La Derniere Heure schreibt: Natürlich kann man über die Wahlpflicht diskutieren. Sowohl ihre Anhänger als auch ihre Kritiker haben gute Argumente. Doch das Wichtigste ist, dass die Stimme des Volkes die Basis der Demokratie ist. Die Wahl ist nicht immer einfach. Die meisten belgischen Bürger werden auf den Listen nicht die Kandidaten finden, von denen sie träumen. Der Enttäuschung folgen dann die Mutlosigkeit und der Wahlboykott.
Het Laatste Nieuws meint: Wenn die gemäßigten Bürger nicht mehr wählen, liefern sie sich selbst und die Bevölkerung Extremisten, Clowns und Gesindel aus. Man muss nachdenken, was an unserem politischen System falsch ist. Politische Reformen an der Basis der Demokratie sind wichtiger als Reformen zwischen den Gemeinschaften. Man müsste die Wahlpflicht abschaffen. Belgien wird auf föderaler Ebene von Politikern geleitet, die nur in einer Hälfte des Landes gewählt wurden. Ein Premierminister hat nur in der Hälfte des Landes eine legitime Basis. Ein beschränkter nationaler Wahlbezirk wäre eine Lösung. Schließlich gibt es in Belgien zu oft Neuwahlen.
Het Belang van Limburg bemerkt: In Europa gibt es nur noch drei Länder mit Wahlpflicht - Belgien, Luxemburg und Griechenland. Man kann doch wirklich nicht behaupten, dass alle anderen Länder keine Demokratien sind. Die Bürger müssen selbst entscheiden, ob sie wählen oder nicht. Wer sich nicht für Politik interessiert und nicht einmal den Namen des letzten Premierministers kennt, kann ruhig zuhause bleiben. Für die anderen hingegen ist es interessant, zu wählen.
Politiker müssen kompromissbereit sein
De Tijd notiert: Der Immobilismus der letzten Jahre hat das anti-politische Gefühl in der belgischen Gesellschaft noch verstärkt. Vor einigen Jahren gingen die Proteststimmen zu Parteien wie Vlaams Belang oder Liste Dedecker. Doch sie haben ihre Anziehungskraft verloren. Jetzt ist man einen Schritt weiter. Weshalb sollte man noch wählen, wenn sich doch nichts ändert, hört man immer mehr. Dass in Belgien nichts mehr geht, liegt auch daran, dass die Politiker nicht mehr fähig sind, Kompromisse zu schließen, die unsere Demokratie braucht. Das ist vor allem auf die politische Fragmentierung zurückzuführen.
De Morgen behauptet: Je radikaler man stimmt, desto weniger ändert sich. Wenn man den Eindruck hat, dass eine Minderheit der Mehrheit ihren Willen aufzwingen kann, bleibt das Land blockiert. Wenn die Bürger nicht wählen, nimmt das Gewicht der Radikalen weiter zu, und das Gewicht der Menschen, die Lösungen und Kompromisse anstreben, verringert sich. Wer nicht wählen will, in der Hoffnung, dass sich damit etwas ändert, irrt sich und gibt der Anti-Politik seine Stimme.
Die Parteien haben Angst
Gazet van Antwerpen stellt fest: Die traditionellen politischen Parteien haben Angst und fürchten, dass die Wähler massiv ihre Stimme nicht abgeben. Das kann die Parteien auch viel Geld kosten und wäre eine nicht zu unterschätzende öffentliche Zurechtweisung für die Politiker.
La Libre Belgique übt Kritik an der Wahlkampagne. Man verspricht Unmögliches und lässt die Wähler allein. Man macht die Jagd auf Stimmen und setzt danach Ersatzkandidaten in den Sessel. Man kann sich nur wünschen, dass der Wahlkampf die Bürger informiert und Antwort auf die echten Fragen gibt. Nur so fühlen sich die Bürger angesprochen und wählen mit klarem Verstand.
Was kommt nach den Wahlen?
Het Nieuwsblad sieht eine Entwicklung bei den frankophonen Parteien. Die PS hat zum ersten Mal seit 40 Jahren eine echte Chance, dass ihr Vorsitzender Di Rupo Premierminister wird. Die Frage ist, ob die Frankophonen einen Premierminister wollen und nicht befürchten, dass man ihnen dafür zu große Zugeständnisse abverlangt. Auch für die Flamen ist eine solche Entwicklung nicht selbstverständlich, denn der Traum von Di Rupo - der Olivenbaum mit Christdemokraten und Grünen - hätte in Flandern keine Mehrheit.
De Standaard erklärt: Wenn die flämischen und frankophonen Politiker tatsächlich nach den Wahlen ein Abkommen aushandeln wollen, ist jetzt der richtige Augenblick, um diskrete Kontakte zu legen. Nach den Wahlen ist es dafür zu spät. Solche Kontakte könnten auch den verdrossenen Wählern ein wenig Vertrauen geben. Doch sie müssen unauffällig bleiben, wenn sie nicht misslingen sollen.