"Kopf-an-Kopf-Rennen", schreiben Le Soir und De Standaard auf Seite eins. Die Rede ist von den Parlamentswahlen in Israel. Dort lagen das rechte und das linke Lager lange Zeit mehr oder weniger gleich auf. Inzwischen scheint sich dann doch ein vergleichsweise klarer Sieg der rechtsgerichteten Likud-Partei des scheidenden Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu abzuzeichnen. Für viele Israelis war es eine Schicksalswahl. Der Dauerkonflikt mit den Palästinensern und einigen Nachbarstaaten hat soziale Probleme im Land ausgeblendet. "Israel hofft auf einen Messias", schreibt denn auch De Morgen.
13 Millionen Belgier
"Im Jahr 2060 werden wir 13,1 Millionen Belgier sein", so die Aufmachergeschichte von La Libre Belgique. Das jedenfalls geht aus den jüngsten Prognosen des Plan-Büros hervor. 13,1 Millionen Einwohner, das sind rund zwei Millionen mehr als heute. Für dieses Bevölkerungswachstum gibt es verschiedene Gründe, unter anderem die höhere Lebenserwartung und die Einwanderung.
Diese Zahlen sollten uns wachrütteln, mahnt La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Im Jahr 2060 wird die Lebenserwartung bei über 85 Jahren liegen, rund 15.000 Menschen werden über 100 Jahre alt sein, achtmal mehr als heute. Heißt also: Wir müssen uns schnellstmöglich auf die Vergreisung der Bevölkerung einstellen. Dabei ist es von größter Wichtigkeit, dass die Menschen möglichst lange im Arbeitsleben bleiben. Das mag nicht jedem gefallen, wir haben aber keine Wahl.
"Intelligent" sparen
Womit wir bei der Innenpolitik wären. "Die N-VA hat die soziale Sicherheit im Fadenkreuz", titelt De Standaard. Hintergrund für diese Schlagzeile ist die anstehende Haushaltskontrolle. Nach übereinstimmenden Informationen der Zeitungen muss die Regierung zwei Milliarden Euro auftreiben, um den Haushalt in der Spur zu halten. Die christdemokratische CD&V ist der Auffassung, dass die Sozialausgaben nicht mehr zusätzlich beschnitten werden können. Die N-VA nimmt da fast schon den gegenteiligen Standpunkt ein: Die Nationalistenpartei will vor allem in der sozialen Sicherheit Einsparungen vornehmen. Alle Beteiligten rechnen deshalb mit harten und darüber hinaus langen Verhandlungen.
De Standaard stellt in seinem Leitartikel einen möglichen Lösungsansatz in den Raum: Man sollte schlicht und einfach intelligent sparen. Jedenfalls sollte jedem einleuchten, dass so genannte "lineare" Sparmaßnahmen, die also jeden Haushaltsposten gleich betreffen würden, dass das nicht der Weg sein kann. Die NATO hat es uns doch letztlich vorgemacht: Das Bündnis empfiehlt Belgien, nur noch das zu tun, was man wirklich gut kann, und deswegen etwa die Fregatten einzumotten. Prioritäten setzen und sich von Unsinn verabschieden, das ist der Weg.
Vogelscheuche auf dem Schlachtfeld
Der zuständige Kammerausschuss hat derweil die ganze Nacht lang über den Indexsprung debattiert. Am frühen Morgen wurden die entsprechenden Gesetzestexte mit den Stimmen der Mehrheit verabschiedet.
L'Avenir sieht in dem Streit um den Indexsprung ein Symbolgefecht. Für die Mehrheit steht der Indexsprung stellvertretend für den frischen Wind, den die Regierung wehen lassen will. Für die Opposition und die Gewerkschaften ist es der "Fuß in der Tür". Der Indexsprung wäre demzufolge nur der Anfang, im Fahrwasser könnten da noch viel drastischere Maßnahmen folgen. Der Indexsprung ist also in gewisser Weise vergleichbar mit einer Vogelscheuche mitten auf dem Schlachtfeld zwischen Rechts und Links.
Psychiatrie-Patientin in Gefängniszelle
Viele flämische Zeitungen beschäftigen sich weiter mit einer Geschichte, die seit Anfang der Woche mächtig für Diskussionsstoff sorgt. In Antwerpen musste ein 17-jähriges Mädchen mit psychischen Problemen eine Nacht in einer Gefängniszelle übernachten, weil es keinen Platz in einer angemessenen Auffangstruktur gab. "Beschämend", wettert die Zeitung De Morgen, die ihren Leitartikel ausnahmsweise auf der Titelseite abdruckt.
Alle Beteiligten behaupten steif und fest, sich in dieser Angelegenheit strikt an alle Prozeduren und Vorschriften gehalten zu haben. Nun, wenn das so ist, dann gibt es eben ein Problem mit besagten Prozeduren und Vorschriften. Eine Gefängniszelle, das ist nun mit Abstand der allerletzte Ort, wo man eine außerdem minderjährige Psychiatrie-Patientin unterbringen darf. Zudem reicht man damit die Verantwortung an Jugendrichter und Polizisten weiter, die nicht mal im Ansatz über die nötigen Qualifikationen verfügen. Das Ganze erlaubt ein nachdenkliches Fazit: Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Interessen der hart Arbeitenden und der Unternehmer wichtiger sind als die Sorge für die Schwächsten und Verletzlichsten.
Gazet Van Antwerpen schlägt in dieselbe Kerbe. Die Geschichte ist einfach nur schockierend. Man muss sich das vorstellen: Eine 17- Jährige, die noch ihr Kuscheltier unterm Arm hat und eine Tüte mit Medikamenten. Mutterseelenallein am Antwerpener Justizpalast, weil Krankenhäuser und psychiatrische Einrichtungen nicht wussten, wohin mit ihr. Der Grund liegt auf der Hand: In der ganzen Provinz gibt es nur acht Betten in spezialisierten Einrichtungen. Die Geschichte vom Montag ist denn auch kein Einzelfall. Und wir reden von morgens bis abends über den Haushalt, die Frühpensionen oder den Indexsprung. In der Zwischenzeit sollte man aber bitte verhindern, dass wir zu einer Gesellschaft werden, die nicht mehr für die Schwächsten sorgen kann.
"Schluss mit dem Palaver!", fordert auch Het Laatste Nieuws. Jedes Mal, wenn solche Fälle ans Licht kommen, geloben alle Beteiligten Besserung. Man werde die Lehren aus dem Vorfall ziehen, heißt es dann. Zugleich werden Zukunftspläne versprochen. Die Botschaft kann aber jetzt nur lauten: "Butter bei die Fische".
SNCB: ein Posten, zwei Leute
"Die Nummer zwei der SNCB soll nach seiner Pensionierung als Berater wieder eingestellt werden", schreibt L'Echo auf Seite eins. Es handelt sich um Michel Allé. Der soll in Kürze in den Ruhestand treten. Bahnchef Jo Cornu will den Mann aber an seiner Seite behalten und bietet ihm einen lukrativen Beratervertrag: 330.000 Euro pro Jahr. Der Punkt ist, schreibt L'Echo: Die SNCB hat schon einen Nachfolger für Michel Allé benannt, warum braucht man also jetzt zwei Leute für einen Posten?
Foto: Jack Guez (afp)