"Die Mehrheit streitet über den Index", titelt Le Soir. "Also doch noch 'Jobs, Jobs, Jobs'?", so die Schlagzeile von De Morgen. Der Tax-Shift sorgt trotz politischer Sommerpause immer noch für Diskussionsstoff, genauer gesagt sind es die Auswirkungen der von der Regierung beschlossenen Steuerreform.
Unter anderem sieht der Tax-Shift ja eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Strom von sechs auf 21 Prozent vor. Inzwischen hat man sich daran erinnert, dass eine Erhöhung der Strompreise dazu führen kann, dass auch der sogenannte Index schneller steigt. Sprich: Die Erhöhung der Löhne und Gehälter könnte sich beschleunigen. Wie etwa Le Soir berichtet, gibt es innerhalb der Koalition Überlegungen, wonach die Erhöhung der Strompreise "neutralisiert" werden sollte. Die CD&V ist aber strikt dagegen; das wäre ein "zweiter Indexsprung", heißt es bei den Christdemokraten. "Der CD&V und ihrem Vize-Premier Kris Peeters droht eine erneute Niederlage", schreibt dazu auch Het Nieuwsblad.
Peeters will mehr aus dem Tax-Shift herausholen
"Der Tax-Shift ist noch nicht vorbei", orakelt seinerseits De Standaard. Inzwischen zeige sich, dass die Regierung offensichtlich einige Fragen noch offen gelassen hat. Und laut De Morgen wittert hier eben die CD&V anscheinend ihre Chance: "Peeters geht in die Verlängerung", schreibt das Blatt. Der Vize-Premier will jetzt offensichtlich noch einmal alles tun, um doch noch einmal so viel wie möglich aus dem Tax-Shift herauszuholen.
Die Arbeitgeber scheinen sich ihrerseits nun doch kooperativer zu zeigen, wie De Morgen auf seiner Titelseite berichtet. Zunächst hatte die Unternehmenswelt sehr zurückhaltend auf die geplante Senkung der Lohnlasten reagiert. Nach dem Motto: Das sei zwar alles wunderbar, sie könnten aber nicht versprechen, dass jetzt auch wirklich neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Jetzt hat sich die Regierung aber bereit erklärt, auch die Lohnnebenkosten in den Bereichen zu senken, wo sie schon auf 25 Prozent waren. Und das könne jetzt sehr wohl für neue Jobs sorgen, sagen Arbeitgebervertreter in De Morgen.
Sind die Budgetprobleme der Justiz eine "Legende"?
Koen Geens will 450 Justizmitarbeiter einstellen, so die Aufmachergeschichte von L'Echo. Der Justizminister sorgt damit dafür, dass freigewordene Stellen nun doch wieder besetzt werden. Die Justiz hatte ja in letzter Zeit immer wieder auf die prekäre Personalsituation hingewiesen.
Ein Forscher der Katholischen Universität Löwen hält die Budgetprobleme bei der Justiz aber weitgehend für eine "Legende", wie L'Avenir auf seiner Titelseite berichtet. Nach Ansicht des Uniprofessors setzt die Justiz bei der Zuweisung der ihr zur Verfügung stehenden Mittel schlichtweg die falschen Prioritäten. Man könne jedenfalls nicht behaupten, dass die Justiz von der Politik sträflich vernachlässigt würde.
Diese Einschätzung lässt aufhorchen, meint L'Avenir in seinem Leitartikel. Hier zeigt sich, dass die Justiz ihr Schicksal immer noch selbst in der Hand hat. Es bedarf einer wirklichen Kulturrevolution. Die Magistrate müssen endlich aus ihrem napoleonischen Korsett ausbrechen, Initiativen ergreifen, ihre Zukunft selbst bestimmen. Das ist der Preis für ihre Unabhängigkeit.
Verbraucher sollen auf höhere Preise bestehen
Inzwischen ist die Milch-Krise auch in der flämischen Presse angelangt. Anlass ist unter anderem eine Stellungnahme des Chefs des Bauernverbandes Boerenbond, Piet Vanthemsche. Der appelliert an die Kunden, auf einem höheren Milchpreis zu bestehen.
In welcher Welt lebt dieser Mann?, fragt sich Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel. Vanthemsches Aufruf ist nobel, aber total utopisch. Es wird doch niemand die Kassiererin fragen, ob er denn auch wirklich genug bezahlt. Die Lebensmittelpreise hängen von so vielen, mitunter weltpolitischen, Faktoren ab, dass es da mit Sicherheit keine einfachen Lösungen gibt. Ob der Landwirt letztlich den Preis für seine Erzeugnisse bekommt, der angemessen wäre, das hängt nicht nur vom Verbraucher ab.
Was ist eigentlich ein "fairer" Preis?, fragt sich auch De Standaard. Beispiel: Bauern aus einem dichtbesiedelten Land wie Belgien sind schwer vergleichbar mit den Kollegen aus Neuseeland, wo es Nutzflächen im Überfluss gibt. Ein Teil der Lösung läge wohl darin, die Transportkosten korrekt zu verrechnen, genauer gesagt den ökologischen Fußabdruck. So lange es möglich ist, dass Produkte vom anderen Ende der Welt immer noch günstiger sind als heimische Erzeugnisse, kann man nicht wirklich von fairem Wettbewerb sprechen.
Sterbehilfe-Debatte: Wurde Laura instrumentalisiert?
Einige Zeitungen beschäftigen sich mit einem heiklen Antrag auf Sterbehilfe. Eine 24-jährige Frau hat wegen "unerträglicher psychischer Probleme" um Euthanasie gebeten. Offensichtlich wurde dem Antrag jetzt stattgegeben. Het Nieuwsblad relativiert in gewisser Weise die Geschichte: "Nur einer von drei Euthanasie-Anträgen wird letztlich akzeptiert", schreibt das Blatt.
La Libre Belgique hat dennoch Bauchschmerzen angesichts dieses Falls. Laura ist erst 24, kann man da wirklich behaupten, dass alle therapeutischen Möglichkeiten ausgeschöpft sind? Kann man im Falle psychischer Probleme wirklich von einer "unheilbaren" Krankheit sprechen, wie es das Gesetz ja fordert? Was allerdings am meistens befremdet, ist die Tatsache, dass der Fall in den Medien breitgetreten worden ist. Hier steht der Verdacht im Raum, dass die junge Frau instrumentalisiert worden ist. Es wird Zeit, das Euthanasie-Gesetz und seine Anwendung noch einmal zu durchleuchten.
Roger Pint - Illustrationsbild: Virginie Lefour/BELGA