"Krieg der Bauern", titelt De Morgen. "Machtdemonstration mit Traktoren", schreibt Le Soir auf seiner Titelseite. "Brennende Reifen - Landwirte machen ihrer Wut Luft", so die Schlagzeile von La Dernière Heure.
Im ganzen Land sind die Bauern auf die Straße gegangen und haben Autobahnen blockiert, die Zugänge zu Logistikzentren von Supermarktketten versperrt sowie teilweise sogar Milch auslaufen lassen, wie Het Nieuwsblad auf Seite eins zeigt. Die extrem niedrigen Preise, die sie für ihre Milch erhalten, haben die Bauern auf die Barrikaden getrieben. Innerhalb von nur einem Jahr sind die Ertragspreise um ein Viertel gesunken, so Gazet van Antwerpen. Damit können die Milchbauern nicht mehr kostendeckend produzieren. Jeder dritte Betrieb steht kurz vor der Pleite, erklärt ein Vertreter des Bauernbundes.
Le Soir geht auf den wohl heftigsten Protest des gestrigen Tages ein, den vor der Molkerei Corman im ostbelgischen Goé. "Wir haben nichts mehr zu verlieren", klagt ein verzweifelter Landwirt. Die Firma steht in der Kritik, weil sie - wie viele andere Molkereien - Milchpulver aus so weit entfernten Ländern wie Neuseeland verarbeitet und den Milchbauern der Region nur Spottpreise zahlt. Auch in der Kritik: die Supermarktketten. Die belgischen Handelsverbände weisen die Vorwürfe aber zurück. Nur 15 Prozent der belgischen Milch würden im Land selbst verkauft, der Rest sei für den Export bestimmt. Der Einfluss der Supermärkte hierzulande auf die Preisgestaltung sei daher nur begrenzt.
Ein globales und strukturelles Problem
Le Soir meint: Bedenkt man, dass durch die russischen Einfuhrverbote für EU-Agrarprodukte ohnehin mehr Milch auf dem Markt ist, wird schnell klar, dass es sich bei der jetzigen Krise um ein globales und strukturelles Problem handelt. Es ist ebenfalls die Krise eines bestimmten Europas und seiner Mitgliedsstaaten, die voll auf die Karte der Liberalisierung der Märkte gesetzt haben. Das Wirtschaftsblatt L'Echo geht einen Schritt weiter und fordert die Rückkehr zur Milchquote. Indem die Europäische Union die Mengenregulierung zum 1. April dieses Jahres abgeschafft hat, hat sie der Überproduktion Tür und Tor geöffnet. Zu glauben, dass ein liberalisierter Markt auch für die Milch funktionieren würde, war ein großer Irrtum, ist die Zeitung überzeugt.
Auf den ersten Blick sind niedrige Milchpreise für uns Verbraucher positiv. Langfristig aber sind sie eine Gefahr, meint Het Belang van Limburg. Die ruinöse Preispolitik bedroht die Bauern in ihrer Existenz. Und ohne einheimische Bauern wären wir ausländischen Lebensmittelkonzernen komplett ausgeliefert. Qualität kann so nicht garantiert werden. Außerdem wäre die Versorgungssicherheit, beispielsweise durch internationale Krisen, gefährdet. Auch deshalb brauchen wir unsere belgischen Bauern, fordert das Blatt.
Es darf nicht nur um den günstigsten Preis gehen
Das Kilo Spargel für 2,99 Euro, das Kilo Hackfleisch zu 4,49 Euro und am liebsten noch ein Pfund gratis obendrauf - die Billigpreise bekommen vor allem die Landwirte zu spüren. Sie sind das schwächste Glied in der Kette, meint De Morgen. Sie sind es, die die größten Risiken tragen, von der schlechten Ernte bis hin zum russischen Embargo. Die Zeitung fordert die Industrie auf, verantwortungsvoller mit den Bauern zusammenzuarbeiten. Der Staat muss marktregulierend eingreifen. Denn bei Lebensmitteln sollte es nicht nur um den günstigsten Preis gehen, sondern sollten auch Ethik und Moral eine Rolle spielen.
Auch wir Verbraucher müssen uns an die eigene Nase fassen, findet L'Avenir. Denn wir sind es, die lieber zur Billigmilch aus dem europäischen Ausland greifen und lieber zu Industriefleisch als zu lokalen Erzeugnissen. Die Globalisierung ist aber nicht allein schuld, auch die Bauern haben Fehler gemacht. Solange es die Milchquote gab, haben sie notwendige Reformen nicht unternommen. Ein Experte erläutert in Het Nieuwsblad: Die Landwirte haben jahrelang geschlafen und machen sich vor allem gegenseitig Konkurrenz.
Weniger Frührentner, ungleiche Lebenserwartungen
Die Anzahl Frührentner ist innerhalb eines Jahres um mehr als fünf Prozent zurückgegangen, meldet L'Echo. Insgesamt kommen belgienweit etwas mehr als 100.000 Menschen in den Genuss von Frühpensionsregelungen. Das sind 10.000 weniger als noch vor zehn Jahren. Die Regierungen Di Rupo und Michel haben den Zugang zur Frührente deutlich erschwert.
"Lebenserwartung abhängig vom Wohnort", titelt Het Laatste Nieuws. In Sint-Martens-Latem bei Gent werden die Einwohner durchschnittlich 84 Jahre alt. In Dour bei Mons sind es nur 76 Jahre. Den großen Unterschied erklären Forscher der Universitäten Brüssel und Löwen durch die Berufe der Menschen, ihre Essgewohnheiten und den Zugang zum Gesundheitssystem.
Alain Kniebs - Bild: Sophie Kip (belga)