"In den Schulen muss jetzt jeder wieder seinen Platz finden", titelt La Libre Belgique. "Die heißen Dossiers des Schulanfangs", so die Schlagzeile von Le Soir. In dieser Woche beginnt in den Schulen wieder der Unterricht. Gerade im frankophonen Unterrichtswesen hat sich die zuständige Unterrichtsministerin Jöelle Milquet viel vorgenommen. Insbesondere will sie den so genannten "Exzellenzpakt" lancieren. Doch gibt es ein Thema, das Schüler und Eltern in allen Gemeinschaften wohl gleichermaßen beschäftigen dürfte: "Endspurt für Schulmaterial", so nämlich die Schlagzeile von La Dernière Heure.
In vielen flämischen Zeitungen stehen zunächst die heftigen Unwetter im Mittelpunkt, die insbesondere den Norden des Landes am Wochenende heimgesucht haben. "Extreme Gewitter - Sie waren nicht vorhergesagt und es gibt auch im Nachhinein keine Erklärung", schreibt etwa Het Laatste Nieuws. Das Blatt bringt die Eckdaten: "Windböen bis 150 km/h, 19.000 Blitze, 50 Liter Regen innerhalb einer Stunde. Die Unwetter haben stellenweise eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. "Es ist als wäre eine Bombe eingeschlagen", sagt ein Betroffener in De Standaard.
Psychose
Viele Zeitungen beschäftigen sich heute mit der Sicherheit in Zügen. Als Reaktion auf den vereitelten Anschlag auf den Thalys-Hochgeschwindigkeitszug waren am Samstag in Paris die zuständigen Minister aus neuen europäischen Staaten zusammengekommen. Dabei wurden strengere Kontrollen im Bahnverkehr vereinbart. Systematische Überprüfungen wie etwa an Flughäfen soll es aber nicht geben. Dem föderalen Innenminister Jan Jambon geht das aber nicht weit genug. "Jambon will nicht warten", schreibt etwa Le Soir. Demnach plant der N-VA-Politiker die Einführung eines so genannten PNR auf belgischem Boden. PNR, das steht für "Passenger Name Record", wie im Flugverkehr würden also die persönlichen Daten der Fahrgäste im Moment der Buchung erfasst und ausgewertet.
Le Soir warnt in diesem Zusammenhang vor einer Psychose. Im Grunde kann man schon jetzt von "Verfolgungswahn" sprechen, meint das Blatt. Am Freitag gab es einen Großeinsatz der Polizei im Bahnhof von Gembloux, nachdem eine offensichtlich verwirrte ältere Dame beobachtet hatte, wie ein "verdächtiger" junger Mann zur Toilette ging.
Deutschland als Vorbild
Für Het Laatste Nieuws ist Jan Jambon auf den Holzweg. Auch wenn man jetzt anfängt, systematische Kontrollen für Zugreisende einzuführen, wird man damit nicht jegliche Terrorgefahr ausschließen. Wenns nicht mehr im Zug ist, dann eben im Bahnhof. Und wenn nicht dort, dann eben auf dem Platz vor dem Bahnhof. Im Gegensatz zu den Belgiern und zu den Franzosen hat die deutsche Bundesregierung das offensichtlich verstanden. Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière gab offen zu Protokoll, dass seiner Ansicht nach solche Kontrollen sinnlos sind. Recht hat er, meint Het Laatste Nieuws. Es darf nicht sein, dass Misstrauen und Angst zu unserer zweiten Natur werden.
Ähnlich mutig stellt sich die deutsche Bundesregierung auch in der Flüchtlingskrise auf, wie De Morgen hervorhebt. Angela Merkel argumentiert allein aus der Sicht der Flüchtlinge. Trotz des Gekrächzes von Rechtsextremen bleibt sie bei ihrer Haltung, nämlich dass es eine moralische Pflicht ist, Menschen aus Kriegsgebieten zu helfen. In Belgien hört man dagegen von den konservativen und liberalen Parteien, dass man in dieser Frage Rechnung tragen muss mit der Zitat "rechtsextremen Unterströmung". Welch eine Bankrotterklärung.
Ohne sie ausdrücklich so zu nennen, bringt L'Avenir einige Rezepte gegen besagte "rechtsextremen Unterströmung". Bei diesem politischen Neustart nach der Sommerpause muss vor allem Solidarität im Mittelpunkt stehen, fordert das Blatt. Je mehr sozialschwache Bürger auf der Strecke bleiben, desto mehr werden mit Wut und damit auch Rassismus geschürt.
CD&V ab jetzt "auf Linie"
Apropos Sozialpolitik: Die CD&V will ab jetzt bedingungslos den Tax-Shift verteidigen, berichtet De Standaard auf Seite eins. Dies hat Parteichef Wouter Beke am Wochenende klar gemacht. In gewisser Weise ruft er damit seinen Parteifreund, den christdemokratischen Vizepremier Kris Peeters, zur Ordnung. Peeters hatte wiederholt Nachbesserungen an der Steuerreform verlangt. "Beke steuert gegen", so denn auch die Schlagzeile von De Standaard. Das wird auch langsam Zeit, meint das Blatt in seinem Leitartikel. Jetzt wird diese Seite also endlich umgeblättert. Die CD&V hat in den letzten Wochen nämlich ein ziemlich desaströses Bild abgegeben, das von einer Partei, die ihren Platz in der Regierung nicht findet. Das hätte man unmöglich noch vier Jahre durchhalten können.
Das Signal von Beke war überfällig, glaubt auch Het Nieuwsblad. Die Christdemokraten gingen am Ende nur noch als Unruhestifter durch. Auch parteiintern stand die Frage im Raum, warum sich die CD&V derartig vor den Karren ihres linken Flügels spannen ließ. Offen ist, in wieweit diese Episode das Verhältnis zwischen Beke und Peeters beeinflussen wird.
Bemerkenswerte Schlagzeile schließlich auf Seite eins von Het Belang van Limburg: "Die Mutter des Findelkindes hat sich gemeldet", schreibt das Blatt. In Sint-Truiden hatte ja ein Busfahrer vor knapp zwei Wochen ein Baby am Straßenrand gefunden. Das Kind konnte gerettet werden. Gegen die Mutter wird seither wegen versuchter Kindstötung ermittelt. Und trotzdem hat sie sich jetzt zu erkennen gegeben.
Roger Pint - Bild: Dirk Waem (belga)