"Seien wir stolz, Belgier zu sein", titelt patriotisch La Dernière Heure. Am Dienstag ist ja der 21. Juli und damit der Nationalfeiertag. La Dernière Heure bringt einen Überblick über die geplanten Feierlichkeiten insbesondere in Brüssel. Einer der Höhepunkte ist ja das traditionelle Defilee militärischer und ziviler Einheiten vor dem Brüsseler Stadtschloss am Dienstagnachmittag.
In diesem Zusammenhang sieht L'Avenir aber düstere Wolken aufziehen. "Wer will eigentlich das Ende des Nationalfeiertags?", fragt sich das Blatt auf Seite eins. Die Zeitung kann nur feststellen, dass die "Königliche Eskorte" durch Sparmaßnahmen in ihrer Existenz bedroht ist. Hier handelt es sich ja um eine Kavallerieeinheit der föderalen Polizei, die bei allen Ereignissen rund um die Monarchie zum Einsatz kommt. Nach einem Strategiepapier des N-VA-Innenministers Jan Jambon könnte diese föderale Einheit aufgelöst werden.
Ein "halber Nationalfeiertag"
Hinzu kommt, dass die Armee, die Polizei und auch die Feuerwehr nicht wirklich mit Enthusiasmus an der Parade teilnehmen. Die Polizei befürchtet einen Terroranschlag, innerhalb der Streitkräfte und der Feuerwehr herrscht Unmut über die geplanten neuen Sparmaßnahmen.
Es ist gewissermaßen nur ein halber Nationalfeiertag, meint denn auch L'Avenir. Das ist fast schon wie ein Spiegelbild des Landes. Die uniformierten Bestandteile des Staates sind irgendwie auf der Suche nach sich selbst. Außerdem wirkt alles so ein bisschen angestaubt. Die Frage ist erlaubt, ob die Feiern zum Nationalfeiertag noch zeitgemäß sind. Damit verbunden stellt sich auch die Frage, was uns in diesem Land eigentlich noch verbindet.
Man sollte in jedem Fall die Sorgen und Nöte der Soldaten und Sicherheitsdienste ernst nehmen, mahnt La Libre Belgique. Im Vorfeld des Nationalfeiertags haben Polizei, Feuerwehr und Armee aus verschiedenen Gründen ihren Unmut zum Ausdruck gebracht. Dabei ist es doch auch und vor allem ihr Festtag. Die Politik wäre gut beraten, auf die Leute zu hören, die für die Sicherheit der Bürger verantwortlich sind. Das gilt im Übrigen auch für die Justiz. Dass man all diese öffentlichen Dienste am langen Arm verhungern lässt, ist jedenfalls beängstigend.
In diesem Zusammenhang passt die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws: "Die Justiz weiß nicht, wie viele Morde sie aufklärt", titelt das Blatt und spricht von "haarsträubenden Zuständen". Offenbar ist es also immer noch so, dass die Daten nicht zentralisiert werden. Das überrascht mich nicht", sagt ein Experte in Het Laatste Nieuws. Und das sei nur ein Indiz dafür, was von den Kriminalitätsstatistiken in diesem Land zu halten sei.
"Sand im Getriebe"
"Mehrwertsteuersenkung auf Strom sorgt für Missbrauch", so die Aufmachergeschichte von De Standaard. Die Regierung ist ja derzeit mit der Haushaltskontrolle beschäftigt. Dabei hat sich herausgestellt, dass die Mehrwertsteuereinnahmen um 500 Millionen Euro eingebrochen sind. Die Regierung macht dafür die Senkung der Mehrwertsteuer auf Strom von 21 auf sechs Prozent verantwortlich. Das ist eine Maßnahme der Vorgängerregierung. Abschaffen oder anpassen? Die Regierung ist in dieser Frage bisher noch gespalten. "Das Strom-Dossier sorgt für Hochspannung", notiert De Standaard.
Doch nicht nur diese Akte ist schuld daran, dass die Regierung ihre Haushaltsberatungen noch nicht abgeschlossen hat. "Von Tax-Shift und Stillstand", schreibt De Morgen auf Seite eins. Zeitgleich mit der Haushaltskontrolle soll ja auch der lang erwartete Tax-Shift abgeschlossen werden, also die Verringerung der Steuerlast auf Arbeit. Es ist vor allem die CD&V, die in diesem Zusammenhang Druck macht. Die flämischen Christdemokraten fordern insbesondere eine gleichwie geartete Reichensteuer. "Der Tax-Shift hat Sand im Getriebe", kann aber nur La Libre Belgique feststellen.
Diese Regierung braucht ein Alpha-Männchen, glaubt De Morgen in seinem Kommentar. Die verschiedenen Regierungsparteien neutralisieren sich durch ihre jeweiligen Tabus. Bis zu einem gewissen Maß hat das Tradition. Doch gab es am Ende immer einen, der "Basta" sagte und den Knoten durchhackte. Diese Rolle fällt hier dem Premierminister Charles Michel zu. Im Grunde entscheidet sich jetzt, ob diese Regierung ehrgeizige Projekte anstoßen kann oder doch, wie so viele ihrer Vorgänger, nur Flickenteppiche zustande bekommt.
Apropos: Viele flämische Zeitungen ziehen heute eine erste Bilanz nach einem Jahr Regierungsarbeit der Equipe um den flämischen Ministerpräsidenten Geert Bourgeois. Eigentlich ist es ein gutes Zwischenzeugnis, meint etwa De Standaard. Doch verkauft sich die flämische Regierung schlecht.
Het Nieuwsblad sieht das genauso. Und statt über die Defizite der Sechsten Staatsreform zu meckern, und dabei für den Bürger unverständliche Befugnisfragen aufzuwerfen, sollten Bourgeois und Co. einfach nur Politik für die Bevölkerung machen.
Peinliches Foto
Viele Zeitungen bringen heute ein Foto, das in Großbritannien derzeit für helle Aufregung sorgt. Zu sehen ist die heutige Queen Elizabeth die Zweite, wie sie 1933 im Alter von sechs Jahren den Hitlergruß macht.
Das kann man Elizabeth allen Ernstes nicht vorwerfen, wettert Le Soir. Das ist von einer intellektuellen Unaufrichtigkeit sondergleichen. Mit sechs Jahren hatte auch Elizabeth noch nicht die politische Reife, um zu wissen, was sie tat. Im Hintergrund ist im Übrigen ihr Onkel, der damalige König Edward VIII zu sehen. Dessen Nähe zu den Nazis ist bekannt. Vielleicht ist das Ganze aber ein Grund mehr, um endlich die Archive der britischen Krone der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Roger Pint - Archivbild: Nicolas Materlinck (belga)