"Der Mittelfinger der Griechen", titelt La Libre Belgique. "Kopfzerbrechen im Rest Europas nach griechischem Nein", schreibt Gazet van Antwerpen. Het Nieuwsblad meint: "Fest der Demokratie am Rande des finanziellen Abgrunds". "Was jetzt?", fragen sich Le Soir und Het Belang van Limburg auf ihren Titelseiten.
Nach dem Referendum mit deutlichem Ausgang - 61,3 Prozent der Griechen haben am Sonntag "Nein" zu den Reformvorgaben der Geldgeber gesagt - sieht sich der griechische Regierungschef Alexis Tsipras gestärkt. "Gewagt und gewonnen", bemerkt De Standaard. Als Tsipras vor zehn Tagen den Verhandlungstisch verließ und plötzlich ein Referendum ausrief, haben ihn alle für verrückt erklärt. Auch Tsipras wusste, dass sein Vorstoß an Wahnsinn grenzte. Trotzdem haben ihm die Bürger den Rücken gestärkt. Nein zu sagen war aber der leichteste Teil, so die Zeitung. Das Schwierigste steht den Griechen jetzt noch bevor. Wenn Tsipras mit seinem Sieg wirklich etwas erreichen will, dann muss er zeigen, dass sein Land nicht nur die Hand aufhalten kann. Sondern dass die Politik in Griechenland zu echten Reformen bereit ist.
Griechenlands "teuflisches" Nein
De Morgen findet: Das Nein der Griechen war mutig. Aber ob es auch vernünftig war, kann derzeit niemand sagen. Ohnehin war die Wahl, vor der die Griechen gestellt wurden, teuflisch. Die Folgen der Entscheidung könnten weitreichend sein. Het Laatste Nieuws meint: Die Griechen haben am Sonntag beim Referendum abgestimmt wie Menschen, die nichts mehr zu verlieren haben. Möglicherweise heißt das aber auch, dass sie jetzt den Euro verlassen und zur Drachme zurückkehren müssen, warnt das Blatt.
Einen "Grexit" gilt es unter allen Umständen zu verhindern, fordert dagegen La Libre Belgique. Trotz aller Schwierigkeiten, trotz der hohen Kosten für die Griechenland-Rettung, Europa hat keine andere Wahl, als das Land in der Euro-Zone zu halten. Mit einem Rauswurf würde man für einen schrecklichen Präzedenzfall sorgen, der die gemeinsame Währung bedeutend schwächen würde.
Het Nieuwsblad schreibt: Das griechische Problem ist lösbar. Allerdings müssen sich dafür sowohl die Regierung in Athen als auch der Rest des Euro-Raums am Riemen reißen und endlich Entscheidungen treffen. Das fordert auch Gazet van Antwerpen. Tsipras hat den Griechen wieder etwas von ihrer Würde zurückgegeben. Jedoch muss auch er jetzt vor seiner Haustüre kehren und dafür sorgen, dass es endlich eine richtige Steuerbehörde in seinem Land gibt. Erst dann wird man Griechenland wieder ernsthaft auf die Beine helfen können. Bis dahin wird man sich aber erst mal von Deadline zu Deadline bewegen. Und die Griechen werden mit den 60 Euro am Tag auskommen müssen, die sie am Geldautomaten bekommen, befürchtet die Zeitung.
Muss die EU ihre Sparpolitik überdenken?
Het Belang Van Limburg fragt sich, wie stark Europa den Griechen ihr Nein spüren lassen wird. Wird jetzt ein Exempel statuiert, um die Wähler in anderen Problemstaaten abzuschrecken, von der Sparpolitik abzurücken? Die Wiederaufnahme von Verhandlungen dürfte sich jetzt als besonders schwierig erweisen, aber sie ist wichtiger denn je, so das Blatt.
L'Avenir sieht auch die Geldgeber in der Pflicht. Die EU sollte jetzt ihre Sparpolitik überdenken, statt auf Tsipras und Co. zu schießen. Für Le Soir liegt der Ball dagegen in Athen. Alexis Tsipras sollte in Brüssel nicht allzu arrogant auftreten. Seine Verhandlungsposition ist zwar gestärkt, sein Problemberg ist seit am Sonntag aber nur noch größer geworden. Mit dem Referendum hat er den Weg der Konfrontation eingeschlagen. Denn auch die 18 anderen Euroländer könnten eine Volksabstimmung durchführen, um ein neues Hilfspaket für Griechenland von ihren Bürgern absegnen zu lassen. Damit besteht eine neue Gefahr. Weil sich dann nämlich nicht mehr die Politiker, sondern die Völker Europas gegeneinander auflehnen. Das ist das neue Dilemma, vor dem Europa nun steht: Eine Einigung mit der griechischen Regierung kann zu einer internen Zerreißung der Europäischen Union führen, gibt Le Soir zu bedenken.
Belgien im Fahrrad-Fieber
"Bereit für das große Volksfest", titelt Gazet van Antwerpen. "Die Tour de France ist in Belgien", schreibt La Dernière Heure. Heute und am Dienstag macht die Frankreich-Rundfahrt Halt in unserem Land. Der Startschuss zur dritten Etappe wird am Mittag in Antwerpens Innenstadt gegeben. Die Hafen-Metropole rechnet mit einer halben Million Zuschauern. Eigens für die Tour wurde ein großes Fan-Dorf errichtet. Dort hatten sich bereits am Sonntag Tausende Fans eingefunden. Das größte Radrennen der Welt sorgt bei den fahrradverrückten Belgiern eben immer noch für das nötige Spektakel. Die 160 Kilometer lange Etappe führt die Fahrer von Antwerpen bis zur Mauer von Huy. Am Dienstag wird König Philippe dann den Startschuss zur vierten Etappe in Seraing bei Lüttich geben.
Alain Kniebs - Bild: Iakovos Hatzistavrou (afp)