"Der Wiederaufschwung drückt die Arbeitslosenzahlen nach unten", titelt Le Soir. "Arbeitslosigkeit in der Wallonie wieder auf Vor-Krisenstand", schreibt L'Echo auf Seite eins. Offensichtlich zieht die Konjunktur nun doch wieder an. Vor allem in Brüssel ist der zaghafte Aufschwung spürbar. Die Zahl der Arbeitslosen ging innerhalb eines Jahres um fast neun Prozent zurück. In der Wallonie war die Arbeitslosenquote im Juli zuletzt 2002 so niedrig wie jetzt.
L'Echo hebt da aber eine bedenkliche Tatsache hervor: Fast die Hälfte der Arbeitslosen in der Wallonie hat sie Sekundarschule nicht erfolgreich abgeschlossen. Das sind immerhin 120.000 Menschen. Hier hat eine ganze Gesellschaft versagt, wettert die Wirtschaftszeitung in ihrem Leitartikel. Diese 120.000 Niedrigqualifizierten sind nicht das Opfer irgendeiner Wirtschaftskrise, sondern des frankophonen Unterrichtswesens. Das Scheitern ist kollektiv: Versagt haben nicht nur Politiker, auch Lehrer und Eltern tragen eine Mitschuld. Wenn die Wallonie endlich wieder wirtschaftlich Oberwasser bekommen will, dann muss sie schnellstens ihr Schulsystem auf Vordermann bringen. Was nutzen Milliarden-Zuschüsse, um neue Unternehmen zu fördern, wenn es keine qualifizierten Arbeitskräfte für sie gibt?
Mehr Plätze für Flüchtlinge - aber das reicht nicht
Viele Zeitungen beschäftigen sich aber auch mit der Reaktion der Regierung auf den neuerlichen Ansturm von Flüchtlingen. Nach einem Beschluss der Regierung sollen insgesamt knapp 2.800 zusätzliche Plätze in Auffangstrukturen geschaffen werden. "Einige der betroffenen Gemeinden sind unzufrieden", notiert dazu Le Soir auf Seite eins. Die Stadt Tournai etwa wird bis zu 800 Asylbewerber aufnehmen müssen. Der diensttuende Bürgermeister der Stadt beklagt die Aufteilung der Flüchtlinge. In diesem Land gebe es 589 Gemeinden - wenn jede davon vier Asylbewerber aufnehmen würde, dann würde man auch eine gewisse Ghettoisierung vermeiden.
Genau da hakt Gazet van Antwerpen in ihrem Leitartikel ein. Hunderte neue Plätze in Asylbewerberheimen zu schaffen, das ist zwar lobenswert, kann aber nur der Anfang sein. Jetzt muss man schnellstens über die nächsten Schritte nachdenken. Diese Menschen brauchen eine Perspektive. Ein bloßer Einbürgerungskurs reicht da jedenfalls nicht aus. Viele der Flüchtlinge von heute sind vielleicht die Bürger von Morgen. Diese Menschen brauchen nicht nur ein Dach über dem Kopf, hier bedarf es einer wirklichen Integrationspolitik.
N-VA-Staatssekretär für Asyl unter Beschuss
De Morgen bescheinigt in diesem Zusammenhang dem zuständigen Asyl-Staatssekretär, Theo Francken, eine zwiespältige Haltung. "Zu schnell, zu hart, zu sanft? Nie gut", so die Diagnose der Zeitung. Illustriert werden diese Sätze mit entsprechenden Fotos des N-VA-Politikers. Im Grunde begleicht De Morgen hier eine Rechnung. Gestern hatte die Zeitung nach einem neuen Drama im Mittelmeer eine betroffene Schlagzeile gebracht: "Reicht es jetzt langsam?", fragte das Blatt. Theo Francken hatte die Überschrift auf Twitter sinngemäß "billig-pathetisch" genannt.
Dieser Vorwurf reiht sich ein in eine ganze Serie von kontroversen Aussagen des Asyl-Staatssekretärs, meint De Morgen in seinem Leitartikel. Zwar ruderte Francken später zurück, doch macht er mit seinen manchmal deplatzierten Äußerungen eine wirklich sachliche Debatte über die Flüchtlingsproblematik und die Migrationspolitik insgesamt schwierig bis unmöglich.
Theo Francken sollte doch eigentlich wissen, dass er unter ständiger Beobachtung steht, meint Le Soir. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit hatte ihn die Opposition mit einigen seiner früheren Aussagen konfrontiert und am Ende gar den Kopf des Staatssekretärs gefordert. Und eigentlich hat sich der N-VA-Politiker seitdem zurückgehalten. Mit einer Ausnahme allerdings: Auf Twitter ist der Mann wie entfesselt und haut eine Stammtischparole nach der anderen heraus. Diese digitale Spontaneität kann ihn auf Dauer teuer zu stehen kommen.
Leichen im Tax-Shift-Keller
Het Laatste Nieuws kommt in einem ausgiebigen Kommentar noch einmal auf den Tax-Shift zurück. Eigentlich nur, um festzustellen, dass besagte Steuerreform der Regierung auch zwei Wochen nach ihrer Verabschiedung immer noch für Diskussionsstoff sorgt. Das hat seinen Grund, analysiert das Blatt. Die Regierung hat uns vor zwei Wochen allenfalls die halbe Wahrheit gesagt. Jeden Tag werden neue Leichen im Keller gefunden. Das lässt nur eine Schlussfolgerung zu. Dieser Tax-Shift ist im Wesentlichen improvisiertes Stückwerk. Das muss besser werden!
Unter den Augen der Sicherheitsbeamten beraubt
"Diebesbande auf der Lauer am Sicherheitscheck", so die Aufmachergeschichte von Het Laatste Nieuws. Die Polizei ist einer ziemlich dreisten Bande auf die Schliche gekommen. Die Diebe konzentrierten sich auf die Metalldetektoren am Flughafen Zaventem. Dort muss ja alles auf ein Laufband gelegt werden, unter anderem auch Handys und Portemonnaies. Und irgendwie haben es die Täter geschafft, da eben Dinge verschwinden zu lassen. Die Bande reist anscheinend von Flughafen zu Flughafen. Im Moment fehlt von den Tätern jede Spur.
Zivilisten bei belgischen Bombardements getötet?
"Haben die belgischen F-16-Kampfflugzeuge auch Zivilisten getötet?", fragt sich schließlich De Morgen auf Seite eins. Zu diesem Schluss kommt jedenfalls die Expertengruppe "Airwars.org". Die Belgier hatten sich ja in den letzten Monaten an der internationalen Koalition gegen die Terrorgruppe IS beteiligt und dabei Kampfeinsätze im Irak geflogen. Airwars.org zufolge sollen bei Bombardements durch belgische F-16 über 200 Zivilisten ums Leben gekommen sein. Laut Verteidigungsminister Steven Vandeput gebe es dafür aber keinen Beweis.
Roger Pint - Bild: Jonas Hamers/BELGA