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"King David wird Europa herausfordern", titelt La Libre Belgique. "Premierminister eines angeknacksten Landes", meint Het Nieuwsblad. "Cameron, der Spielmacher... auch in der EU", bemerkt Le Soir auf seiner Titelseite.
Nach dem Wahlsieg der Konservativen in Großbritannien und dem großen Erfolg der Nationalpartei in Schottland werden zwei Fragen die neue Amtszeit des alten und zugleich auch künftigen Regierungschefs David Cameron beherrschen, analysiert De Morgen: Bleibt das Vereinigte Königreich in seiner heutigen Form bestehen? Und: Bleibt der Inselstaat Teil der Europäischen Union? Beide Fragen sind eng miteinander verwoben. Sollten die Briten bei einer Volksbefragung für einen Austritt aus der EU stimmen, dann drohen die pro-europäischen Schotten ihrerseits mit einer Abspaltung vom Vereinigten Königreich.
Das wird ein schwieriger Job für David Cameron, prophezeit Het Laatste Nieuws. Damit sein "Kingdom" weiter "united" bleibt, so die Zeitung in Anspielung auf den offiziellen Landesnamen Großbritanniens, wird Cameron den Schotten noch mehr Autonomie zugestehen müssen. Ähnlich sieht es Gazet van Antwerpen: Die echte Arbeit kommt erst jetzt, der Wahlkampf wird dagegen wie ein Zuckerschlecken aussehen.
Die "Nervensägen" mögen es konservativ... und gehören eben dazu
La Libre Belgique analysiert den deutlichen Wahlsieg der Tories so: Cameron hat seinen Sieg der wirtschaftlichen Erholung Großbritanniens zu verdanken. Die Konservativen haben die Wähler als Garant der Stabilität überzeugen können. Die Menschen haben sich letztendlich für das Altbewährte und gegen politische Experimente entschieden. Was den möglichen EU-Austritt der Briten angeht, meint das Blatt: Das will niemand wirklich.
Le Soir sieht in den bevorstehenden Verhandlungen zwischen London und Brüssel sogar eine Chance. Wenn Großbritannien eine vernünftige Wunschliste zusammenstellt, dann wird die Sache ein gutes Ende nehmen und der "Brexit" nur noch eine verblassende Schreckvision sein. Europa könnte so notwendige Reformen in Angriff nehmen. Allerdings muss David Cameron jetzt den ersten Schritt machen.
Auch wenn die Briten die "ewigen Nervensägen" der Europäischen Union sind, hängen wir an ihnen: aus rein pragmatischen, wirtschaftlichen, aber auch aus sentimentalen Gründen. Wie könnte man anlässlich des Weltkriegsendes vergessen, dass wir alle zur gleichen Familie gehören, mahnt Le Soir.
De Standaard findet: Die Versuchung, die nervigen Briten loszuwerden, ist jetzt groß. Aber ein Brexit würde weder der Legitimität noch der Schlagkraft der EU dienlich sein. Der Euro-Skeptizismus auf dem Kontinent wird nicht verschwinden, nur weil man die Kanalnachbarn gehen lässt. Het Nieuwsblad vergleicht das gespannte Verhältnis zwischen den Briten und dem Rest Europas mit einer Familienfeier. Jeder von uns kennt den lästigen, betrunkenen Onkel, der dem Rest der Familie die Feier versaut, und den man trotzdem nicht rauswerfen kann. Ohne die Briten würde Europa einfach etwas fehlen...
"Widerlicher Populist" will wieder Todesstrafe
Doch nicht nur London sorgt für Ärger, auch aus Budapest wird quer geschossen. Premierminister Viktor Orban fordert erneut, dass es in Ungarn die Möglichkeit zur Todesstrafe geben soll. Er möchte, dass diese Zuständigkeit wieder an die Nationalstaaten rückübertragen wird. "Was für ein widerlicher Populist!", empört sich L'Avenir. Artikel 2 der Europäischen Grundrechtecharta besagt, dass niemand in Europa zum Tode verurteilt oder hingerichtet werden darf. Orban macht aber schon seit Längerem mit fragwürdigen Vorstößen von sich reden.
Het Belang van Limburg titelt: "Letzter zum Tode verurteilter Mörder nach Belgien zurückgebracht". Der aus Tongeren stammende Juwelier Stephan Peigneux erhielt 1993 wegen Mordes an seiner Frau als letzter Verbrecher hierzulande die Todesstrafe. Peigneux nutzte aber 2012 einen Hafturlaub, um sich nach Brasilien abzusetzen. Jetzt haben die brasilianischen Behörden dem Auslieferungsantrag stattgegeben, der Mann befindet sich wieder in einem belgischen Gefängnis. Eine Exekution muss er aber nicht befürchten. In Belgien ist die Todesstrafe nämlich seit 1996 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen. Ohnehin wurde seit 1950 niemand mehr hingerichtet. Die Strafe konnte zwar noch verhängt werden, sie wurde aber immer in lebenslängliche Haft umgewandelt.
Über Supermarkt-Fusionen und zahnlose Belgier
"Delhaize und Ahold verhandeln wieder über eine Fusion", berichtet L'Echo. Die belgische und die niederländische Warenhauskette hatten bereits 2006 erste Gespräche geführt. Ahold betreibt unter dem Namen "Albert Heijn" 30 Supermärkte in Flandern. Ein Zusammenschluss würde es Delhaize ermöglichen, Marktführer Colruyt vom Thron zu stoßen.
"600.000 Belgier haben keine Zähne", so die erschreckende Schlagzeile von L'Avenir. Laut einer offiziellen Erhebung verfügen mehr als fünf Prozent der Bevölkerung weder über Zähne noch über Zahnersatz. Außerdem geht fast jeder fünfte Belgier nicht regelmäßig zum Zahnarzt. Der Grund: Angst.
Bild: Adrian Dennis (afp)