" verpflichtet werden sollen. Ob die Integration dieser Menschen besser verläuft, wenn sie Blätter aufkehren, das sei aber dahingestellt.
Deutschland als Gegenmodell
Het Laatste Nieuws ist demgegenüber davon überzeugt, dass ein Gemeinschaftsdienst richtig und nützlich wär. Seien wir doch mal ehrlich: Diese Menschen sind im Moment staatenlos, obdachlos und in gewisser Weise auch nutzlos. Sie einfach nur in ein Asylbewerberheim zu stecken, muss für viele von ihnen unerträglich sein. Viele Flüchtlinge wären wohl die ersten, die darum bitten würden, sich nützlich machen zu können.
De Morgen findet all diese Diskussionen dennoch gefährlich. Belgien legt in dieser Frage im Moment einen Schleuderkurs an den Tag. Mit dem Resultat, dass die Flüchtlinge immer noch allzu häufig als Profiteure gebrandmarkt werden. Dass es auch anders geht, das beweist das Nachbarland Deutschland. Dort predigt selbst das stramm rechte Boulevardblatt "Bild" eine Willkommens-Kultur.
L'Avenir schlägt in die selbst Kerbe. Der hierzulande von zu vielen Politikern an den Tag gelegte Dilettantismus ist absolut schädlich. Die mehr oder weniger populistischen Vorstöße haben in den letzten Tagen das Chaos nur noch befeuert. Stattdessen sollten Politiker jetzt eine Lanze brechen für Solidarität, für Weltoffenheit. Was wir jedenfalls definitiv nicht brauchen, dass sind kindische Stammtischparolen und Kirchturmdenken.
Heißer Herbst
"Die Gegner der Regierung Michel blasen erneut zum Angriff", so die Aufmachergeschichte von La Libre Belgique. Unter anderem soll es am 7. Oktober eine neue Großkundgebung in Brüssel geben, bei der die Gewerkschaften gegen die Politik der Föderalregierung protestieren wollen.
Im Grunde sehen wir hier aber eine verkehrte Welt, analysiert La Libre in ihrem Leitartikel. Im Augenblick geht der Impuls nämlich eher von der Basis aus, die quasi ihre Verantwortlichen überzeugen muss. Die Gewerkschaftsbosse haben sich in den letzten Monaten eher mit sich selbst beschäftigt. Gleich wie es kommt, der Herbst dürfte heiß werden. Danach sollten sich aber alle Beteiligten besinnen und sich wieder an einen Tisch setzen.
Dutroux: Neue Spur?
"Der Vater von Eefje hat eine neue Spur in der Dutroux-Affäre", schreibt schließlich Het Belang van Limburg auf Seite eins. Eefje Lambrecks gehört ja zu den Opfern des verurteilten Kindermörders. Und ihr Vater, Jean Lambrecks, hat anscheinend eine Spur gefunden, der bislang noch nicht nachgegangen wurde. Hier geht es offenbar um ein Auto, das wiederholt an diversen Tatorten beobachtet wurde. Der Halter wurde aber nie ermittelt. Lambrecks hat jetzt bei der zuständigen Staatsanwaltschaft entsprechende Ermittlungen beantragt.
Roger Pint - Bild: Attila Kisbenedek (afp)