"Sechs Monate Regierung Michel", titelt La Libre Belgique. "Schlechter Start aber inzwischen keine Kamikaze-Regierung mehr", meint Het Nieuwsblad. Le Soir fragt sich unterdessen: "Was will die N-VA eigentlich?". Die Mitte-Rechts-Koalition um Premierminister Charles Michel ist am Samstag seit genau sechs Monaten im Amt. La Libre Belgique stellt dem Kabinett ein erstes Zeugnis aus. Für ihre Leistungsfähigkeit und die vielen Reformen erhält die Regierung die Note 8 auf 10. In Sachen Zusammenhalt und Außenwirkung fallen die Noten hingegen viel schlechter aus: 4 beziehungsweise 2,5 auf 10.
Vor allem der Dauerstreit zwischen Christdemokraten und Nationalisten sorgt für Minuspunkte, ebenso die Tatsache, dass Bart De Wever als Schattenpremier oder Schwiegermutter der Koalition fungiert. Als nicht besonders förderlich werden zudem der heftige Widerstand von den Gewerkschaften sowie die schlechten Beziehungen zu den Oppositionsparteien bewertet.
N-VA für Hardliner inzwischen zu "belgisch"
Le Soir meint: Allen Unkenrufen zum Trotz hält die Koalition aus Liberalen, Christdemokraten und flämischen Nationalisten stand. Der Protest der Gewerkschaften wird nicht größer, lässt aber auch nicht nach - er bleibt also eine potentielle Gefahr für die Föderalregierung. Ein großes Rätsel bildet noch immer die N-VA, auch sechs Monate nach Amtsantritt. Die Partei, die Belgien spalten will und jetzt auf höchster Landesebene mitregiert, halten ihre nationalistischen Anhänger inzwischen schon für zu "belgisch". Nur so lassen sich die Nervosität und die gemeinschaftspolitischen Sticheleien der Parteispitze in den letzten Tagen erklären, analysiert Le Soir.
Auch Het Nieuwsblad stellt fest: Die N-VA hält ihre nationalistischen Themen am Köcheln. Damit will sie die Hardliner an der Basis beruhigen. So ist auch der neuerliche Aufruf des flämischen Ministerpräsidenten Geert Bourgeois zu verstehen, die Geldtransfers zwischen Flandern und der Wallonie zu untersuchen. Die jährlichen Transferleistungen in Höhe von fünf Milliarden Euro sind bestens bekannt, bemerkt L'Avenir. Trotzdem wird das altbekannte Lied, dass die Wallonen am Tropf der Flamen hängen, wieder angestimmt. Balsam für die nationalistische Seele, die die Partei mit den gezielten Seitenhieben auf die Frankophone beschwichtigen will.
"Wathelet flüchtet vor Milquet"
"Wathelet kehrt der Politik den Rücken und flüchtet vor Milquet", titelt De Standaard. Der ehemalige Staatssekretär Melchior Wathelet von der CDH wird Geschäftsführer eines IT-Unternehmens. Grund für seinen völligen Rückzug von der politischen Bühne dürfte wohl auch der Verrat durch seine Parteikollegin Jöelle Milquet sein, ist die Zeitung überzeugt. Milquet hatte kurz nach der Wahl erklärt, Wathelet sei wegen des Flugroutendebakels Schuld an den Stimmenverlusten der Zentrumshumanisten.
Wenn Wathelet eins gelernt hat, dann das, meint La Libre Belgique: Sobald zu heftiger Gegenwind aufkommt, steht ein Politiker allein im Regen. Wie eine heiße Kartoffel haben ihn Koalitionspartner, aber auch Parteifreunde fallen lassen. Die beschlossene Flugroutenänderung über Brüssel kurz vor den Wahlen tatsächlich durchzuführen, hält die Zeitung trotzdem für den größten Fehler Wathelets. Damit hat er politischen Selbstmord begangen.
Bekommt Belgien eine Technokraten-Partei?
Die einen gehen, die anderen kommen. Der in Flandern bekannte Steuerexperte Michel Maus denkt über die Gründung einer politischen Partei nach, berichtet De Morgen auf seiner Titelseite. Gemeinsam mit zehn Wirtschaftsfachleuten und Juristen will Maus für die nötigen Reformen werben, die Belgien braucht. "Man kann nicht immer nur kritisieren. Irgendwann muss man zur Tat schreiten und in die Politik gehen, wenn man tatsächlich etwas verändern will", sagt der Steuerexperte. Maus will eine Bewegung von Technokraten ins Leben rufen, losgelöst von den traditionellen Parteien.
Hacker-Angriff auf Wallonie
Wie Le Soir berichtet, wurde die Internetseite des wallonischen Wirtschaftsministeriums gehackt. Hinter dem Angriff stecken tunesische Informatiker, die der Terrorgruppe Islamischer Staat nahe stehen. Die Seite "economie.wallonie.be" sei weltpolitisch zwar nicht von großer Bedeutung, die Hacker durchsuchten das Internet aber nach gefährdeten Institutionen, erklärt ein Experte in der Zeitung. Fazit: Die Seite der wallonischen Regionalregierung war nicht ausreichend geschützt.
Businesswoman Hénin und das Jobwunder von Venlo
L'Echo blickt auf das zweite Leben von Justine Hénin - außerhalb des Sports. Die ehemalige Tennis-Weltranglistenerste ist inzwischen zur Businesswoman avanciert. Als Geschäftsführerin hat sie den Tennisclub von Limelette bei Neu-Löwen in ein Kongresszentrum verwandelt. "Ich mag meine neue Rolle als Unternehmerin", erklärt Hénin.
"Das Wunder von Venlo", titelt Het Belang Van Limburg. Während man in Belgisch-Limburg nach der Schließung von Ford Genk noch seine Wunden leckt, werden in der Nachbarprovinz Niederländisch-Limburg Tausende neue Jobs geschaffen. Alleine im Industriegebiet von Venlo sind in den letzten beiden Jahren 3.000 neue Arbeitsplätze entstanden.
Archivbild: Michel Oath (belga)