BHV - Kein Krach in der Kammer
Vers l'Avenir titelt daraufhin mit der Balkenüberschrift auf Seite 1: "BHV ist aufgeschoben, doch leider nicht aufgehoben". Im Parlament fand kein Zusammenstoß, allerdings auch keine Debatte darüber statt. Das Problem wird also nach den Wahlen mit Sicherheit wieder auftauchen.
Dies ist auch die Schlagzeile von La Dernière Heure, der zufolge sich das BHV-Karussell nach den Wahlen abermals für drei Jahre weiterdrehen könnte.
Allerdings sind mit dieser Sicht der Dinge mehrere Zeitungen nicht einverstanden. Zu ihnen gehört La Libre Belgique, wenn sie schreibt, Belgien hat die BHV-Bombe bisher überlebt, aber das Land muss sich ändern, und zwar grundlegend. Über BHV hinaus wird man nicht nur den Ehevertrag zwischen Flamen und Wallonen, sondern auch das Zusammenleben der beiden großen Gemeinschaften gründlich ändern müssen. Andernfalls werden wir nach den Wahlen nicht im Frieden, sondern in einem zwischengemeinschaftlichen Krieg leben, und dies gilt es zu vermeiden.
Alarmglocke - Diktatur der Minderheit?
Mehrere flämische Blätter heben in ihrem Leitartikel den Frust Flanderns angesichts des nach wie vor nicht gespaltenen Wahlbezirks Brüssel-Halle-Vilvoorde hervor.
Dazu schreibt Het Belang van Limburg, die Frankophonen haben die verfassungsmäßig bestehende Möglichkeit genutzt, dem Willen der Flamen einen Riegel vorzuschieben. Was wir erleben, ist also nicht eine Diktatur der Mehrheit, sondern der Minderheit in Belgien. Dieser Tatbestand legt eine grundlegende Hypothek auf das künftige Modell der belgischen Koexistenz. Sicherlich sind die flämischen Parteien gut beraten, sich darauf vorzubereiten, dass dieses Land doch eines Tages auseinanderbricht, so schlussfolgert Het Belang van Limburg.
Gazet van Antwerpen zufolge haben wir die Grenzen der politischen Absurdität erreicht. Über die Spaltung von BHV konnte in der Leterme Regierung kein Kompromiss erzielt werden, und im Parlament wurden die flämischen Vorschläge abgeblockt. Es bleibt also alles beim Alten, und das Ergebnis der für Juni anstehenden Wahlen wird ungültig sein. Wenn so etwas in Afrika passiert, dann erwägt die UNO die Entsendung einer Friedenstruppe. Hier jedoch ist so etwas möglich, es ist nicht mal eine Debatte im Parlament wert.
Belgien hat die Wahl
Le Soir wirft eine Blick voraus auf den kommenden Urnengang und schreibt dazu unter anderem, auf dem Spiel steht nicht mehr und nicht weniger als die Zukunft Belgiens. Sie muss folglich auch im Zentrum der Wahldebatten stehen. Ferner warnt die Zeitung vor den flämischen Nationalisten der N-VA, die mit der Zukunft des Landes nichts Gutes im Schilde führen. Es ist allerdings beruhigend, dass sich Marianne Thyssen, als die neue Nummer 1 der CDVorsitzende, klar und deutlich für den Fortbestand des Landes ausgesprochen hat.
Het Laatste Nieuws führt im gleichen Zusammenhang aus, das die Flamen nun endlich begriffen haben müssten, dass sie dem Land nicht einseitig ihren Willen aufdiktieren können. Sollten sie das weiter versuchen, werden die Frankophonen auch im neu gewählten Parlament das ganze Arsenal an Interessenkonflikten und Alarmglocken hervorholen, und in drei Jahren wird erneut dem Wähler das Wort erteilt. Dass es so nicht weitergehen kann, bedarf wohl keiner weiteren Erläuterung.
Wie stark sind die Kräfte des Zusammenhalts
Het Nieuwsblad kann der gestrigen Kammersitzung durchaus positives abgewinnen: Dass eine schwere Konfrontation vermieden wurden, ist wohl darauf zurückzuführen, dass die bindenden Kräfte in diesem Land noch immer stark genug sind, um Belgien zusammenzuhalten. Statt zu provozieren und den Graben noch tiefer zu machen, hat sich die Mehrheit der Volksvertreter dafür entschieden, die drohende Regimekrise zu vermeiden. Vielleicht ist das ein Zeichen, dass Belgien trotz allem noch die Wende zum Guten schafft.
Werfen wir abschließend noch einen Blick auf De Standaard, wo es schlussfolgernd heißt: für ein kriselndes Europa macht ein Belgien in der Krise kaum einen Unterschied. Die Welt dreht sich auch ohne uns, und wir müssen unsere Zukunft selbst organisieren. Das, was Flamen und Wallonen künftig noch gemeinsam tun, wird sich sicherlich ändern. Inwieweit, darüber werden im Juni die Wähler entscheiden.