"Die Asylkrise gerät in ganz Europa außer Kontrolle", titelt alarmierend De Standaard. "Auf Kos ist den Behörden die Situation entglitten", so die Schlagzeile von L'Echo. "Kleine Insel, großes Chaos", schreibt De Morgen auf Seite eins.
Der Flüchtlingsdruck wird mit jedem Tag größer. In ganz Europa gibt es einen Riesenansturm von Menschen, die sich vor der Gewalt in ihrer Heimat in Sicherheit bringen wollen. Im Brennpunkt stehen insbesondere die griechischen Inseln in unmittelbarer Nähe der türkischen Grenze. Auf Kos etwa herrscht das nackte Chaos. Auf vielen Titelseiten sieht man unglaubliche Menschenmengen, die sich zum örtlichen Stadion in Kos drängen, um sich dort registrieren zu lassen. Um die Menschenflut in Bahnen zu lenken, griffen die Ordnungskräfte zu zum Teil drastischen Mitteln. "Weggejagt mit Feuerlöschern!", schreibt Het Nieuwsblad auf Seite eins. "Inzwischen ist die Gefahr gegeben, dass es bald zu Blutvergießen kommt, warnt der Bürgermeister von Kos in De Standaard.
Diese Krise ist genauso absurd wie erschütternd, empört sich De Standaard in seinem Leitartikel. Die Griechen mit ihrem nur bedingt funktionierenden Staatsapparat sind überfordert. Und die übrigen EU-Staaten lassen sie im Regen stehen und gucken Löcher in die Luft. Alle haben Angst vor der migrationsfeindlichen Stimmung innerhalb ihrer Bevölkerungen. Nur deshalb ist Europa im Augenblick gelähmt.
Müssen sich Flüchtlinge Mitleid erst verdienen?
Het Laatste Nieuws stellt zwei Fotos in den Mittelpunkt seines Leitartikels, die beide jeweils einen Aspekt der Flüchtlingsproblematik illustrieren. Auf der einen Seite: der vierjährige Mohammed, der sichtbar schwer verletzt von seinen Eltern in einer bloßen Reisetasche transportiert wurde. Auf der anderen Seite: eine Gruppe syrischer Jugendlicher, die an einem griechischen Strand anlanden und sich dabei mit einem modernen Smartphone filmen. Muss man sich das Mitleid erst verdienen?, fragt sich das Blatt. Sind diese jungen Männer weniger glaubwürdig, nur weil sie ein Smartphone haben? Müssen sie erst noch beweisen, dass sie hilfsbedürftig sind? Davon abgesehen: Wir wären gut beraten, geraden diesen jungen Männern eine Chance zu geben. Denn früher oder später brauchen wir ihre Arbeitskraft sowieso. Das ist keine Überzeugung, das ist eine Feststellung.
Unangenehme Steuer-Überraschungen für die Regierung
Innenpolitisch geht es mal wieder um das Thema Steuern. "Der Haushaltsplan ist durch magere Steuereinnahmen bedroht", so die Aufmachergeschichte von L'Echo. Anscheinend ist es so, dass die Unternehmen weniger Steuervorauszahlungen abgeführt haben, als erwartet. Und dadurch ist ein Loch entstanden mit einem Gesamtvolumen von 1,2 Milliarden Euro, wie L'Echo vorrechnet.
Und: "Im Tax-Shift klafft auch ein Loch von 82 Millionen Euro", titelt Het Laatste Nieuws. "Die Steuerreform der Regierung sorgt also mal wieder für eine unangenehme Überraschung", fügt die Zeitung hinzu. Demnach ist es so, dass die geplanten Einsparungen die Neuausgaben nicht abdecken; die Differenz beläuft sich auf besagte 82 Millionen. Finanzminister Van Overtveldt spricht seinerseits aber nur von einem "unwesentlichen Unterschied".
Rituelle Schlachtungen: Entgleisungen und Populismus
Für Aufregung sorgt in Flandern aber weiter das angestrebte Verbot von rituellen Schlachtungen. Ben Weyts, N-VA-Politiker und flämischer Tierschutzminister, will das Schlachten ohne Betäubung generell verbieten lassen, also auch in anerkannten Schlachthöfen. Der Vorstoß sorgte für einen Sturm der Entrüstung zunächst bei muslimischen Vereinigungen. Später meldete sich auch die jüdische Glaubensgemeinschaft zu Wort, und zwar mit einem drastischen Vergleich: "Der letzte, der den Juden rituelle Schlachtungen verboten hat, der hieß Adolf Hitler".
Was hat sich der Sprecher der jüdischen Gemeinschaft wohl dabei gedacht?, fragt sich Gazet van Antwerpen in ihrem Leitartikel. Was soll eine solches Statement? Zumal es mit Sicherheit wohldurchdacht und eindeutig suggestiv ist. Es haben sich andere schon für viel weniger entschuldigen müssen.
Die Diskussion ist jedenfalls vergiftet, stellt auch Le Soir fest. Der Punkt ist aber: Das war von Anfang an so. Angefangen beim Timing: Man kann eine solche Debatte doch nicht weniger als einen Monat vor dem islamischen Opferfest lostreten. Jetzt bleibt zu wenig Zeit, um nach praktikablen Alternativen zu suchen. Der N-VA-Politiker Ben Weyts will hier offensichtlich Ressentiments bedienen, um um die Wähler des rechtsextremen Vlaams Belang zu werben. Hat man wirklich nichts kapiert? Hier wird nur unnötig Öl ins Feuer gegossen.
Het Belang van Limburg verweist seinerseits auf die politischen Spielregeln. Respekt ist eine Frage von Gegenseitigkeit. Insbesondere die 48 Moslemorganisationen, die gegen das Verbot geklagt haben, müssen demokratisch getroffene Entscheidungen respektieren. Insofern kann man nur hoffen, dass sich am Ende wirklich die Justiz über die Sache ausspricht. Ein gleich wie geartetes Urteil muss dann von allen Seiten akzeptiert werden.
De Morgen ist hingegen kategorisch: Hier geht es nicht um Religion, hier geht es um das Wohl er Tiere. Kein Argument der Welt kann Schlachten ohne Betäubung legitimieren. Schlimm ist allerdings, dass rund um diese Angelegenheit so eine islamophobe Stimmung entstanden ist. Minister Weyts ist daran nicht unschuldig. Sagen wir mal so: Es wäre schön, wenn er auch in anderen Bereichen des Tierschutzes, in denen es wenig Beifall aus der islamkritischen Ecke gibt, ein solches Engagement an den Tag legen würde.
Kinder verätzt - Drogenlabor-Abfälle im Wald bei Genk?
Einige flämische Zeitungen machen mit einer ziemlich spektakulären Geschichte auf: "Ätzendes Produkt in einer Pfütze verletzt drei Kinder", titelt Gazet van Antwerpen. "Drei Kinder und ein Betreuer durch Chemieabfall verbrannt", schreibt auch Het Belang van Limburg. Die Gruppe war auf dem Fahrrad unterwegs, und zwar in einem Waldstück in der Nähe von Genk. Als sie eine Pfütze durchquerten, erlitten sich durch hochspritzende Flüssigkeit Verätzungen. Het Nieuwsblad hat eine Theorie: "Kinder schwer verbrannt durch weggeschmissenen Drogenabfall", schreibt das Blatt. Demnach habe ein geheimes Drogenlabor in dem Wald seinen Chemie-Müll abgekippt.
Roger Pint - Bild: Angelos Tzortzinis (afp)