"Schwarze Serie für Joëlle Milquet", titelt Le Soir. La Libre Belgique benutzt denselben Begriff: "Hausdurchsuchung bei Joëlle Milquet, die schwarze Serie geht weiter", so die Schlagzeile.
Die CDH-Politikerin und Unterrichtsministerin der Französischen Gemeinschaft ist quasi an allen Fronten unter Druck geraten. Die Allgemeine Abiturprüfung im Fach Geschichte im frankophonen Unterrichtswesen musste annulliert werden, weil die Fragen vorab im Internet aufgetaucht waren. Und während die Ministerin noch dabei war, das Chaos wieder in geordnete Bahnen zu lenken, gab es einen neuen Paukenschlag: Die Polizei führte Hausdurchsuchungen in den Amtsräumen und sogar in der Privatwohnung von Joëlle Milquet durch. "Die Polizei fällt bei Joëlle Milquet ein", schreiben La Dernière Heure und De Morgen. Die Ermittlungen betreffen die Zeit, in der Milquet noch föderale Innenministerin war. Untersucht wird der Verdacht, dass ihr Kabinett Mitarbeiter eingestellt hatte, die also vom Staat bezahlt wurden, aber in der Praxis möglicherweise Wahlkampfarbeit für die CDH betrieben haben.
Madame Non in der Bredouille
Für De Standaard ist Joëlle Milquet "in der Bredouille". De Morgen stellt sich eine andere Frage: "Läuft hier gerade eine Schmutzkampagne gegen Milquet?" Das Blatt kann nur feststellen, dass die Hausdurchsuchungen zu einem politisch heiklen Zeitpunkt erfolgen. Man darf zumindest spekulieren, dass die CDH-Spitze die manchmal unbequeme und als chaotisch geltende "Madame Non" möglicherweise loswerden will.
In jedem Fall muss die Justiz hier unbedingt Klarheit schaffen, fordert La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Bislang stehen hier allein die Vorwürfe des Nachrichtenmagazins Le Vif-L'Express im Raum. Und die werden von der Ministerin vehement bestritten. Es wird Zeit für eine Antwort auf die Frage, ob die Einstellung besagter Mitarbeiter nun rechtens war oder nicht.
Der Brüsseler "Marshall-Plan"
Einige Zeitungen beschäftigen sich mit dem neuen Plan der Brüsseler Regionalregierung zur Neubelebung der hauptstädtischen Wirtschaft. "Jetzt hat auch Brüssel seinen Marshall-Plan", bemerkt dazu La Libre Belgique. Die "Strategie 2025" wurde am Dienstag mit großem Pomp vorgestellt. Nicht weniger als 15 Minister waren anwesend, darunter auch mit dem OpenVLD-Politiker Sven Gatz ein Vertreter der flämischen Regierung. La Libre Belgique sieht darin eine bloße Höflichkeitsbekundung; der flämische N- VA-Ministerpräsident Geert Bourgeois, der ließ sich entschuldigen.
Sven Gatz hat als einziger den Strategieplan nicht unterschrieben, unterstreicht De Standaard. Das ist einmal mehr Ausdruck des tiefen Misstrauens, das die Flamen der Hauptstadt gegenüber hegen. Und das kommt nicht von ungefähr. Das von den Frankophonen dominierte Brüssel fordert immer wieder frisches Geld vom Föderalstaat, und in der Praxis bezahlen die Flamen den Löwenanteil. Echte Liebe wird es zwischen Flandern und Brüssel nie geben; es bleibt eine Vernunftsehe.
Für Le Soir hingegen ist die Anwesenheit des flämischen Ministers Sven Gatz bei einer rein Brüsseler Veranstaltung hoch symbolisch. am Dienstag hat sich gezeigt, dass die Hauptstadtregion von allen anderen unterstützt wird. Und das ist auch nötig. Brüssel kann sich nämlich nicht entwickeln, wenn Flandern die Region ignoriert oder gar erdrückt.
In einem Punkt sind sich aber alle Leitartikler einig: Am Ende zählen nur die Resultate. Das Ganze liest sich bestimmt sehr schön, meint etwa L'Echo. Jetzt müssen nur noch Taten folgen. Wichtigste Herausforderung: Brüssel muss endlich das Problem der Jugendarbeitslosigkeit in den Griff bekommen.
Belgiens Zukunft zu viert?
Stichwort Regionen des Landes: La Libre Belgique bringt heute die Ergebnisse einer Erhebung, die der Brüsseler Staatsrechtler Hugues Dumont durchgeführt hat. Eine wichtige Erkenntnis in Form einer Schlagzeile: "PS und MR sind offen für ein Belgien zu viert". Heißt also: Vier Regionen, nämlich Flandern, die Wallonie, Brüssel und die Deutschsprachigen. Für Hugues Dumont ist das jedenfalls die Zukunft, und man sollte schnellstens damit beginnen, daran zu arbeiten.
"Größter Exodus seit dem Zweiten Weltkrieg"
"Jeden Tag bitten fünf Minderjährige um Asyl", schreibt Het Nieuwsblad auf Seite eins. Auch in Belgien hat die Zahl der Asylbewerber in den letzten Wochen spürbar zugenommen. Die Zeitung spricht vom "größten Exodus seit dem Zweiten Weltkrieg". Allein im Monat Mai beantragten 150 Minderjährige ohne Begleitung ein Bleiberecht in Belgien. Das entspricht einem Anstieg um 400 Prozent im Vergleich zum selben Vorjahreszeitraum.
Der Flüchtlingsstrom hat einen tragischen Offenbarungseid zur Folge, beklagt Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Niemand in Europa will die Asylbewerber aufnehmen. Eine EU-Ministerratssitzung, bei der es um die innereuropäische Verteilung der Flüchtlinge ging, ist am Dienstag ergebnislos zu Ende gegangen. Wenn es um die eigenen Interessen geht, dann ist es vorbei mit der Solidarität. Der wichtigste europäische Wert, nämlich die Solidarität, er geht gerade den Bach runter.
Unblutige Schlachterei und der 70. Geburtstag des "Kannibalen"
"Bereit für die Schlacht", titelt L'Avenir. Und das ist tatsächlich fast schon wörtlich zu verstehen. Zu sehen sind auf der Titelseite Soldaten der Grande Armee von Napoleon. Am Donnerstag jährt sich die Schlacht von Waterloo zum 200ten Mal. Und zu diesem Anlass sind unter anderem große Rekonstruktionen des Ereignisses geplant. De Standaard spricht augenzwinkernd von einer "Schlachterei ohne Blut". Viele Zeitungen jedenfalls bringen heute Reportagen über die entsprechenden Vorbereitungen.
Fast alle bringen heute schließlich Glückwünsche für das Geburtstagskind des Tages: Eddy Merckx wird heute 70 Jahre alt. Mit 525 Siegen im Profiradsport ist Eddy Merckx der erfolgreichste Radsportler aller Zeiten. Viele Zeitungen bringen heute mehrere Sonderseiten oder sogar Beilagen, in denen die Erfolge des "Kannibalen", wie man ihn nannte, nachgezeichnet werden. Het Nieuwsblad verspricht sogar "Fotos, die sie noch nie gesehen haben.
Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)