"Tunesien mitten ins Herz getroffen", titelt Le Soir. "Blutbad in Tunis", schreibt L'Echo. "Touristen sind die neue Zielscheibe der Dschihadisten", meint L'Avenir. Bei dem Anschlag auf das Nationalmuseum von Bardo in Tunis sind mehr als 20 Menschen getötet worden, darunter mindestens 17 ausländische Touristen. Zudem wurden zahlreiche Menschen zum Teil schwer verletzt.
Das Außenministerium spricht von einem belgischen Verletzten. Laut Het Laatste Nieuws und L'Avenir sollen es aber mehrere Belgier sein. Überlebende berichten in Het Nieuwsblad von Szenen des Horrors: "Wir lagen zwei Stunden am Boden und hatten Todesangst, weil wir die ganze Zeit Schüsse hörten". Le Soir meint: Tunesien galt als Vorbild für die arabische Welt. Ein Land, in dem der Arabische Frühling einen positiven Wechsel bewirkt hatte. Ein Land mit einer Verfassung und freien Wahlen. Kurzum: Demokratie. Das mörderische Attentat hat die optimistischen Zukunftspläne des Landes mit einem Mal zerschlagen.
Tunesien: Demokratie und Brutstätte für Terroristen
Doch Tunesien weist auch ein großes Paradox auf, bemerkt De Morgen. Trotz der neuen demokratischen Grundeinstellung sind die Verbindungen zur Terrororganisation IS nirgends größer. Aus keinem anderen Land der Welt nehmen so viele islamistische Kämpfer an den Bürgerkriegen in Syrien, dem Irak und Libyen teil wie aus dem kleinen Tunesien. 500 Dschihadisten sollen bereits in ihr Heimatland zurückgekehrt sein und bilden damit eine große Gefahr für die tunesische Demokratie.
Nicht ohne Grund beschreiben Experten sie als "tickende Zeitbomben". Mehr denn je braucht die tunesische Regierung, brauchen die Menschen in Tunesien unsere Unterstützung, findet Le Soir. L'Avenir fügt hinzu: Die Dschihadisten wollten nicht bloß ein paar westliche Touristen oder den tunesischen Staat treffen. Sie wollten den Arabischen Frühling, das Streben nach mehr Demokratie in der Region niederschießen.
Der Westen hat gestern gleich zwei Illusionen verloren, notiert Het Laatste Nieuws. Die viel gelobte Freiheit in Tunesien steht auf wackligen Beinen, und in Israel ist es doch nicht zum erhofften Politikwechsel gekommen. Bei der Parlamentswahl hat es einen Rechtsruck gegeben und Premierminister Benjamin Netanjahu wird wohl im Amt bleiben. Damit haben sich alle Hoffnungen auf eine Annäherung im Konflikt mit den Palästinensern zerschlagen, bemerkt La Libre Belgique. Einen palästinensischen Staat wird es wohl erst im Jahr 3.000 geben - und dazu noch auf dem Mond, befürchtet das Blatt.
Justizreform: geteilte Reaktionen
Alle Zeitungen befassen sich mit den Plänen von Koen Geens zur Reform der Justiz. Die Institution soll nach den Vorstellungen des CD&V-Ministers moderner, schneller und effizienter werden. Teure Schwurgerichtsprozesse soll es nur noch in Ausnahmefällen geben. Für die U-Haft plant Geens strengere Regeln. Gefängnisstrafen unter einem Jahr sollen abgeschafft werden, weil sie ohnehin eher kontraproduktiv sind und durch alternative Strafen wie Sozialstunden ersetzt werden.
Umstrittenster Punkt der Reform, berichtet Het Nieuwsblad: Bei Gefängnisstrafen unter fünf Jahren sollen die Häftlinge "automatisch" nach der Hälfte der verbüßten Haftzeit unter Bedingungen freigelassen werden. Sofern die Staatsanwaltschaft nicht ausdrücklich strengere Maßnahmen fordert. Die Meinungen gehen weit auseinander. Bislang ist es ja so, dass Häftlinge bereits nach einem Drittel ihrer Strafe einen Antrag auf Freilassung stellen können. Für die einen kommt die Reform von Justizminister Geens also einer Verschärfung der heutigen Regeln gleich. Häftlinge automatisch bereits nach der Hälfte ihrer Strafe wieder freizulassen, halten andere aber für bedenklich.
De Standaard findet: Ganz allgemein enthalten die Reformpläne gute Ansätze. Jedoch kann sich hinter jedem Satz Sprengstoff verbergen. Innerhalb der Koalition, aber vor allem im Parlament werden die Vorschläge für hitzige Debatten sorgen. Den Worten müssen jetzt Taten folgen, meint Het Belang Van Limburg. Koen Geens, selbst ein renommierter Jurist, muss dafür sorgen, dass seine Pläne schnell umgesetzt werden, damit die Justiz effizienter, gerechter und auf lange Sicht auch kostengünstiger wird.
Het Nieuwsblad findet jedenfalls, dass man Geens' Plänen eine Chance geben muss. Sollte das Reformvorhaben erneut im Keim erstickt werden, wird sich wieder nichts ändern und die Justiz arbeitet weiter wie anno dazumal.
"Noiraud" Didier Reynders
In Frankreich sorgt Außenminister Didier Reynders für Schlagzeilen, berichtet Het Laatste Nieuws. Der Grund: Reynders hat - ganz schwarz geschminkt - am traditionellen Umzug der "Noirauds" in Brüssel teilgenommen, um Geld für bedürftige Kinder zu sammeln. Kritiker sprechen von einem Skandal und werfen ihm Kolonialismus vor. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch fragt sich sogar, ob Reynders Außenminister bleiben kann.
Die Sache war durch einen Beitrag im französischen Fernsehen ins Rollen gekommen.
Bild: Jasper Jacobs (belga)