"Ein Betreuer-Team muss Vergewaltigungsopfern beistehen", titelt De Standaard. "Staatssekretärin Elke Sleurs will bessere Begleitung für Vergewaltigungsopfer", schreibt auch Le Soir auf Seite eins.
Die Debatte über den Umgang mit Vergewaltigungsfällen dauert an. Die Diskussion war nach dem Freitod des SP.A-Politikers Steve Stevaert entbrannt. Stevaert hatte Selbstmord begangen, offenbar weil Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihn ans Licht gekommen waren. Das Opfer hatte erst drei Jahre nach der mutmaßlichen Tat Anzeige erstattet.
Die anschließende öffentliche Diskussion hat gezeigt, dass das längst kein Einzelfall ist. Het Nieuwsblad bringt die Zahlen auf den Punkt: "Jeden Tag werden 86 Frauen in Belgien vergewaltigt, 78 von ihnen sind aber zu beschämt, um die Tat zur Anzeige zu bringen." Heißt: Nur zehn Prozent der Vergewaltigungen werden überhaupt aktenkundig. "Die Hemmschwelle ist nach wie vor zu hoch", sagt die föderale Staatssekretärin für Chancengleichheit, Elke Sleurs, in De Standaard.
Erschreckend hohe Dunkelziffer: Aktionsplan nötig
Die N-VA-Politikerin hat also einen Nationalen Aktionsplan ausgearbeitet. Der soll unter anderem vorsehen, dass Vergewaltigungsopfer künftig von einem Betreuer-Team unterstützt werden sollen. "Ein Arzt und ein Polizist reichen nicht aus", sagt Elke Sleurs. Es bedürfe auch psychologischen Beistands.
So schnell kann es gehen, frotzelt Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Da spült die Tagesaktualität plötzlich eine Problematik an die Oberfläche. Und schon gibt es einen Politiker, der einen Aktionsplan aus dem Hut zaubert. In diesem Fall sind die Maßnahmen aber absolut nötig. Die hohe Dunkelziffer bei Vergewaltigungsfällen macht nachdenklich, ist sogar beschämend. Zumal die Situation seit Jahren bekannt ist. Offensichtlich lag der Aktionsplan, den Staatssekretärin Sleurs jetzt vorgestellt hat, schon seit Jahren in irgendeiner Schublade. Warum er nicht in Kraft getreten ist: Fragezeichen. Es fehlte wohl wie immer das Geld. Hoffentlich ist Elke Sleurs da jetzt konsequenter.
"Doppelmoral-Philosoph" tritt Sturm der Entrüstung los
Nach dem Tod von Steve Stevaert hatte auch der Universitätsprofessor Willem Elias eine Polemik losgetreten. Elias, der ein Freund von Stevaert war, hatte harsche Kritik an dem mutmaßlichen Opfer geübt, eben weil die Frau erst drei Jahre danach Klage eingereicht hatte. Seine Äußerungen auf Facebook hatten für einen Sturm der Entrüstung gesorgt. Dies vor allem, weil Willem Elias nicht nur Professor für Moralphilosophie und Psychologie, sondern auch noch Dekan der Psychologie-Fakultät der VUB, der flämischen Freien Universität Brüssel, ist. De Morgen nennt ihn denn auch den "Doppelmoral-Philosophen".
Seine Aussagen sind unerträglich, wettert De Morgen in seinem Leitartikel. Elias bezeichnet Frauen als "verständliche Schwäche", beschwert sich darüber, dass ein Mann heutzutage seine Triebe nicht mehr ausleben darf. Während seine Studenten also die verheerenden Folgen von sexueller Gewalt untersuchen, banalisiert ihr Dekan Vergewaltigungen. Und wenn es eng wird, dann tut man plötzlich so, als habe man das alles gar nicht so gemeint. Je mehr Frauen mit Worten erniedrigt und damit in gewisser Weise vergewaltigt werden, desto niedriger ist die Hemmschwelle für alle Formen von sexueller Gewalt. Der Dekan kann sich darüber ja mal bei seinen Studenten informieren.
Die VUB hat übrigens inzwischen auf die Polemik reagiert und Professor Elias offiziell gerügt.
Verteidigungsminister kämpft gegen Maulwürfe...
Einige Zeitungen beschäftigen sich mit den Reformplänen von Verteidigungsminister Steven Vandeput. Der N-VA-Politiker entwirft gerade die Architektur für die Armee von morgen. Da gibt es nur ein Problem: Seine Pläne wurden gleich mehrmals in Serie der Presse zugespielt. Da ist offensichtlich der Wurm drin, stellt Gazet van Antwerpen fest. Weder Vandeput noch einer seiner Generäle kann auch nur fünf Buchstaben zu Papier bringen, ohne dass die am nächsten Tag in der Zeitung stehen. Und jeder weiß: Ein Plan, der zu früh an die Öffentlichkeit kommt, ist ein toter Plan. Das mag mit dem Profil des Ministers zu tun haben. Vandeput ist Mitglied der N-VA, die die Spaltung des Landes will. Gerade bei der Armee kommt das gar nicht gut an.
... und für eine (kleine) belgische Cyber-Armee
Inhaltlich erwägt Vandeput unter anderem die Schaffung einer neuen Einheit innerhalb der Streitkräfte, die das Land vor Cyber-Angriffen im Internet schützen soll. "Belgien zieht in den elektronischen Krieg", schreibt auch La Dernière Heure. Allerdings, so fügt das Blatt hinzu: Die Pläne rufen bei Fachleuten allenfalls ein müdes Lächeln hervor. Die neue Cyber-Einheit soll lediglich aus 25 Experten bestehen, die nur über sehr begrenzte finanzielle Mittel verfügen werden.
Für den Krieg im Internet wird also Verstärkung rekrutiert, die locker in ein Klassenzimmer passt, bemerkt ironisch Het Laatste Nieuws. Andere Staaten wie Russland oder Nordkorea spielen da in einer deutlich höheren Liga. Im Grunde steht das aber nur stellvertretend für die Situation in ganz Europa. Quasi alle europäischen Länder verfügen über eine Armee, die so aussieht wie ein Panini-Album, in dem die Hälfte der Sticker fehlt. Ein Grund mehr, endlich über eine erweiterte militärische Zusammenarbeit auf EU-Ebene nachzudenken. Zugegeben: Niemand lässt sich da wohl gerne in die Karten schauen. Man muss die Frage umdrehen: Können wir diese Aufgabe alleine bewältigen?
Mit dem Smartphone bezahlen
"Wie das Telefon zu ihrem Portemonnaie wird", so die Aufmachergeschichte von Le Soir. Die Zeitung bezieht sich hier unter anderem auf ein Pilotprojekt der Supermarktketten Delhaize und Colruyt. Das Prinzip ist einfach: Ein Smartphone ersetzt die Bankkarte, es ist tatsächlich möglich, mit seinem Handy zu bezahlen. Man kann zum Beispiel eine App von Bancontact auf seinem Smartphone installieren, die dann die Bezahlung übernimmt.
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