"Die Mehrheit der Belgier misstraut ihren Politikern", titelt La Libre Belgique. Wie aus einer Meinungsumfrage der Zeitung hervorgeht, halten es viele für bedenklich, dass Abgeordnete neben ihrer politischen Tätigkeit als Rechtsanwalt, Notar, Arzt oder Firmenchef aktiv bleiben. Für 52 Prozent der Befragten ist das sogar der Hauptgrund für Interessenkonflikte und Korruptionsfälle. Anlass für die Umfrage sind die aktuellen Skandale um die MR- Politiker Serge Kubla und Armand De Decker. Beiden wird Korruption beziehungsweise Vorteilsnahme im Amt vorgeworfen.
Das Misstrauen der Bevölkerung, der teilweise Hass gegen die politische Klasse ist besorgniserregend, so die Zeitung. Man sollte nämlich nicht alle Amtsträger über einen Kamm scheren. Politiker zu sein ist kein einfacher Beruf. Natürlich gibt es einige schwarze Schafe. Und genau deshalb sollten sich alle Volksvertreter noch einmal hinter die Ohren schreiben, dass ihre Aufgabe darin besteht, dem Staat zu dienen und sich nicht bei ihm zu bedienen, mahnt La Libre Belgique.
FGTB kündigt neuen Streik an - Arbeitgeber genervt
"Kein Zug und auch kein Unterricht am 22. April", titelt Het Belang van Limburg. Die FGTB hat für diesen Tag eine landesweite Streikankündigung hinterlegt und will den Öffentlichen Dienst lahmlegen. Betroffen sind neben der Bahn auch die Post, Verwaltungen, Schulen und der Öffentliche Nahverkehr. Die anderen Gewerkschaften haben noch nicht beschlossen, ob sie sich anschließen werden - zur Not will die sozialistische Gewerkschaft ihre Aktion aber auch im Alleingang durchziehen.
"Die Arbeitgeber haben die Schnauze von der FGTB gehörig voll", erklärt ein extrem genervter Karel Van Eetvelt vom Unternehmerverband Unizo in Het Nieuwsblad. Er bezeichnet das Vorgehen der CGSP, der sozialistischen Gewerkschaft im Öffentlichen Dienst, als einen "Dolchstoß in den Rücken der Sozialverhandlungen". Trotz Abkommens in der Zehnergruppe torpediere die rote Gewerkschaft die gemeinsamen Anstrengungen der Sozialpartner.
Het Nieuwsblad findet: Die FGTB prescht mal wieder vor. Rückhalt in der Bevölkerung oder Abstimmung mit den anderen Gewerkschaften sind ihr egal. Hauptsache, man verschafft sich Gehör. Der Rest der Bevölkerung muss dem Treiben frustriert und mit zunehmender Empörung zusehen.
Genauso sieht es Gazet van Antwerpen: Es kann nicht sein, dass einige streikwütige Gewerkschaftsmitglieder das komplette Bahnnetz lahmlegen. SNCB und Schienennetzbetreiber Infrabel arbeiten bereits an der Erstellung eines Notfahrplans. Der wird zwar nicht alle Probleme lösen, aber den Gewerkschaften zumindest zeigen, dass sie sich nicht alles erlauben können.
"Willkommen in der Realität"
Het Laatste Nieuws meint dagegen: Ganz Unrecht hat die FGTB nicht. Man kann nicht ernsthaft weiter behaupten, die Qualität im Öffentlichen Dienst steigern zu wollen, während dort seit Jahren Stellen abgebaut werden. Dieses in rechtsliberalen Kreisen beliebte Dogma stößt jetzt sogar bei der N-VA an seine Grenzen. Willkommen in der Realität, schreibt das Blatt in Richtung der flämischen Nationalisten. Trotzdem hält die Zeitung die Vorgehensweise der FGTB für falsch. In erster Linie streikt die sozialistische Gewerkschaft nämlich für sich selbst. Vielleicht sollte ihnen mal jemand erklären, dass wir mittlerweile das Jahr 2015 schreiben und die fetten Jahre, in denen man alles fordern konnte, vorbei sind.
Het Belang van Limburg fragt in diesem Zusammenhang: Wo bleibt der Tax-Shift, den die Regierung versprochen hatte? Ohne die Steuerverschiebung wird es keinen Sozialfrieden im Land geben, ist die Zeitung überzeugt.
Urteil: Religion kein Pflichtfach mehr
"Religion ist kein Pflichtfach mehr", schreibt La Dernière Heure auf Seite eins. Laut einem Urteil des Verfassungsgerichts darf Religions- beziehungsweise Moralunterricht an staatlichen Schulen der Französischen Gemeinschaft nicht mehr verpflichtend sein. Das macht Sinn, bemerkt Le Soir. In Flandern gilt das übrigens schon länger. Dennoch darf es jetzt nicht dazu kommen, dass Schüler, die nicht an diesem Unterricht teilnehmen wollen, einfach in einem Pausenraum geparkt werden. Stattdessen müssen sinnvolle pädagogische Angebote geschaffen werden. Die Pläne von Bildungsministerin Joëlle Milquet, an den staatlichen Schulen in der Wallonie und Brüssel das Fach Bürgerrechtskunde einzuführen, hält die Zeitung für eine gute Idee.
L'Avenir fügt hinzu: Von der Fusion von Öffentlichem und katholischem Bildungswesen, die seit Jahren angedacht wird, sind wir durch dieses Urteil wieder weiter entfernt als zuvor.
Fehler bei der Steuerberechnung und der belgische Bierkonsum
L'Echo weist auf einen Fehler bei der Berechnung der Grundsteuer hin. Der sogenannte Immobiliensteuervorabzug wird durch das föderale Finanzministerium seit Jahren falsch indexiert. Die Folge: Kommunen und Provinzen, denen diese Steuer zugute kommt, sind in den letzten 25 Jahren insgesamt 110 Millionen Euro durch die Lappen gegangen.
Die Zeitung berichtet außerdem über den Bierkonsum der Belgier. Trotz weltweitem Abwärtstrend ist die hierzulande verkaufte Biermenge ganz leicht auf 8,1 Millionen Hektoliter angestiegen - WM und Roten Teufeln sei Dank.
Archivbild: Benoit Doppagne (belga)