Eine geplante Milliarden-Investition im Antwerpener Hafen sorgt für freudige Schlagzeilen. Außerdem: die Zukunft der Atommeiler von Doel, der Religionsunterricht in der Französischen Gemeinschaft und eine Debatte über den Nutzen von Schwurgerichten.
"Saudis investieren 3,7 Milliarden Euro in Antwerpener Hafen", titelt Gazet Van Antwerpen. "Grüne Revolution, finanziert durch Öl-Dollars", schreibt De Morgen. Bei Het Laatste Nieuws heißt es: "900 neue Jobs".
Aus Abfall werden Rohstoffe für die Chemie-Industrie: Die Investoren der ERS-Gruppe aus Saudi-Arabien planen auf dem Hafengelände eine Recycling-Fabrik, in der aus altem Plastik Ammoniak und Kohlensäure hergestellt werden. Das neuartige Verfahren soll der Umwelt nicht schaden. Die Fabrik soll 2020 ihre Pforten öffnen und 900 Menschen einen neuen Arbeitsplatz bieten. Die Reaktionen auf die Investitionsabsicht sind erwartungsgemäß ausschließlich positiv ausgefallen, berichten die Zeitungen.
Antwerpen und Belgien doch noch attraktiv
Dass ausgerechnet Saudis ihr Geld in umweltfreundliche Projekte stecken, ist nachvollziehbar, bemerkt De Morgen. Sie haben vor allem den Gewinn vor Augen: Plastikabfall ist nun mal ein Grundstoff, der so schnell nicht ausgehen wird – im Gegensatz zu den Ölvorkommen in der Arabischen Welt.
Gazet Van Antwerpen ist voll des Lobes: Dass eine ausländische Investorengruppe bereit ist, Milliarden in den Antwerpener Hafen zu stecken, ist ein wichtiges Signal. Trotz der anhaltenden Klagen der Arbeitgeber über die hohen Lohnkosten, verfügen Antwerpen und Belgien über genügend andere Trümpfe, um ausländisches Kapital anzulocken. Das lässt auch uns Bürger neuen Mut fassen. Und es zeigt, wie wichtig Antwerpens Hafen – der zweitgrößte in Europa – für die belgische Wirtschaft ist.
"Energieministerin Marghem verbrennt sich an Doel die Finger"
Um die Stromversorgung zu gewährleisten, will Energieministerin Marie-Christine Marghem den Atommeiler Doel 1 zehn Jahre länger als geplant am Netz halten – und zwar ohne vorherige Umweltverträglichkeitsstudie. Die Opposition, allen voran die Grünen, ist wütend und will das Vorhaben der MR-Ministerin verhindern, berichtet Le Soir.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace will vor Gericht ziehen, außerdem ist eine Klage bei der EU-Kommission geplant. "Wir werden alles daran setzen, dass der uralte Reaktor von Doel nicht wieder hochgefahren wird", erklärt ein Greenpeace-Sprecher in De Morgen.
"Bildungsministerin Milquet sorgt für Chaos"
Die Moral-Lehrer blasen zum Gegenangriff", titelt Le Soir. Sie wollen das Urteil des Verfassungsgerichts anfechten, wonach ihr Unterricht nicht neutral ist. Ab dem kommenden Schuljahr haben Schüler an Staatsschulen der Französischen Gemeinschaft die Wahl zwischen Religions- und Moralunterricht oder einer Freistellung. "Wir sind keine laizistischen Priester", erklären die Moral-Lehrer in der Zeitung. "Unser Unterricht ist sehr wohl neutral – zur Not werden wir das vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg beweisen."
L'Echo meint: Weil Bildungsministerin Joëlle Milquet keine vernünftige Alternative für den Religions- beziehungsweise Moralunterricht anbietet, hat sie für Chaos gesorgt. Die Folge: Die Eltern in der Französischen Gemeinschaft wissen nicht, was sie tun sollen. Wer sein Kind auf eine Staatsschule schickt, bevorzugt eine konfessionsfreie Bildung. "Warum also nicht den Religionsunterricht ganz abschaffen und stattdessen einen Philosophie- und Bürgerkundeunterricht einführen?", fragt das Blatt. Damit wären alle zufrieden gestellt und Milquet könnte sich endlich um die echten Probleme des Bildungswesens kümmern…
Bernard Wesphael muss vors Schwurgericht
"Bernard Wesphael wird sich vor dem Schwurgericht von Mons verantworten müssen", schreibt L'Avenir. Im Dezember beginnt der Prozess gegen den ehemaligen wallonischen Abgeordneten. Er steht im Verdacht, seine Ehefrau Ende 2013 in einem Hotelzimmer in Ostende getötet zu haben.
Le Soir bemerkt: Der Wesphael-Prozess wird die Debatte über die Zukunft der Schwurgerichte neu entfachen. Braucht man anno 2015 noch ein Gericht mit Geschworenen aus dem Volk, das manchmal altertümlich anmutet? Ja, meint das Blatt. Eine sichtbare und volksnahe Justiz ist ein Zeichen für eine vitale Demokratie.
Proximus, bpost und ein spätberufener Priester…
"Die Regierung will den Verkauf von Proximus und bpost möglich machen", meldet L'Echo auf Seite eins. Der zuständige Minister Alexander De Croo bereitet eine Gesetzesänderung vor, um den Einfluss des Staates in den beiden börsennotierten Unternehmen zu verringern. Derzeit hält der Staat über 50 Prozent der Anteile an Proximus und bpost. Von Verkauf ist im Augenblick noch nicht die Rede, langfristig könnte er aber neun Milliarden Euro in die Staatskasse spülen.
La Libre Belgique berichtet über Probleme an der Spitze des Armeemuseums in Brüssel. Gegen die beiden Direktoren wurde eine interne Untersuchung aufgenommen. Sie sollen fragwürdige Dienstreisen ins Ausland gemacht haben, außerdem klagt das Personal über schlechte Arbeitsbedingungen.
"Premiere in Belgien", titelt La Dernière Heure. Nach 41 Jahren Ehe wird Jacques Delva aus Tournai Ende Juni zum Priester geweiht. Der 63-jährige Vater von fünf Kindern und sechsfacher Großvater hat seine Frau vor knapp drei Jahren verloren. "Unser Glaube war so stark, dass ich den Weg jetzt fortführen will und in den Dienst der Kirche trete".