"Millionenklage gegen streikende SNCB", titelt Het Nieuwsblad. "Die SNCB wird wegen ihrer Streiks verklagt", schreibt auch Le Soir. "Test-Achats fordert Millionen von der Bahn", so die Schlagzeile von De Standaard.
Die Verbraucherschutzorganisation Test-Achats geht also in die Offensive. Alle Zugreisenden sind aufgerufen, sich einer kollektiven Schadensersatzklage anzuschließen. "Die Leute haben Anrecht auf eine Entschädigung, aber die wenigsten klagen sie ein, da das zu kompliziert ist, sagt ein Sprecher von Test-Achats in Het Nieuwsblad.
Unmittelbarer Anlass für die Aktion ist eine Protestaktion der unabhängigen Lokführergewerkschaft SACT, die am Mittwochabend beginnt und bis zum frühen Freitagmorgen andauern soll. Dies wäre dann der siebte Streik bei der SNCB innerhalb von acht Monaten.
Nach Schätzungen von Test-Achats waren 700.000 Zugreisende von den diversen Aktionen betroffen. Legt man die gängigen Entschädigungen zu Grunde, dann ergibt sich daraus ein Schaden von insgesamt 24,5 Millionen Euro. Und eben diese Summe will die Verbraucherschutzorganisation bei der Bahn einklagen.
Wie die Zeitung Het Laatste Nieuws berichtet, will die SNCB aber alles daran setzen, die Beeinträchtigungen für die Reisenden möglichst in Grenzen zu halten. Demnach hat die Bahn für Donnerstag alle verfügbaren Lokführer mobilisiert. "Die SNCB setzt alles in Bewegung, um den Streik zu brechen", schreibt die Zeitung auf Seite eins.
Die Frage der sexuellen Mündigkeit bei Jugendlichen
Einige Leitartikler beschäftigen sich mit dem Vorstoß der OpenVLD-Parlamentarierin Sabien Lahaye-Battheu. Die hatte am Dienstag in der Zeitung De Morgen für eine Absenkung der sexuellen Mündigkeit von 16 auf 14 Jahre plädiert.
Das Thema ist eine Debatte wert, meint De Morgen in seinem Kommentar. Im Moment gibt es da nämlich ein juristisches Vakuum. Eigentlich sind Jugendliche in den Augen des Gesetzes ab 14 Jahren dazu befähigt, ihre Zustimmung für Geschlechtsverkehr zu geben. Jegliche sexuellen Handlungen sind aber bei Menschen unter 16 weiterhin strafbar. Hier sollte der Gesetzgeber also Klarheit schaffen. Das wäre im Sinne der Jugendlichen und wohl auch ihrer Eltern.
Het Laatste Nieuws ist nicht ganz so begeistert angesichts dieser Debatte. Wer eine zehnjährige Tochter hat, für den ist die Vorstellung, dass die in vier Jahren Sex haben dürfte, doch wohl etwas irritierend. Und ob der Junge nun 16, 17 oder 18 Jahre alt sein darf, das ändert da nicht viel. Warum überhaupt diese Diskussion? Laut Umfragen geht für die meisten die sexuelle Mündigkeit ab 16 durchaus in Ordnung.
La Dernière Heure geht da noch einen Schritt weiter: Haben unsere Politiker nichts Besseres zu tun? Sollte man sich nicht eher mit der Senkung der Staatsschuld oder mit dem Kampf gegen Arbeitslosigkeit befassen? Oder kennt jemand einen Fall, bei dem ein Jugendlicher wegen seiner "fleischlichen Gelüste" im Gefängnis gelandet wäre?
Energie-Vision: Fehlanzeige
Einige Zeitungen beschäftigen sich mit der Laufzeitverlängerung der beiden Atomreaktoren Doel 1 und Doel 2. Das entsprechende Gesetz wurde am Dienstagabend im zuständigen Kammerausschuss mit den Stimmen der Mehrheit verabschiedet. Am Dienstag war bekannt geworden, dass die Internationale Atomenergie-Organisation IAEO erst im Februar nächsten Jahres mit einer Überprüfung der Meiler beginnen kann. Beide Blöcke wären dann eigentlich bereits am Netz. Nach Informationen von L'Echo will sich jetzt aber auch die EU mit der Akte beschäftigen. "Europa hat bei der Laufzeitverlängerung das letzte Wort", schreibt das Blatt.
Het Nieuwsblad kann bei all dem nur noch den Kopf schütteln. Ist es Zufall, dass gerade jetzt neue Warnungen vor einem bevorstehenden Black-Out im nächsten Winter die Runde machen? Wohl eher nicht. Im Grunde hat die Regierung alles getan, um genauso weitermachen zu können wie ihre Vorgänger. In diesem Land ist eine langfristig angelegte Energiepolitik ein Fremdwort. Und was macht die Regierung? Sie versucht auf Biegen und Brechen und mit einem juristischen Eiertanz eine Laufzeitverlängerung durchs Parlament zu peitschen. Besonders mutig ist das nicht; Vision: Fehlanzeige.
Wer will überhaupt noch den Tax-Shift?
Auch Le Soir wirft der Regierung in gewisser Weise Zynismus vor, allerdings in einem anderen Zusammenhang. "Glaubt noch irgendjemand an einen Tax-Shift?", fragt sich das Blatt in seinem Leitartikel. Inzwischen scheinen sich doch die Anzeichen zu verdichten, dass sich diese ganze Thematik schon bald in Wohlgefallen auflösen wird. Der Punkt ist nämlich: In der Wirtschaftswelt gibt es keine Nachfrage nach einem Tax-Shift. Das macht auch der Vorsitzende des flämischen Unternehmerverbandes VOKA heute in einem Interview mit Le Soir deutlich. Und wenn man innerhalb der Regierung der CD&V einen Gefallen tun will, dann bitte auf eine andere Weise als mit einer angeblichen Steuerreform, die die Menschen nur für dumm verkauft.
Auf der Suche nach den "Schwachstellen der Regierung"
La Libre Belgique macht sich in ihrer Aufmachergeschichte auf die Suche nach den "Schwachstellen der Regierung". Zu sehen sind auf der Titelseite lediglich fünf Augenpaare. Die gehören also den fünf Ministern, die nach Ansicht der Zeitung bislang nicht überzeugen konnten, beziehungsweise die zu wenig sichtbar waren. Mit dabei sind Energieministerin Marie-Christine Marghem, der Haushaltsstaatssekretär Hervé Jamar und die N-VA Staatssekretärin Elke Sleurs.
In dieser Equipe gab es zugegebenermaßen auch einige positive Überraschungen, meint La Libre in ihrem Leitartikel. Dazu zählen ausgerechnet Minister der N-VA, die bislang einen fehlerfreien Parcours hingelegt haben. Einige andere hingegen vermitteln immer noch den Eindruck, ihrer Aufgabe nicht gewachsen zu sein. Ob sie nun schlecht beraten sind oder schlecht vorbereitet, früher oder später wird Premier Charles Michel wohl nicht daran vorbeikommen, Konsequenzen zu ziehen. Das schließt auch personelle Veränderungen nicht aus.
Archivbild: Herwig Vergult (belga)