Für De Standaard stand der verstorbene Präsident Lech Kaczynski unter dem kommunistischen Regime an der Wiege der freien Gewerkschaft Solidarität. Als Präsident wurde er zum patriotischen Beschirmer der katholischen Werte. Doch sein Stern verblasste. Tausende Polen zogen in die Kirchen und vor den Präsidentenpalast, um ihren verstorbenen Präsidenten zu ehren und ihre Trauer zu teilen. Freund und Feind loben Lech Kaczynski. Doch die Trauer vertreibt nur eine Zeitlang die politischen Gegensätze. Polen ist jetzt solidarisch in der Trauer, bald aber gespalten in Wut.
De Morgen meint: In Belgien wäre Lech Kaczynski ein unmöglicher Politiker, mit seinen Angriffen gegen Homosexuelle und seiner Befürwortung der Todesstrafe. Doch trotz seiner Rhetorik und seines harten nationalistischen und katholischen Standpunktes war er ein Staatsoberhaupt, das in Europa eine Rolle spielte. Es gibt in Polen Parteien und Politiker, die eine Politik vertreten, die mehr dem europäischen Mainstream folgt. Kaczynski blieb jedoch innerhalb des demokratischen Spielfelds. Wer die Geschichte seines Landes kennt, weiß, dass dies schon außergewöhnlich war.
Le Soir schreibt in seinem Leitartikel: Polen hat zweifellos der Geschichte einen hohen Preis gezahlt. Dieser Flugzeugabsturz, der erneut Polen und Russen wie ein unabwendbares Schicksal vereint, erweckt das Gefühl eines Märtyrervolkes. Die Zeit nach Kaczynski wird zu einer Ablösung der Generationen führen. Polen wird sich mehr den wichtigen Fragen zuwenden können und eine zu emotionale Parteipolitik beiseiteschieben. Das Land kann sich mehr den humanistischen Werten des Westes zuwenden. Neue Politiker können diese Gelegenheit nutzen.
Vers l'Avenir geht der Frage nach, wie die Nachfolge in Belgien organisiert ist. Wenn das Staatsoberhaupt und der Regierungschef bei einem Flugzeugunfall sterben, ist die Ablösung des Königs durch den Kronprinzen innerhalb von zehn Tagen geregelt. Das Amt des Premierministers müsste vorübergehend durch einen Vizepremier übernommen werden.
BHV - eine Lösung ist unbedingt erforderlich
Auch La Libre Belgique widmet der Flugzeugkatastrophe und ihren Folgen drei Seiten. In ihrem Leitartikel geht die Zeitung jedoch erneut auf die Spaltung des Wahlbezirks Brüssel-Halle-Vilvoorde ein, die in den nächsten Tagen akut wird. Rein juristisch gibt es keinerlei Zwang, die Verhandlungen jetzt zu führen. Die nächsten Föderalwahlen können auch ohne eine Lösung für BHV durchgeführt werden. Doch ohne eine solche Lösung erhalten die flämischen Nationalisten weiteren Auftrieb. Die frankophonen Parteien dürfen keine Schwäche zeigen, aber auch keine Leidenschaft. Ein Abkommen über BHV erfordert Kompromissbereitschaft und Verzicht.
Het Laatste Nieuws bemerkt: Außer Premier Leterme weiß im Augenblick niemand, was der königliche Vermittler Dehaene als Lösung für BHV vorschlagen wird, um zu vermeiden, dass das Land in eine große gemeinschaftspolitische Krise stürzt. Der psychologische Effekt eines Scheiterns wäre totale Mutlosigkeit. Dehaene gilt als letzte Trumpfkarte. Natürlich ist BHV nicht mehr als ein Dorfstreit. Doch im Grunde geht es um die universale Angst der Menschen, ihre Sprache durch eine international stärkere Sprache, in diesem Fall Französisch, verdrängt zu sehen.
Pädophilie: das Nachhutgefecht des Vatikans
Het Nieuwsblad kommentiert die schwache Reaktion der katholischen Kirche auf den Kindermissbrauch durch Geistliche. Ununterbrochen treten Opfer der Pädophilie aus dem Schatten der Anonymität. Sie sprechen über den Missbrauch und das Totschweigen. Man sieht, dass viele Priester jahrelang ungestört neue Opfer missbrauchen konnten. Ihre Führung reagierte bestenfalls mit einer Versetzung. Das war auch in Belgien gebräuchlich. Die Kirche besaß die Macht, alles unter den Teppich zu fegen, was man nicht sehen sollte. Unterdessen führt der Vatikan ein Nachhutgefecht um die Macht, die langsam abbröckelt und das Ansehen des Papstes zu retten, der trotz allem nicht unfehlbar erscheint.
De Standaard teilt diese Meinung und fügt hinzu: Der Mantel der Liebe der katholischen Kirche trägt zahlreiche hässliche Flecken.