La Dernière Heure ist heute schwarz-gelb-rot mit der Schlagzeile: "Vereinigen wir uns!", einem Aufkleber fürs Auto mit dem Aufdruck "Lang lebe das vereinigte Belgien" und einer 16 Seiten umfassenden Beilage, die die Gründe aufzählt, weshalb die Bürger stolz auf ihr Land sein können.
Le Soir beschäftigt sich auf seiner Titelseite mit dem Schicksal des zurückgetretenen Yves Leterme. Vor drei Jahren feierte er mit 800.000 Vorzugsstimmen einen triumphalen Wahlsieg. Inzwischen wurde er zum Handicap für die CD&V mit einer verheerend schlechten Bilanz. Als Chef einer amtsführenden Regierung startete er die Wahlkampagne für seine Partei und störte damit die letzten Konsultationen des Königs. Das hat es noch nie gegeben. Es war eine letzte Ohrfeige für die belgischen Institutionen, die mit ihm die Hölle durchgemacht haben. Es war höchste Zeit, dass Yves Leterme ging.
Vers l'Avenir erklärt: Die CD&V steckte in einem Dilemma; das Image des Premierministers war durch seine zahlreichen Fehlschläge zerstört. Unter anderem durch seine Unfähigkeit, die versprochene Staatsreform durchzuführen. Seine Nachfolgerin Marianne Thyssen könnte das Amt des Premierministers übernehmen, wenn sie ein gutes Wahlresultat erzielt. Sonst wird auch sie von ihrer Partei fallen gelassen.
La Libre Belgique erinnert daran, dass Leterme versprochen hatte, das Problem BHV in fünf Minuten zu lösen. Nichts ist geschehen, er hat versagt. Sein Rückzug kurz vor Beginn der Wahlkampagne verschleiert seinen Misserfolg. Marianne Thyssen, eine diskrete, empfindsame und kompromissbereite Frau, wagt es zu sagen, dass Belgien noch eine Zukunft hat.
Leterme: Mann ohne Scham oder ein großer Mann?
Für Het Laatste Nieuws ist Leterme der umstrittenste Premierminister, den Belgien jemals hatte. Drei Jahre lang hat er sich wie ein starrköpfiger Esel in seinem Amt festgebissen. Man glaubte, dass niemand ihn aus seinem Sessel entfernen könnte, für den er seine Gesundheit riskiert und das Land an den Rand des Abgrunds gebracht hat. Mit ihm sollte alles anders werden. Seine Amtszeit endet mit einer eklatanten Krise zwischen den Gemeinschaften. Kein einziges Wahlversprechen hat Leterme in drei Jahren wahr machen können. Er kennt auch kein Schamgefühl.
Het Belang van Limburg hingegen meint: Er ist ein großer Mann. Leterme hat allein beschlossen, einen Schritt zur Seite zu tun. Er kann noch einmal in die nationale Politik zurückkehren. Nicht als Premier, aber vielleicht als Finanzminister.
Für Het Nieuwsblad verkörpert Leterme den kollektiven Misserfolg. Marianne Thyssen besitzt die Gabe, die CD&V in ihren schwierigsten Augenblicken zusammenzuhalten. Sie versucht es jetzt wieder, in einem Augenblick, wo die Partei zugeben muss, dass Leterme nicht der beste Kandidat ist.
Marianne Thyssen erste belgische Premierministerin?
Gazet van Antwerpen notiert: Marianne Thyssen muss die Glaubwürdigkeit der CD&V wieder herstellen. Die Partei erwartet ein schwerer Wahlkampf mit neuen gefährlichen Konkurrenten, wie dem populären Bart De Wever und dem frischen Führer der OpenVLD Alexander de Croo. Marianne Thyssen hat den Vorteil, dass sie eine gemeinschaftspolitische Jungfrau ist. Man kann ihr keine unüberlegten Erklärungen über BHV oder die Staatsreform vorwerfen. Wenn sie ein gutes Wahlresultat erzielt, erwartet sie eine noch schwierigere Aufgabe, nämlich als erste Frau eine Föderalregierung anzuführen.
De Standaard schreibt auf seiner Titelseite: Marianne Thyssen ist Kandidatin für das Amt des Premierministers, auch wenn sie das selbst nicht sagen will. Doch der PS-Parteivorsitzende Di Rupo hat die größten Chancen für dieses Amt, falls die flämischen Christdemokraten bei den Wahlen einige Sitze verlieren.