"In der Griechenland-Krise ist eine Lösung in der Mache", titelt Het Nieuwsblad. "Die Europäer kommen den Griechen entgegen", so die Schlagzeile von Le Soir. De Standaard spricht auf Seite eins von einem "Rettungsring für Tsipras".
Seit Donnerstag gibt es wieder Anlass zu vorsichtigem Optimismus in der Griechenland-Krise. Zunächst plädierte die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, dafür, dass die griechische Schuld umstrukturiert werden müsse. Die Last sei so nämlich nicht tragbar. Kurz danach äußerte sich EU-Ratspräsident Donald Tusk ähnlich. Für die Regierung in Athen ist das eine neue Perspektive. "Eine Umstrukturierung der Schuld würde es dem griechischen Premier erlauben, die nötigen Reformmaßnahmen in seiner Heimat besser zu verkaufen", meint De Standaard.
Griechenland - Es geht nicht nur ums Geld
Für De Morgen ist da die unsichtbare Hand Washingtons im Spiel. Es sieht ganz so aus, als hätten sich jetzt doch noch die USA direkt in die Krise eingeschaltet. Für die Amerikaner gibt es nämlich gleich eine ganze Reihe von guten Gründen, zu verhindern, dass Griechenland die Euro-Zone verlässt. Die frustrierten Hellenen könnten sich nämlich am Ende vielleicht von der westlichen Staatengemeinschaft abwenden und die Nähe zu Russland suchen. Die Möglichkeit, dass sich ein NATO-Mitglied gerade angesichts der neuaufflammenden geopolitischen Querelen mit Russland Putin zuwendet, ist für Washington unerträglich. Und die Vergangenheit lehrt: Wenn die USA etwas absolut nicht wollen, dann passiert es auch nicht.
Het Nieuwsblad sieht sich in seiner bisherigen Meinung bestätigt: Bei der griechischen Krise ging es nie um wirtschaftliche oder finanzielle Fragen. Es ist und bleibt in erster Linie ein politisches Problem. Das gilt auch für die möglichen Konsequenzen. Wirtschaftlich wäre ein Grexit vielleicht verkraftbar. Politisch hingegen wären die Folgen nicht abzusehen. Ein Grexit wäre womöglich der Beginn der europäischen Selbstauflösung. Das sollten alle Beteiligten immer vor Auge haben.
"Tsipras beugt sich"
Immerhin hat die griechische Regierung am Donnerstagabend fristgerecht ihre Spar- und Reformvorschläge den Geldgebern übermittelt. Viele Zeitungen hatten noch nicht Gelegenheit, das Angebot zu analysieren. De Morgen hat schon mal einen Blick hineingeworfen. Das Fazit steht in Blockbuchstaben auf Seite eins: "Tsipras beugt sich", so die Schlagzeile. Es ist ja so, dass die griechische Reformliste im Wesentlichen auf dem letzten Kompromissangebot der Geldgeber basiert, das die griechische Regierung noch vor zwei Wochen abgelehnt hatte.
Het Belang van Limburg fragt sich seinerseits, wer hier eigentlich gerettet werden soll. Es ist so, dass die griechische Regierung erst vor wenigen Wochen ein Gesetz zur Eindämmung der Kapitalflucht beschlossen hatte. Dieses Gesetz muss jetzt auf Druck der Geldgeber zurückgenommen werden. Wenn man genau hinschaut, dann stellt man fest, dass viele Multinationals zur fiskalen Optimierung das Geld aus Griechenland über Luxemburg und die Niederlande schleusen, also die Heimatländer der Herren Juncker und Dijsselbloem. Frage also: Geht es hier um Griechenland oder die Interessen einiger Multinationals?
"Lug und Betrug"
Auch innenpolitisch geht es in diesen Tagen ums Geld. Erst der Rechenfehler des Finanzministeriums, das ursprünglich dem Föderalstaat 600 Millionen Euro angerechnet hatte, die - wie sich jetzt herausstellte - den Regionen zustehen. Wegen dieser Panne ist die Regierung Donnerstag in der Kammer von der Opposition ziemlich durch die Mangel gedreht worden. Da fielen auch Worte wie: "Lüge" oder "Betrug".
Obendrauf kommt jetzt das Gutachten des sogenannten Monitoring-Komitees, das die Entwicklung des Staatshaushaltes beobachtet. Dessen Fazit steht auf Seite eins von L'Écho und Le Soir: "Die Regierung muss den Gürtel enger schnallen und 1,7 Milliarden Euro finden". Grund für diese doch beträchtliche Neubewertung sind offenbar unter anderem niedrigere Steuereinnahmen als erwartet.
Vor diesem Hintergrund gerät der geplante Tax-Shift in Gefahr, meint unter anderem La Libre Belgique. Als erste hat die OpenVLD-Gesundheitsministerin Maggie De Block die unbequeme Möglichkeit ausgesprochen: "Man sollte den Tax-Shift vielleicht besser verschieben", sagte De Block.
Für die Regierung wäre das offenbar in gewisser Weise ein Offenbarungseid, meint Het Laatste Nieuws. Wenn es darum geht, die Menschen bis 67 arbeiten zu lassen, dann hat man wenig Skrupel. Wenn's aber auf der anderen Seite darum geht, das Steuersystem gerechter zu machen, dann tut man sich deutlich schwerer.
Für L'Écho stimmen im Augenblick die Begleitumstände einfach nicht. Der Knatsch um den Rechenfehler und auch die unendliche Geschichte des Tax-Shift haben erneut die Stimmung vergiftet. Und zwar sowohl innerhalb der Regierung als auch zwischen dem Föderalstaat und den Regionen. Und in einem solchen Klima soll jetzt eine wirklich grundlegende Steuerreform auf die Beine gestellt werden? Da kann man nur sagen: Viel Spaß dabei!
Für die CD&V wäre ein möglicher Aufschub des Tax-Shift keine Option. Die Christdemokraten wollten eben mit der Steuerreform ja die Gewerkschaften besänftigen. Versprochen wurde ja, die Steuern auf Arbeit zu senken.
Dafür bedarf es aber alternativer Geldquellen. Wie Het Nieuwsblad auf seiner Titelseite berichtet, schielt die Regierung da anscheinend wieder mal auf die Sparkonten. Wegen den anhaltend niedrigen Zinsen nimmt der Staat hier so gut wie keine Quellensteuer ein. In der Praxis ist es so, dass die Abgabe erst ab einem Kontostand von rund 100.000 Euro fällig wird. Die Regierung denkt also darüber nach, den Freibetrag herabzusetzen.
Roger Pint - Bild: Thierry Charlier (afp)