"Es geht wieder los", titelt L'Avenir. "Die Konfrontation", so die Schlagzeile von Le Soir. "Die Gewerkschaften greifen wieder zu den Waffen", schreibt L'Echo.
Am Mittwoch haben die Gewerkschaften eine Kundgebung vor der Brüsseler Oper abgehalten. Daran haben rund 10.000 Menschen teilgenommen. Die Demonstration war schon länger geplant und sollte sich eigentlich in erster Linie gegen den Indexsprung richten. Obendrauf kam dann aber dann noch die Polemik um die Reform der Frühpensionsregelung.
Nach dem Heißen Herbst könnte jetzt also ein Heißer Frühling folgen, sind sich viele Zeitungen einig. Dabei könnte auch ein neuer Begriff in den allgemeinen Wortschatz Einzug halten: "Sie demonstrieren nicht mehr, aber jetzt halten sie 'Mitgliederkonzentrationen' ab", schreibt Het Laatste Nieuws auf Seite eins. Die CSC spricht auch von "statischen Aktionen". In den nächsten Wochen sind jedenfalls eine ganze Reihe solcher Kundgebungen vorgesehen. Von klassischen Streiks ist derzeit aber nicht die Rede.
CSC zwischen den Stühlen
Grund dafür ist die Haltung der christlichen CSC, analysiert Gazet van Antwerpen in ihrem Leitartikel. Trotz der aufgeheizten Stimmung versucht die CSC weiterhin, den Ball flach zu halten. Und die sozialistische FGTB will offensichtlich nicht im Alleingang einen Streik vom Zaun brechen, weil sie Angst hat, dass man das als politische Aktion interpretiert. Schließlich sind die Sozialisten auf föderaler Ebene in der Opposition. Heißt also: Die Regierung muss in erster Linie die CSC bearbeiten.
Die CSC ist in einer schwierigen Position, glaubt L'Avenir. Traditionell positioniert sich die christliche Gewerkschaft im politischen Zentrum. Dort ist das Klima im Moment aber ziemlich ungemütlich. Die CD&V in der Föderalregierung weiß davon ein Lied zu singen. Es ist immer leichter, klar rechts oder klar links zu sein. Konkret: Eigentlich geht es hier um einen Zweikampf zwischen der sozialistischen FGTB einerseits, die ihre Truppen problemlos mobilisieren kann, und auf der anderen Seite der N-VA. Die CSC steht mittendrin und wird im Grunde von beiden Seiten beschossen.
Wie La Libre Belgique berichtet, denkt man in der Wallonie inzwischen über Mittel und Wege nach, die Föderalregierung dazu zu zwingen, den Sozialen Dialog zu respektieren. "Der Soziale Dialog sei integraler Bestandteil einer Demokratie", zitiert die Zeitung den ostbelgischen PS- Abgeordneten Edmund Stoffels. Stoffels, der normalerweise ein eher ruhiges Gemüt habe, sei richtig wütend auf die Föderalregierung, schreibt La Libre Belgique. Jedenfalls könnte die Wallonische Region in diesem Zusammenhang einen Interessenkonflikt geltend machen.
Gesangsfest sorgt für Misstöne
Neue Auseinandersetzung auch zwischen PS und N-VA: Am Wochenende hatte in Antwerpen das Flämisch-nationale Gesangsfest stattgefunden. Das ist sozusagen das Hochamt der Flämischen Bewegung. Das Organisationskomitee ist für seine radikalen Positionen bekannt. Unter anderem waren auch Parolen zu hören wie "België Barst", "Möge Belgien zerbrechen". Im Publikum saßen auch einige N-VA-Politiker, die auf föderaler Ebene wichtige Posten bekleiden, allen voran der Kammervorsitzende Siegfried Bracke und auch die beiden Föderalminister Jan Jambon und Steven Vandeput.
Das provozierte eine wütende Reaktion von Seiten der PS- Fraktionsvorsitzenden in der Kammer, Laurette Onkelinx. "Onkelinx singt nicht mit der N-VA", schreibt dazu Le Soir. Die feurige Sozialistin schrieb einen Brandbrief an Premierminister Charles Michel. Darin bringt sie ihre Empörung darüber zum Ausdruck, dass föderale Amtsträger an einer solchen Veranstaltung teilnehmen. "Wenn Bracke singen wolle, dann könne er das ja unter der Dusche machen", wird Onkelinx von La Libre Belgique zitiert.
Le Soir gibt den Sozialisten Recht: Niemand verbietet es gewöhnlichen N-VA-Mitgliedern, einer solchen Veranstaltung beizuwohnen. Dass man aber Föderalminister in diesem Mekka des Separatismus findet, ist inakzeptabel. Und geradezu unannehmbar ist die Präsenz des Kammervorsitzenden Siegfried Bracke, der immerhin laut Protokoll Erster Bürger dieses Landes ist. Wer geglaubt hatte, die Nationalistenpartei wäre gemäßigter geworden, der hat sich also geirrt. Die N-VA spielt nach wie vor ein doppeltes Spiel.
Sozialbudget entgleist
Der Föderalregierung droht derweil neues Ungemach: "Es gibt ein zusätzliches Defizit in Höhe von einer Milliarde Euro", so die Schlagzeile von De Morgen. "Das Budget der Sozialen Sicherheit entgleist", warnt auch L'Echo auf Seite eins. Demnach liegt der Fehlbetrag um fast eine Milliarde höher als gedacht. Hintergrund ist unter anderem die Tastsache, dass weniger Sozialbeiträge abgeführt werden, schlicht und einfach, weil weniger Menschen arbeiten als vorher und weil die Gehälter nicht steigen.
"Illegale Soldaten auf den Straßen" und der Säureattentäter
"Soldaten in den Straßen: Ab jetzt ist das illegal", schreibt La Libre Belgique. Das jedenfalls behauptet ein Anwalt aus Antwerpen. Es ist ja so, dass die Terrorwarnstufe wieder auf Niveau zwei abgesenkt wurde. Und in einem solchen Kontext sei die Präsenz von Soldaten vor Gebäuden nicht mehr zu rechtfertigen, meint der Anwalt.
"Der Säureattentäter ist ein Jurist aus Amsterdam", so die Aufmachergeschichte von Het Nieuwsblad. Das Blatt druckt auch ein Foto des Mannes ab, der vor knapp einem Monat in einem Delhaize-Supermarkt in Antwerpen eine Frau mit Säure angegriffen hatte. Vor einigen Tagen ist er in Frankreich festgenommen worden. Seine Familie hatte ihn auf den veröffentlichten Fahndungsfotos erkannt und nachdem er identifiziert war, konnte man auch gezielt nach ihm suchen. Der 42- Jährige kann offenbar ziemlich schnell an Belgien ausgeliefert werden.
Bild: Eric Lalmand (belga)