"Die belgische Hilfe erreicht das Katastrophengebiet erstmal nicht", titelt Het Nieuwsblad. "Die Belgier kommen aus Nepal nicht raus, B-Fast kommt nicht rein", so die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. "Die Hilfe kommt in Nepal nur schleppend in Gang", schreibt Le Soir auf Seite eins.
Die Zahl der Todesopfer nach dem verheerenden Erdbeben ist inzwischen auf über 4.000 angestiegen. "Die Leichenhallen sind zum Bersten voll", notiert De Standaard. "Es werden bis zu 15.000 Tote befürchtet", schreibt seinerseits Het Laatste Nieuws und beruft sich dabei auf Hilfskräfte vor Ort.
Das größte Problem im Moment ist die Tatsache, dass viele Rettungsmannschaften das Erdbebengebiet gar nicht erst erreichen. Ein Team der schnellen Katastropheneinsatztruppe B-Fast sitzt etwa weiter am Flughafen von Neu-Delhi fest. Das Flugzeug mit den Helfern an Bord musste umgeleitet werden, weil der Flughafen der nepalesischen Hauptstadt Katmandu vollkommen überlastet ist. "Das Land ist so verwüstet, dass nicht mal die Hilfe ihr Ziel erreicht", bemerkt Het Nieuwsblad. Und was die belgischen Helfer betrifft, so schwant Het Belang Van Limburg Übles: "B-Fast schafft es womöglich gar nicht nach Nepal", schreibt das Blatt. Das Problem: Die Belgier sind nur für die erste Nothilfe ausgerüstet, also die Rettung von Überlebenden aus den Trümmern. Dafür ist es aber bald zu spät.
Eine "sympathische" Katastrophe?
An der Heimatfront in Belgien machen indes die Hilfsorganisationen mobil. Inzwischen ist gleich eine Reihe von Spendenaktionen angelaufen.
La Libre Belgique ist fast schon gerührt angesichts der weltweiten Hilfsbereitschaft. Manchmal kann man an unserer heutigen Zeit verzweifeln. Erfolgreich sind im Moment häufig eher die Politiker, die spalten, statt zu vereinen. Viele setzen eher auf Nationalismus, denn auf Humanismus. Wir bauen eine Festung um einen Kontinent, ziehen Zäune, um Staaten angeblich sicherer zu machen. Und jetzt plötzlich geht ein phantastischer Ruck durch die Welt. Alle wollen dem armen Nepal helfen. Klar weiß jeder, dass dieser Elan in einigen Wochen wieder verschwunden sein wird. Es bleibt aber die Feststellung, dass sich der Mensch zwar in geistigen Untiefen verirren kann, sich aber dennoch von Zeit zu Zeit selbst übertrifft.
So zynisch es klingt, wirft Het Nieuwsblad ein, aber bei dem Erdbeben in Nepal handelt es sich um ein Ereignis, das man bei den Hilfsorganisationen hinter vorgehaltener Hand als eine "sympathische Katastrophe" bezeichnet. Das zumindest lehrt die jahrelange Erfahrung. Bei Ländern wie Syrien, Pakistan oder dem Iran hält sich die Spendenbereitschaft meist eher in Grenzen. Nepal hingegen kennt man von idyllischen Postkartenfotos; das Land sorgt selten für negative Schlagzeilen. Was natürlich nicht heißt, dass Nepal nicht unsere Spenden verdient. Im Gegenteil: Das Land hat jede Hilfe bitter nötig.
Gazet van Antwerpen rückt einen anderen Aspekt der Erdbebenkatastrophe in den Fokus: "Sorge über das Schicksal von tausenden Pflegekindern", schreibt das Blatt auf Seite eins. Viele Belgier haben eine Patenschaft über ein Kind aus Nepal übernommen. Das heißt also, dass sie sich finanziell an der Erziehung des Kindes beteiligen. Allein in Flandern gibt es 1.000 solcher Patenschaften, schreibt die Zeitung. Und entsprechend groß ist die Sorge um die Pflegekinder.
Rentenreform - Lösungsansatz und Gewurstel
Viele Zeitungen beschäftigen sich darüber hinaus mit der geplanten Rentenreform. Eine eigens dafür eingesetzte Arbeitsgruppe hat am Montag dem zuständigen Pensionsminister Daniel Bacquelaine ihre Empfehlungen unterbreitet. Le Soir hebt auf seiner Titelseite eine davon hervor: "Bald gibt es eine Teilzeit-Rente", so die Schlagzeile. Demnach könnte es bald möglich sein, in den letzten Jahren seiner Laufbahn kürzer zu treten. Das hätte allerdings seinen Preis: Die Rente, die man am Ende bekommt, würde entsprechend beschnitten.
Das wäre endlich mal ein Lösungsansatz mit Blick auf die Gestaltung des Laufbahnendes, lobt Le Soir in seinem Leitartikel. Bislang hat diese Regierung ja nur Hintertüren zugeschlagen, etwa durch die Beschneidung von Zeitkredit- und Frühpensionsregelungen. Eine Form von Teilzeitrente würde es jedem individuell ermöglichen, seinen Ruhestand vorzubereiten. Der Preis könnte aber für viele zu hoch sein. Eine Beschneidung der Rente können sich ja nur die Reichen leisten. Deshalb der Appell an die Gewerkschaften und die Opposition: "Schießen sie nicht wahllos solche Ideen ab, sondern suchen Sie sich die Ziele und die Munition sorgfältig aus".
Het Belang Van Limburg hat sich einen anderen Aspekt herausgepickt: Die Arbeitsgruppe empfiehlt die Einführung eines Punktsystems, das auch dazu dienen würde, körperlich anstrengende Berufe zu berücksichtigen. Das ist eine gute Idee, meint das Blatt. Auf diese Weise kann man nämlich der individuellen Situation eines jeden Arbeitnehmers Rechnung tragen. Beispiel: Ein Revierpolizist ist nicht vergleichbar mit einem Mitglied des Sondereinsatzkommandos. Bleibt allerdings immer noch die Frage: Was genau ist denn jetzt ein schwerer Beruf?
De Morgen hingegen kann nur feststellen, dass das Gewurstel fröhlich weiter geht. Dieser Vorwurf steht nämlich auch in dem Bericht der Arbeitsgruppe. Die Regierung hat das Pferd von hinten aufgezäumt. Erst wird das Renteneintrittsalter erhöht und dann erst über die genauen Dispositionen diskutiert. Was hier fehlt ist eine klare Vision. Stattdessen hat man jetzt erstmal Angst in der Bevölkerung geschürt und damit eine nüchterne Diskussion fast unmöglich gemacht. Das nennt man wohl eine verpasste Chance.
Belgische Flamen?
"Der Flame liebt wieder Belgien", so die Schlagzeile von De Standaard. Auch Le Soir greift die Geschichte auf: "Die flämischen Wähler fühlen sich vor allem als Belgier", schreibt das Blatt. Beide berufen sich auf eine Studie der Katholischen Universität Löwen. Und die hat ergeben, dass die Flamen nicht mehr so vehement neue Zuständigkeiten fordern, wie noch in den Jahren zuvor. Dieses Ergebnis ist doch ziemlich erstaunlich, wenn man bedenkt, dass doch der große Wahlsieger die N-VA war, also eine Partei, die genau für das Gegenteil steht.
Es ist eins dieser vielen gemeinschaftspolitischen Paradoxe, bemerkt De Standaard in seinem Leitartikel. Während die N-VA zu einer großen Volkspartei wird und damit Gefahr läuft, dass sich ihre gemeinschaftspoltitische Agenda verwässert, könnte das Sperrfeuer jetzt aus dem Süden kommen, ausgerechnet von der PS, die sich doch bis vor Kurzem noch als Garant für die Einheit des Landes sah.
Bild: Prakash Mathema (afp)