"Die Spaltung", titelt Le Soir. Zu sehen sind die europäische und die griechische Fahne. "Tsipras spielt griechisches Roulette", schreibt La Libre Belgique auf Seite eins. "Noch einen Seufzer von der Staatspleite entfernt", so die Schlagzeile von De Standaard.
In Griechenland stehen die Zeichen auf Sturm. Am Samstag waren die Verhandlungen der Euro-Finanzminister über eine Verlängerung des Hilfsprogramms für Griechenland gescheitert. "Die Krise ist außer Kontrolle geraten", bemerkt De Morgen. Auslöser für die Blockade war die überraschende Ankündigung der griechischen Regierung, ein Referendum über die verlangten Sparmaßnahmen abzuhalten. Bleibt es bei dieser Situation, dann ist Griechenland am Dienstag zahlungsunfähig. Am Dienstag wird nämlich eine neue Ratenzahlung an den Internationalen Währungsfonds fällig. Nach übereinstimmenden Informationen hat Griechenland das Geld nicht. Het Laatste Nieuws fasst zusammen: "Eine Pleite ist unabwendbar, es sei denn, die Griechen zaubern 1,5 Milliarden Euro aus dem Hut".
Griechenland-Krise: endgültig in unbekanntem Fahrwasser
Verschärft hat sich die Krise durch einen Beschluss der Europäischen Zentralbank. Demnach werden die Hilfskredite für die griechischen Banken eingefroren. Konkret: Die EZB will den Geldhahn zwar nicht zudrehen, aber auch nicht weiter aufdrehen. Ohne das Geld der EZB droht den griechischen Banken ein Liquiditätsproblem. Die Folge steht auf Seite eins von Het Belang van Limburg: "Der griechische Premier Tsipras lässt die Banken schließen". In den letzten Tagen haben die Griechen massiv Geld abgehoben. Allein am Sonntag sollen es 600 Millionen Euro gewesen sein. Die griechische Regierung will jetzt also ein weiteres Ausbluten der Banken des Landes verhindern. "Die Griechen haben jetzt nur noch einen begrenzten Zugang zu ihren Euros", notiert dazu Le Soir. Ab jetzt gelten ja Kapitalverkehrskontrollen: Pro Tag dürfen nur noch höchstens 60 Euro abgehoben werden.
Mehr denn je geht also das Grexit-Gespenst um. Aber: "Selbst eine griechische Pleite tut uns nicht wirklich weh", schreibt Het Laatste Nieuws auf Seite eins. Nach Angaben des früheren Nationalbankchefs Luc Coene würde eine Pleite Griechenlands Belgien 11,2 Milliarden Euro kosten, sprich: 1000 Euro pro Nase. Die belgischen Banken sind ihrerseits nicht in Gefahr, berichtet De Standaard.
De Morgen ist etwas vorsichtiger. "Nichts genaues weiß man nicht", so die Schlagzeile. Die griechische Krise habe spätestens jetzt unbekanntes Fahrwasser erreicht.
Wie konnte es bloß so weit kommen?
"Wie in Gottes Namen konnte es so weit kommen?", fragt sich unter anderem La Libre Belgique. Noch vor einer Woche schien eine Lösung zum Greifen nah. Mit der überraschenden Ankündigung eines Referendums hat sich Tsipras aber jetzt verzockt. Er wollte die übrigen Euroländer über die "Stimme des Volkes" erpressen. Mit dieser Kamikaze-Aktion hat Tsipras aber seine Glaubwürdigkeit endgültig verspielt. Es gibt aber wohl einen Grund für diese Flucht nach vorn: Die Griechen wollen sich nicht länger demütigen lassen, meint La Libre Belgique.
Für Het Laatste Nieuws liegt die Schuld an dem Debakel vor allem bei EU und IWF. Man wird den Eindruck nicht los, dass einige der Gläubiger, koste es, was es wolle, die "Kommunisten" von Syriza loswerden wollten. Dabei vergessen sie, dass der Wahlsieg von Syriza nur eine natürliche Folge der bisherigen Politik war. Die Euroländer und der IWF sind nicht mehr und nicht weniger als die Totengräber Griechenlands, so Het Laatste Nieuws.
De Morgen und Le Soir vermissen in der ganzen Geschichte Staatsmänner von Format. Die EU hat ihre Grundwerte vergessen, meint Le Soir. Egoismus ist Trumpf, der europäische Traum wird gerade zu Grabe getragen. Mehr denn je sitzen nationale Politiker an den Verhandlungstischen, stellt auch De Morgen fest. Und sogar dem polnischen Ratspräsidenten fehlt eine wirklich europäische Vision. Die Damen und Herren Merkel, Hollande und Tusk sollten sich beim früheren belgischen Ratspräsidenten Van Rompuy mal informieren, wie man belgische Kompromisse schmiedet.
Schuld... und Vergebung?
In dieser Tragödie haben alle Fehler gemacht, meint Het Laatste Nieuws. Auf der einen Seite die unerfahrenen griechischen Politiker, die einige monumentale taktische Fehlkalkulationen gemacht haben. Auf der anderen Seite aber auch die Gläubiger mit ihrer rechthaberischen Arroganz. In der christlich-humanistischen Tradition des Abendlandes gibt es aber neben der Schuld auch die Vergebung.
Es gibt nicht einen alleinigen Schuldigen, konstatiert auch Het Nieuwsblad. Natürlich hat Alexis Tsipras gleich eine Reihe von überraschenden Bocksprüngen hingelegt. Doch welche Wahl hatte er denn? Die Geldgeber wollten Griechenland wieder exakt dieselbe Medizin verabreichen, deren Nebenwirkungen sich längst als katastrophal erwiesen hatten. Dass die Gläubiger der griechischen Regierung misstrauen, ist verständlich. Ebenso nachvollziehbar ist aber, dass die Griechen nicht an die europäischen Lösungen glauben.
Trauer in Tunesien
"Tränen am Strand", titelt derweil Het Nieuwsblad. Man sieht eine Frau in Badekleidung, die am Strand von Sousse Blumen niederlegt. Viele Zeitungen kommen noch einmal zurück auf das Attentat vom Freitag. La Libre Belgique bringt eine Reportage "auf den Spuren des Terroristen, der das Blutbad in Tunesien angerichtet hat".
Für L'Avenir tragen die tunesischen Behörden eine Mitschuld: "Die Polizei hat zu spät eingegriffen", sagen Augenzeugen. Der Täter sei 45 Minuten ungestört geblieben, so die Zeitung.
Roger Pint - Archivbild: Aris Messinis (afp)