"Der Kalte Krieg kommt zurück". Die flämische Tageszeitung De Morgen kommentiert die Militärparade in Moskau zum 70. Jahrestag der Befreiung Europas. Präsident Putin habe deutlich gemacht, wie die Welt 2015 aussieht. Zum einen tat er das mit der eindrucksvollsten Militärparade seit Beginn des neuen Jahrhunderts. Die Kernbotschaft dieser Bilder ist unzweifelhaft: Mit uns spielt man nicht.
Aber noch vielsagender war die Anwesenheit der Regierungschefs der neuen Weltmächte China und Indien. Wer hätte gedacht, dass 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs und gerade einmal ein viertel Jahrhundert nach dem Fall der Berliner Mauer die Welt wieder in Machtblöcke zerfällt. Doch was soll man gegen die politisch-militärischen Ambitionen und diese Prunksucht machen? Öl ins Feuer gießen, wie es die Amerikaner tun, ist keine gute Idee. Die Haltung der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel scheint klüger. Sie war bewusst nicht bei der Militärparade dabei, reiste aber einen Tag später nach Moskau zur Kranzniederlegung am Grab des unbekannten Soldaten. Die Suche nach diplomatischen Lösungen scheint derzeit die beste Option, analysiert De Morgen.
Gewerkschaften: Studie ist neuer Misstrauensbeweis
Gazet Van Antwerpen beschäftigt sich in ihrem Kommentar mit der belgischen Bahn. Deren Chef Jo Cornu plant nämlich eine neue Studie. Diese soll untersuchen, wie das Bahnpersonal arbeitet und zwar im Vergleich zu den niederländischen und französischen Kollegen. Die Gewerkschaften sehen das als neuen Beweis des Misstrauens. Cornu selbst reagierte scharf: Wer ein Problem mit dieser Studie hat, ist nicht an der Zukunft der Bahn interessiert.
Die öffentliche Meinung wird den Einfall von Cornu begrüßen. Das haben sich die Gewerkschaften dann aber wohl selbst zuzuschreiben. Auf Grund der vielen Streiks hat das Image ihres Personals in den letzten Jahren gelitten. Gazet Van Antwerpen findet: So eine Studie kann stigmatisierend wirken. Auf der anderen Seite rollt die Bahn mit Steuergeld. Da kann man schon mal schauen, ob das gut angelegt ist. Das gilt dann aber auch für andere öffentliche Einrichtungen, wie Justiz, Polizei oder die Feuerwehr, meint Gazet Van Antwerpen.
Herzscreenings kosten 100 Millionen Euro
Screening oder nicht?, fragt Het Nieuwsblad. Am Samstag hatte der 23-jährige Fußballspieler Tim Nicot bei einem Mini-Fußballturnier einen Herzstillstand erlitten. Seitdem liegt er im Koma. Vor gut einer Woche war Lokerens Spieler Gregory Mertens gestorben. Auch er hatte bei einem Spiel einen Herzanfall bekommen.
Die Zeitung fragt: Wie können wir das vermeiden? Die Spezialisten sind sich einig: Kein Screening kann solche Dramen hundertprozentig voraussehen. Andererseits gibt es viele Beispiele, dass sie Leben retten können. Doch das kostet Geld. 100 Millionen Euro, wenn man jeden Wettbewerbssportler zu einem solchen Test verpflichten würde.
Wenn die Sportler diese selbst zahlen müssen, dann könnte das für einige zu einem Problem werden. Es gibt sogar bei den Roten Teufeln einige, die das in jungen Jahren nicht hätten bezahlen können. Für die Topspieler würden die Vereine wohl einspringen. Für Spieler mit weniger Talent wohl eher nicht. So grausam es auch klingt, es ist eine Frage des Geldes. Doch das ist das Dilemma der ganzen Gesundheitsvorsorge. Es ist die Schattenseite des medizinischen Fortschritts, so Het Nieuwsblad.
Die frankophone Tageszeitung Le Soir beschäftigt sich mit dem neuen Schuljahr: Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, dass Religions- und Moralunterricht nicht mehr verpflichtend sind, ist eine gute Nachricht. Das Problem ist jedoch: Drei Wochen vor den Prüfungen und anderthalb Monate vor dem Ende des Schuljahrs sind Schuldirektoren und Lehrer, damit beschäftigt, das Jahr zu Ende zu bringen und das neue Schuljahr vorzubereiten. Jetzt müssen sie einen komplett neuen pädagogischen Rahmen erarbeiten. Man kann sich die Unruhe, den Stress und das zu erwartende Chaos vorstellen, schreibt Le Soir.
Wie weit geht das Recht eines Kindes, seine biologische Herkunft zu kennen?, fragt sich De Standaard. Und steht dieses Recht über dem Wunsch nach Anonymität von Samen- und Eizellenspendern? Die derzeitige Gesetzgebung garantiert diese Anonymität. Sie stammt aus einer Zeit, als die Praxis noch nicht so verbreitet war. Jetzt, wo diese Kinder immer zahlreicher und auch älter werden, bröckelt die gesellschaftliche Grundlage für diese Anonymität. Kritiker befürchten jedoch, die Aufhebung der Anonymität könne Spender abschrecken. OpenVLD und die flämischen Grünen möchten deshalb einen Zwischenweg und den Spendern die Wahl lassen, schreibt De Standaard.
Ein besonderer Mensch
Die Redaktion des GrenzEcho nimmt Abschied von Thomas Evers. Der 37-jährige Journalist war am frühen Sonntagmorgen durch einen tragischen Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Wir verlieren mit ihm einen Journalisten von Format, einen gutmütigen Kollegen und Freund, einen Querulanten und Störenfried im besten Sinne.
Er hatte Haltung, war mutig, wortgewaltig, eigensinnig und direkt. Er schonte weder die Wortführer von Politik und Gesellschaft noch die Menschen von nebenan. Provozierend, manchmal wenig ausgewogen und an der Grenze zum guten Geschmack, Thomas war kein einfacher Mensch, sondern ein besonderer.
Foto: Agentur Ria Novosti/AFP