"Johan Vande Lanotte kehrt der nationalen Politik den Rücken", titelt De Standaard. Im Gespräch mit der Zeitung erklärt der flämische Sozialist, dass 28 Jahre an vorderster Front genug sind. Spätestens im kommenden Jahr will der 60-Jährige seinen Platz in der Kammer für einen Jüngeren räumen. Das Schöffen-Amt in seiner Heimatstadt Ostende will er allerdings behalten. In dem Interview erklärt Vande Lanotte, stolz auf das zu sein, was er während seiner politischen Laufbahn erreicht hat. Belgien sei eins der wenigen Länder, in denen Armut und soziale Ungerechtigkeit trotz der Wirtschaftskrise nicht zugenommen hätten. Das sei das größte Verdienst der Sozialisten. Dem neuen Parteivorsitzenden der SP.A, John Crombez, will Vande Lanotte nicht die nervige Schwiegermutter sein: "Ich halte nichts von alten Säcken, die jungen Leuten ständig dazwischen funken", erklärt der Politiker in De Standaard.
Tax-Shift-Nachwehen
"Misstrauen unter Vize-Premierministern", titelt Het Laatste Nieuws. Nach dem Tax-Shift machen sich die flämischen Mehrheitsparteien im föderalen Kabinett, sprich CD&V, OpenVLD und N-VA, gegenseitig Vorwürfe. Vor allem die Christdemokraten fühlen sich von ihren Koalitionspartnern im Stich gelassen. Wie De Morgen berichtet, sorgt das sogar innerhalb der CD&V für Streit. Der linke Parteiflügel probt den Aufstand: "Wenn das so weitergeht, sollten wir lieber aus der Regierung austreten", wird eine Abgeordnete der Partei zitiert. Sie ist sauer, weil durch die Steuerverschiebung Vermögende kaum stärker zur Kasse gebeten werden - obwohl die CD&V genau das gefordert hatte.
De Morgen meint: Der Schwarze Peter ist bei den Christdemokraten, sie stehen als Verlierer da. Die Tax-Shift-Bilanz könnte aber auch anders ausfallen: Viele haben den Eindruck, dass nicht die CD&V, sondern ihr eigener Geldbeutel der große Verlierer ist. Den 32 Prozent der flämischen Wähler, die die N-VA im vergangenen Jahr zur Volkspartei gemacht haben, wird das sicher sauer aufstoßen, so das Blatt.
Laut Le Soir machen Ärzte immer weniger Hausbesuche. In den letzten zehn Jahren gab es einen Rückgang von 25 Prozent. Der Grund: Hausärzte haben immer mehr zu tun. Allein im vergangenen Jahr haben sie über 33 Millionen Behandlungen in ihren eigenen Praxen durchgeführt. Gleichzeitig suchen die Belgier immer häufiger die Notaufnahmen auf: Hier wurde ein Plus von 40 Prozent verzeichnet, dadurch stoßen viele Krankenhäuser an ihre Grenzen.
Asyl-Anträge auf Rekordniveau
"So viele Asyl-Anträge wie seit 14 Jahren nicht mehr", berichtet Het Laatste Nieuws. Im Juli haben fast 3.000 Flüchtlinge einen Antrag auf Bleiberecht in Belgien gestellt. 90 Prozent der Auffangzentren sind derzeit voll. Von einer neuen Asyl-Krise kann derzeit noch nicht die Rede sein, erklärt Staatssekretär Theo Francken. Reiße der Flüchtlingsstrom jedoch nicht ab, werde man Militärkasernen als Notunterkünfte bereitstellen müssen. Het Nieuwsblad berichtet über die aussichtslose Lage vieler Flüchtlinge im nordfranzösischen Calais. Mit allen Mitteln versuchen sie, die Absperrungen zu durchbrechen, um nach Großbritannien zu gelangen. Die Situation in der Küstenstadt ist so chaotisch, dass alle inzwischen vom "Dschungel" sprechen. Eine menschliche Tragödie und eine humanitäre Katastrophe: Europa zeigt sich dort von einer ganz hässlichen Seite, meint die Zeitung.
Olympia 2022 in Peking
"Peking schreibt Geschichte", bemerkt De Standaard. Als erste überhaupt wird die chinesische Hauptstadt Austragungsort von Olympischen Sommer- und Winterspielen. Peking hat am Freitag den Zuschlag für Olympia 2022 bekommen. Nach Regen auf Kommando werden die Chinesen jetzt wohl Schnee auf Kommando vom Himmel fallen lassen müssen, meint das Blatt. La Libre Belgique kann sich überhaupt nicht über die Vergabe des Wettbewerbs ins Reich der Mitte freuen. Olympia wird also in einem Land stattfinden, in dem Nobelpreisträger eingesperrt werden und man es mit den Menschenrechten nicht so genau nimmt. Wobei: Einziger Konkurrent Pekings war am Ende eine Stadt in Kasachstan. Das ist wie die Wahl zwischen Pest und Cholera, so die Zeitung. Ohnehin wird es in Zukunft aufgrund des Gigantismus nur noch für autoritäre Länder möglich sein, die ihrer Bevölkerung keinerlei Rechenschaft schuldig sind, solche Veranstaltungen auszurichten.
Sommerporträt, Ferienziele und Hobbys
Le Soir bringt in seiner Sommerporträt-Reihe ein Interview mit Marie-Hélène Ska, der Generalsekretärin der christlichen Gewerkschaft. Die Mittvierzigerin wird als starke Frau gesehen, die für ihre Werte und Überzeugungen eintritt. Auch wenn ihre Ideen inhaltlich an die der Sozialisten erinnern, in die PS würde sie niemals eintreten, sagt Ska: "In Charleroi und anderswo habe ich gesehen, wozu Sozialisten an der Macht fähig sind." Hat sich die PS denn nicht verändert?, will die Zeitung wissen. Die unverblümte Antwort: Daran glaube sie keine Sekunde.
Het Nieuwsblad verrät, wohin die belgischen Politiker in die Ferien fahren. Abgesehen von Kris Peeters und Gwendolyn Rutten, die Urlaub auf Balkonien machen, zieht es Bart De Wever und Jan Jambon in die Toskana, Maggie De Block nach Südfrankreich, Hilde Crevits nach Deutschland, Johan Van Overtveldt in die französischen Alpen und Premierminister Charles Michel in die Provence.
Apropos Michel: In L'Echo ist der Regierungschef am Samstag auf seinem Motorrad zu sehen - sein liebstes Hobby, zu dem er nach eigener Aussage aber kaum noch kommt. Er verrät den Lesern, dass er sonst jede freie Minute im Garten verbringt, und zwar vor dem Grill.
Alain Kniebs - Bild: David Stockman (belga)