"Einigung über die Frührente", titelt Het Laatste Nieuws. "Die Regierung übernimmt weitgehend das Vorabkommen der Sozialpartner", schreibt L'Echo. "Für heutige Frührentner ändert sich nichts", bemerkt Het Belang Van Limburg. "Von neuen Frührentnern verlangt die Regierung aber eine angepasste Verfügbarkeit", so die Schlagzeile von L'Avenir.
Stundenlang hatte die Koalition Freitag getagt und über den Vorschlag von Arbeitgebern und Gewerkschaften beraten. Die Regierung hat nur eine kleine, aber feine Änderung vorgenommen, bemerkt Het Nieuwsblad.
Für alle, die künftig die so genannte Arbeitslosigkeit mit Betriebszuschlag in Anspruch nehmen werden, hatten die Sozialpartner ja lediglich eine "passive Verfügbarkeit" gefordert. Sprich: Wenn das Arbeitsamt einen neuen Job für einen Arbeitslosen über 60 findet, muss er den auch annehmen.
Die Regierung bevorzugt dagegen eine aktivere Herangehensweise. Neue Frührentner sollen künftig weiter nach Arbeit suchen müssen - allerdings mit speziell auf sie zugeschnittenen Begleitprogrammen. "Sie werden künftig Bewerbungen schreiben müssen", erklärt Vize-Premier Alexander De Croo von der OpenVLD in der Zeitung. "Allerdings werden wir sie anders begleiten als 25-Jährige".
Regierung geht auf Sozialpartner zu
Innerhalb der Koalition war das Thema höchst umstritten. Der Kompromiss hat Premierminister Charles Michel Blut, Schweiß, Tränen und sehr viel Zeit gekostet. Dennoch begrüßt La Libre Belgique die Einigung. Die Gewerkschaften sollten sich vor allem darüber freuen, dass die Regierung zurück gerudert ist.
Geschlossene Verträge werden nicht postwendend abgeändert: Für die aktuellen Frührentner soll ja alles so bleiben wie es ist. Genau so schätzt auch Het Nieuwsblad die Lage ein: In den von der Regierung vorgenommenen Änderungen an der Vorlage der Sozialpartner sieht die Zeitung keinerlei Gründe für eine neue Kriegserklärung der Gewerkschaften. Alle Akteure sollten diesen symbolischen Konflikt schnellstmöglich beenden.
Auch Gazet Van Antwerpen lobt die großzügige Geste, das Entgegenkommen der Föderalregierung. L'Echo fügt hinzu: Arbeitgeber und Gewerkschaften müssen verstehen, dass ihre Verhandlungen kein Demokratie-Ersatz sind. Die Beratungen der Sozialpartner dienen nicht dazu, Regierungsentscheidungen zu verhindern.
Belgier verlassen den Arbeitsmarkt zu früh
Nach Ansicht von De Standaard ist diesmal kein belgischer Kompromiss zustande gekommen, sondern eine Einigung, die uns tatsächlich weiter bringt. Het Laatste Nieuws meint: Zwar gibt es hierzulande schon deutlich weniger 55-Jährige im Ruhestand als noch vor zehn Jahren, dennoch bleibt der Beschäftigungsgrad älterer Arbeitsnehmer in Belgien problematisch.
Wir verlassen den Arbeitsmarkt noch immer zu früh und landen in der EU-Statistik direkt hinter Griechenland. Jedem sollte klar sein, dass dieses System angesichts der immer älter werdenden Bevölkerung schon mittelfristig nicht mehr finanzierbar ist.
Einzig De Morgen bewertet den Kompromiss der Koalition zur Frührente kritisch. Da die Regierung das Abkommen der Sozialpartner nach Ansicht der Zeitung nicht nur leicht, sondern wesentlich verändert hat.
De Wever: "Dauerstreit frustriert mich"
Im Gespräch mit De Morgen erklärt N-VA-Chef Bart De Wever, dass die ständigen Streitigkeiten in der Regierung Michel ihn frustrieren. "Ich hatte gehofft, dass das Orchester eine Symphonie spielt und keine Kakofonie".
Vor allem Arbeitsminister Kris Peeters von den flämischen Christdemokraten sei ein erschwerender Faktor. Seine CD&V bremse die Regierung aus. So könne es jedenfalls nicht weiter gehen, sagt De Wever.
De Wever gilt als Architekt der Mitte-Rechts-Regierung. Das Bündnis aus N-VA, CD&V, MR und OpenVLD bezeichnete er einst als seine Traumkoalition.
Generationengerechtigkeit und Frauenquote
Le Soir bringt ein Interview mit Notenbankchef Luc Coene. Der verlässt am Dienstag die Nationalbank und wechselt zur neuen Aufsichtsstelle für Großbanken bei der EZB in Frankfurt. Er ruft die Politiker auf, sich mit den echten Herausforderungen des Landes zu beschäftigen - die da wären: Alterung der Gesellschaft, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung.
Coene wirft den Verantwortlichen mangelnden politischen Mut vor. Vor allem das Thema Generationengerechtigkeit werde in Belgien zum Leidwesen der Jüngeren stiefmütterlich behandelt.
Internationaler Frauentag
Einen Tag vor dem Internationalen Frauentag befassen sich De Morgen und Het Belang Van Limburg mit dem Thema. Dieser Tag ist auch anno 2015 wichtiger denn je. In vielen Ländern der Welt wird das weibliche Geschlecht noch massiv benachteiligt.
Zur Frauenquote meint Het Belang Van Limburg: Der Begriff klingt abtörnend, aber das Quotenprinzip funktioniert und bringt Frauen auch in höhere Positionen. Mentalitätsänderungen wären zwar schöner und erstrebenswerter, funktionieren in der Praxis aber bislang nicht.
Überführt dank… Ohrabdrucks
Laut La Dernière Heure hat die Polizei ein neues Mittel, um Verbrechern auf die Schliche zu kommen. Neben den Fingerabdrücken und den DNA-Spuren analysieren die Fahnder immer häufiger Ohrabdrücke.
Ohrmuscheln sind bei jedem Menschen unterschiedlich. Bislang konnten dank der neuen Technik in Belgien 35 Straftäter überführt werden, schreibt das Blatt.
akn - Bild: Michel Krakowski (belga)