"Griechenland bekommt wieder Geld von Europa", meldet Le Soir. "Ein wenig Luft für Athen", meint La Libre Belgique. "Game over für Tsipras?", fragt dagegen Het Laatste Nieuws.
Trotz der Zustimmung für das neue Rettungspaket im griechischen Parlament scheinen die Tage von Alexis Tsipras gezählt. Gegen den griechischen Regierungschef formiert sich Widerstand - in seiner Bevölkerung und in seiner eigenen Koalition, bemerkt Het Laatste Nieuws. Ob eine Umbildung der Regierung reichen wird, ist fraglich. Griechenlands Innenminister Nikos Voutsis von Syriza hat sogar schon Neuwahlen im September oder Oktober ins Spiel gebracht.
De Standaard veröffentlicht einen exklusiven Gastbeitrag von Yanis Varoufakis, dem ehemaligen Athener Finanzminister. Er kritisiert den deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble und wirft ihm vor, einen Grexit gezielt vorangetrieben zu haben. "Wollen die Europäer wirklich das Europa von Dr. Schäuble?", fragt Varoufakis. Er warnt außerdem davor, dass die demokratische Legitimität von EU und Eurogruppe durch die Griechenland-Krise weiter leiden wird.
An Griechenland scheiden sich weiter die Geister
Unterdessen liebäugelt Deutschlands Finanzminister Schäuble weiter mit dem Grexit, indem er ungeachtet der Einigung öffentlich die Frage stellt, ob ein Austritt der Griechen aus der Eurozone nicht doch die bessere Lösung für das Land gewesen wäre. Schäuble entwickelt sich langsam aber sicher zum deutschen Varoufakis, findet Het Nieuwsblad. Zwar liegen beide inhaltlich weit auseinander, ihr Verhalten ähnelt sich jedoch. Weder Varoufakis noch Schäuble können sich mit dem Kompromiss anfreunden und plädieren für radikale, wenn auch grundverschiedene Lösungsansätze. Schäuble und Varoufakis stehen mit ihrer Meinung nicht alleine da. Immer mehr in Europa fordern ein Großreinemachen, einen grundsätzlichen Neubeginn. So etwas ist aber nicht möglich, meint die Zeitung. Das "Wir fangen von vorne an und dann wird alles besser" ist reines Wunschdenken und gefährdet die Kompromisskultur. Was Europa jetzt braucht, sind richtige Staatsmänner und -frauen, findet Het Nieuwsblad.
La Libre Belgique fordert dagegen ein radikales Ende der griechischen Tragödie: Entweder das Land gehört zur Eurozone und die anderen Euroländer geben ihm die für einen Verbleib notwendigen Mittel - und zwar in ausreichendem Maße. Oder Griechenland wird aus dem Euro geworfen, aber Europa muss dann die Verantwortung und die Konsequenzen für dieses Katastrophenszenario tragen, meint das Blatt.
De Morgen schreibt: Ausgerechnet ein Johan Van Overtveldt, der hierzulande als Finanzminister nach neun Monaten immer noch keinen Tax-Shift auf die Reihe bekommen hat, zwingt die Griechen, ein neues Sparprogramm zu schlucken. Wenn die europäischen Verantwortlichen sich auch weiterhin auf die Seite der Reichen und Mächtigen schlagen, dann muss man sich nicht wundern, wenn sich die Bürger nicht mehr für das europäische Ideal begeistern können, für das unter anderem Robert Schuman, Jean Monnet und Jean-Luc Dehaene gekämpft haben, warnt De Morgen.
Warum die CDH nicht in die Regierung wollte
Im Gespräch mit La Libre Belgique erläutert der CDH-Vorsitzende Benoît Lutgen erstmals die Gründe, warum seine Partei der Mitte-Rechts-Regierung letztes Jahr nicht beigetreten ist. Bart De Wever habe eine umfassende Steuerreform, wie die französischsprachigen Zentrumshumanisten sie anstrebten, abgelehnt. PS und MR fordert Lutgen auf, endlich ihren Dauerstreit beizulegen. Außerdem sieht er Möglichkeiten, die Steuern in der Wallonischen Region, wo die CDH gemeinsam mit den Sozialisten regiert, zu senken.
L'Echo kritisiert die wallonischen Abgeordneten. Die haben am Donnerstag eine weitere Sonderregelung für die großen interkommunalen Zweckverbände beschlossen, die sich damit für weitere zwei Jahre jeglicher Kontrolle durch den Staat entziehen können. Dank der PS-CDH-Mehrheit können Ores, Publifin (ehemals Tecteo) und Brutélé in ihrer rechtlichen Grauzone weitermachen wie bisher. Und das, obwohl die Parlamentarier noch vor einem Jahr mit großem Getöse den Beginn von "good governance" versprochen hatten.
Säumige Zahler, Graf Van Rompuy und ein "Schild"bürgerstreich
Laut De Standaard bezahlt jeder dritte Belgier, der Steuern nachzahlen muss, zu spät. Im vergangenen Jahr musste der Fiskus 180.000 Belgiern hinterherlaufen. Würde nur ein Prozent der säumigen Zahler ihre Schulden begleichen, würde das fünf Millionen Euro in die Staatskasse spülen.
Het Laatste Nieuws berichtet, dass König Philippe Herman Van Rompuy in den Adelsstand erhoben hat. Der ehemalige Premierminister und EU- Ratsvorsitzende darf sich jetzt Graf nennen.
Het Nieuwsblad berichtet über einen erstaunlichen Vorschlag der CD&V. Wegen des Schilderwaldes auf unseren Straßen schlagen die flämischen Christdemokraten vor, einfach alle Tempolimit-Schilder zu entfernen. Die Partei glaubt, dass jeder Autofahrer wissen muss, wie schnell er fahren darf - und das allein anhand der Straße, auf der er gerade unterwegs ist.
Alain Kniebs - Bild: Aris Messinis (afp)