"Totale Verwirrung in Burundi", schreibt Le Soir. "Auf die Barrikaden", titelt De Standaard. "Belgien will Burundis Präsident aus dem Amt jagen", schreibt De Morgen. Einige belgische Tageszeitungen kommentieren die Situation im zentralafrikanischen Burundi. Dort hatte es jetzt einen Putschversuch gegen Präsident Nkurunziza gegeben. Der will für eine dritte Amtszeit kandidieren, was ihm laut Verfassung und gemäß des Friedensabkommens von Arusha nicht erlaubt ist.
Dazu schreibt L'Avenir: Seit 2000 glaubte man, dass das Friedensabkommen sein Ziel erreicht hatte: Frieden und Versöhnung. Es war ein langer Weg. Verschiedene Ethnien sollten lernen zusammen zu leben und Differenzen zu überwinden, die von den Kolonialmächten Deutschland und Belgien genährt worden waren, um ihren Einfluss in diesem Teil der Welt zu festigen. Nach der Unabhängigkeit von Burundi wurde die Situation unkontrollierbar. Gewalt, Massaker, Ungerechtigkeit: Die Arusha-Abkommen haben dem ein Ende gesetzt. Der Wille des Präsidenten Nkurunziza an der Macht zu bleiben, widerspricht dem Artikel, dass niemand länger als zwei Amtszeiten ausüben kann. Die Vernunft hätte ihn dazu bringen müssen, seine Position neu zu überdenken, für den Frieden und das Wohl des Landes. Er hat es nicht gemacht und damit der Gegend politische Instabilität gebracht, so L'Avenir.
Vorerst kein demokratischer Frühling
L'Echo meint: Das Ganze geht über die Grenzen von Burundi hinaus. Die verschiedenen Völker Afrikas haben keine Lust mehr auf diese kleinen Autokraten, die sich um jeden Preis an der Macht halten wollen. Oft mit dem einzigen Ziel, ihre eigenen Interessen und Privilegien zu wahren. Die Zivilbevölkerung möchte den Wechsel, die Möglichkeit zu wählen, den Respekt der Menschenrechte, kurz: die Demokratie. Freie Wahlen und ein Rechtsstaat sind da wichtige Zeichen, so L'Echo.
De Morgen meint: Ein Vergleich mit der relativ gewaltlosen Machtübernahme in Burkina-Faso, drängt sich auf. Auch in Burundi lehnt sich ein junger und urbaner Teil der Bevölkerung auf. Sie wehren sich gegen ein autokratisches Regime mit ein bisschen scheindemokratischer Schminke. Ihre Botschaften verbreiten sie über alte und neue Medien. Nicht ganz zufällig fanden die härtesten Kämpfe in den vergangenen Tagen rund um Medienhäuser statt. Nach einem demokratischen Frühling sieht es vorläufig nicht aus. Aber der andauernde Widerstand des Volks ist ein mutiges Signal.
Bewegungen, die mehr Demokratie für ihr Land wollen, brauchen unsere Unterstützung. Belgien hat als ehemalige Kolonialmacht und Geberland eine wichtige historische und finanzielle Rolle in Burundi und im Rest von Zentralafrika. Das bringt Verantwortung mit sich. Man muss damit rechnen, dass auch im Kongo und in Ruanda die Möchtegern-Präsidenten auf Lebenszeit genau hinschauen, auf welcher Seite der Geschichte wir stehen werden, meint De Morgen.
Flüchtlingsagenda: ein starker und mutiger Akt
Le Soir greift die Flüchtlingsagenda der EU-Kommission auf. Man muss es sagen, wie es ist: Es ist ein starker und mutiger Akt der Kommission. Die Agenda hat ein doppeltes Ziel: Erstens dieses menschliche und moralische Desaster beenden. Und zweitens die Migration nach Europa zu organisieren, die nicht nur unvermeidlich ist, sondern auch überlebenswichtig für die wirtschaftliche und demographische Zukunft unseres Kontinents.
Die Juncker-Kommission hat getan, was man von dieser Institution erwartet, und woran es in den letzten 15 Jahren gefehlt hat. Führungsqualitäten übernehmen für das gemeinsame Wohl Europas. Juncker und seine Kommission werden Unterstützung brauchen. Staaten, Parteien, Spitzenpolitiker, die wissen, dass es keine Alternative gibt, sich aber oft hinter den Ängsten der Menschen und den Täuschungen der Populisten verschanzen, so Le Soir.
Leemans: "Ein Euro ist ein Euro"
Einige flämische Tageszeitungen kommen auf das gestrige Rerum Novarum zurück. Auf Christi Himmelfahrt gedenkt die christliche Arbeiterbewegung der Enzyklika Rerum Novarum von Papst Leo XIII. Sie begründete die Soziallehre der Katholischen Kirche. Gerechte Bezahlung und die Daseinsberechtigung der Gewerkschaften sind über 100 Jahre später immer noch aktuell. Viel Beachtung fand die Aussage des ACV-Vorsitzenden Marc Leemans: "Ein Euro ist ein Euro", sagte er am Donnerstag in seine Rede. Das will heißen: Ob man nun Arbeitnehmer, Doktor, Selbständiger, Vermieter oder Spekulant ist: Jeder Euro Einkommen muss steuerlich auf dieselbe Art und Weise behandelt werden.
Dazu meint Gazet Van Antwerpen: Wer kann ihm da schon widersprechen. Warum wird Arbeit in diesem Land soviel mehr belastet als große Gewinne an der Börse? Das kann man niemandem erklären. Dass die ACV nach einem Tax-Shift ruft, ist berechtigt. Dass dabei mehr nötig ist als eine Besteuerung von Vermögensgewinnen, ist jedem klar. Die Erhöhung verschiedener Mehrwertsteuersätze und Steuern auf Umweltbelastung sollten ins Auge gefasst werden. OpenVLD und N-VA mögen gegen jede Steuererhöhung sein, sollte man sie aber als Anreiz verkaufen können, gesünder und umweltfreundlicher zu leben, dann könnte das auch in den Blauen und Gelben Parteibüros durchgehen. Vor allem wenn gleichzeitig auch die Lohnkosten für die Arbeitgeber substantiell gesenkt werden.
De Standaard ist skeptisch: Ist es sicher, dass wir die Folgen in Ordnung finden?, fragt die Zeitung. In so einem System muss der erste und der letzte Euro, den jemand verdient gleich besteuert werden. Das wäre das Ende der Progression, zentrales Element der belgischen Einkommenssteuer. Es würde auch das Ende aller Subsidien und steuerlichen Abzüge bedeuten. Die Richtung, die Leemans aufweist, ist richtig, der Weg dorthin aber weniger eindeutig. Seine Aussage unterstreicht erneut, dass ein unüberlegter Tax-Shift keinen Sinn macht.
Bild: Jennifer Huxta/AFP