"Brüsseler Börse verliert 15 Milliarden an einem Tag", titelt Het Nieuwsblad. "Blutrote Börsen wegen Panik um China", schreibt De Standaard. "Crash Ja, Krise Nein", heißt es auf Seite eins bei De Morgen. Weltweit erlebten die Börsen am Montag einen Schwarzen Montag. Ob Brüssel, Frankfurt, Tokio, Paris, Sydney oder New York. Alle verzeichneten am Montag erhebliche Verluste. Der belgische Aktienindex Bel20 verlor fünf Prozentpunkte. Allein in Belgien lösten sich am Montag über 14 Milliarden Euro in Luft auf. In ganz Europa waren es rund 400 Milliarden Euro. Das ins Stocken geratene Wachstum in China ist Grund für die panischen Reaktionen der Anleger. Als zweitgrößte Wirtschaft der Welt ist China Motor der gesamten Weltwirtschaft.
De Morgen sieht darin eine Rückkehr zur Vernunft: Es war der schlimmste Tag seit Beginn der Finanzkrise vor sieben Jahren. Seitdem war die Kurve stetig nach oben gegangen. Nicht die Korrektur ist ungesund, sondern die ungezügelten Kurssteigerungen vorher. Die börsennotierten Unternehmen konnten unmöglich die Gewinnerwartungen erfüllen. So etwas nennt man eine Seifenblase. Und Seifenblasen platzen immer. Die größte Gefahr ist, dass die Rückkehr zur Vernunft, so wie es am Montag aussah, zu plötzlich verläuft. Bei niedrigen Zinsen, niedrigen Preisen für Öl und Rohstoffe und einer geringen Inflation muss es möglich sein, ein gesundes Wirtschaftswachstum in Gang zu bringen. Vor diesem Moment der Wahrheit stehen wir jetzt, meint De Morgen.
China vor Test seiner Glaubwürdigkeit
La Libre Belgique meint: Seit einigen Wochen schon scheint China zur potentiellen Gefahr für die Weltwirtschaft geworden zu sein. Neben dem verlangsamten Wirtschaftswachstum sind es aber vor allem Zweifel an der Zuverlässigkeit seiner Statistiken, die das Vertrauen der Anleger untergraben. Peking ist nicht gerade bekannt für Transparenz. Die Zweifel bestehen auch - und das ist noch viel schlimmer - gegenüber der chinesischen Regierung und ihrer Fähigkeit, das chinesische Modell ins Gleichgewicht hat zu bringen. Weg von einer Exportorientierung, hin zu einem langsamen aber nachhaltigeren Wachstum und stärkeren Binnenkonsum. Die Abwertung des Yuan empfanden viele als Flucht nach vorne. Mit der Börsenkrise steht China vor einem Test seiner internationalen Glaubwürdigkeit, glaubt La Libre Belgique.
Verhalten der Anleger nicht rational
Für die Wirtschaftszeitung L'Écho ist Panik ein schlechter Berater. Das Verhalten der Anleger am Montag hatte nichts Rationales. Die Gewinne der Unternehmen, in die sie investiert haben, werden wohl nicht von heute auf morgen wie Schnee in der Sonne schmelzen. In solchen Marktkorrekturphasen ist das Anlegerprofil entscheidend. Für diejenigen, die ihre Aktien seit Jahren halten, ist es verständlich, dass sie nach der starken Hausse der letzten Jahre ihre Aktien jetzt gewinnbringend loswerden wollen. Für diejenigen, die erst seit kurzem dabei sind, ist die Situation delikater. Die Zeitung fragt, ob es nicht am Ende doch besser ist, die Aktien zu halten. Nach dem Crash 2008 haben diejenigen mit breitgespreiztem Portfolio von den sich erholenden Märkten profitiert. Der aktuelle Rückgang beeinträchtigt ihre Gewinne langfristig gar nicht. Wer ein weiteres Argument für langfristige Investitionen braucht, der soll sich die Entwicklung des Bel20 über die letzten zehn oder 20 Jahre anschauen, rät die Wirtschaftszeitung L'Écho.
EU-Kommission pfeift Michel zurück
Het Laatste Nieuws kommentiert das Nein der EU-Kommission zu einer Anpassung des Schengener Abkommens. Premierminister Michel hatte nach dem gescheiterten Attentat auf den Thalys-Zug gefordert, die Regeln zum freien Personenverkehr innerhalb des Schengen-Raums abzuändern. Dazu meint die Zeitung: Niemand wäre erstaunt, wenn der Vlaams Belang Freiheiten für eine illusorische Sicherheit hätte einschränken wollen. Erschreckender ist, mit welcher Leichtigkeit ein liberaler Premier Charles Michel diese Freiheiten in Frage stellt. Wenn selbst beim Ersten Minister dieses Landes die Angst so schnell überhand nimmt, dann wie sieht es dann bei den Wählern aus, die am liebstem eine vier Meter hohe Mauer um unser Land bauen wollen. Die EU-Kommission, die nicht mal halb so liberal wie unsere Föderalregierung behauptet zu sein, pfiff Michel am Montag prompt zurück. Zu recht. Über Schengen wird nicht verhandelt. Entweder hält die EU ihre inneren Grenzen offen oder sie schließt sie. Dann sollte sie sich aber besser gleich auflösen. Vielleicht kommen wir zu dem Schluss, dass Nichts-Tun das Beste ist, was wir nach dem vereitelten Thalys-Anschlag tun können. Vielleicht ist das besser als irgendwas zu tun, meint Het Laatste Nieuws in seinem Kommentar.
Le Soir meint zum selben Thema: Europa ist ein zerbrechliches Konzept. Weit davon entfernt, perfekt zu sein. Was es braucht, ist Ruhe und Vernunft, um seine Philosophie und Wirksamkeit zu bewahren. Man weiß, wie eng der Spielraum für die demokratischen Regierungen ist. Auf der einen Seite müssen sie die Sicherheit ihrer Bürger garantieren. Auf der anderen Seite haben sie mit immer stärker werdenden rechtsextremen Parteien zu kämpfen. Nach Ansicht der Kommission seien die Werkzeuge des Schengen-Abkommens ausreichend, um die Sicherheit zu garantieren. Sie rät den Mitgliedsstaaten, sie anzuwenden. Dieser Ratschlag der Kommission soll die Leitlinie bleiben. Keine übereilten Schlüsse, keine impulsiven Reaktionen. Die Zeiten sind schwierig. Und die Politik bleibt das Brückengeländer bürgerlicher Vernunft.
Volker Krings - Bild: Yoshikazu Tsuno (afp)