"Frontalangriff im eigenen Haus", titelt De Morgen. "Der bitterböse Affront des Benjamin Netanjahu", so die Schlagzeile von La Libre Belgique. "Netanjahu kam, sah und spaltete", schreibt De Standaard auf Seite eins. Viele Zeitungen beschäftigen sich zunächst mit dem umstrittenen Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in den USA. Eingeladen wurde er nicht etwa von US-Präsident Barack Obama, sondern vom Sprecher des Repräsentantenhauses, John Boehner. Boehner gehört den oppositionellen Republikanern an. Obama jedenfalls hat Netanjahu gar nicht erst empfangen. Stattdessen hielt der israelische Ministerpräsident eine vielbeachtete Rede vor dem US-Kongress. Darin kritisierte er mit scharfen Worten die derzeitige Iran-Politik des Weißen Hauses.
Der Haussegen zwischen Israel und den USA hängt mächtig schief, stellt La Libre Belgique in ihrem Leitartikel fest. Spaltpilz ist der Iran: Israel fürchtet ein Abkommen zwischen der US-Regierung und Teheran. Netanjahu bemüht da gerne das Schreckgespenst eines nuklear bewaffneten Schurkenstaates. Im Endeffekt hat Netanjahu eigentlich nur Angst vor einem Wiedererstarken des Iran auf der regionalpolitischen Bühne. Dafür pokert er aber hoch. Der Letzte, der eine Spaltung zwischen Washington und Tel Aviv provozieren wollte, der ist in Israel in der Opposition gelandet.
"Dieses Abkommen ist unteilbar"
Die Gewerkschaften stellen die Regierung vor die Wahl, titelt De Standaard. Het Nieuwsblad spricht auf Seite eins von einem "Dilemma für die Regierung". Hintergrund ist das jüngste Abkommen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften über eine Abschwächung der Maßnahmen für Frührentner. Nach dem Willen der Regierung sollten Menschen, die in den Genuss einer Frühpensionsregelung gekommen sind, ab jetzt dem Arbeitsmarkt wieder vollständig zur Verfügung stehen. Das hatte sogar dazu geführt, dass Betroffene ihre Altersresidenz im Ausland aufgeben und wieder nach Belgien zurückkehren mussten. Die Sozialpartner einigten sich jetzt auf Korrekturen. Im Wesentlichen würden die darauf hinauslaufen, dass sich für die meisten dieser Ruheständler nichts ändert. Allerdings muss die Regierung noch über das Abkommen befinden. Nur warnen die Gewerkschaften: Entweder die Regierung akzeptiert den Text so wie er ist, oder es gibt neue Proteste. "Dieses Abkommen ist unteilbar", sagt CSC-Chef Marc Leemans auf Seite eins von De Standaard.
"Welchen Preis hat der Soziale Frieden?", fragt sich denn auch De Standaard. "Die Regierung ist tief gespalten über die Frühpensionen", konstatiert De Morgen. Vor allem N-VA und OpenVLD haben offenbar ein Problem damit, dass die Sozialpartner das Regierungsabkommen aushöhlen, analysiert La Libre Belgique. Die Regierung wird voraussichtlich am Freitag entscheiden, wie sie mit dem Abkommen umgeht. "Die Frührentner können sich noch nicht erleichtert zurücklehnen", resümiert denn auch Le Soir.
An der ökonomischen Realität vorbeiregiert?
Daran sieht man doch, dass die ökonomische Realität manchmal stärker ist als der Wunsch nach Veränderung, stellt De Standaard in seinem Leitartikel fest. Klar müssen wir alle länger arbeiten; es macht aber wenig Sinn, Frühpensionierte einem Arbeitsmarkt aufzuzwingen, der sie gar nicht braucht. Das Hauptproblem ist, dass Arbeit in diesem Land nach wie vor zu teuer ist. An dem Tag, wo die Konjunktur wieder anzieht, müssen die Grundbedingungen geschaffen sein, das auch ältere Menschen so lange wie möglich im Arbeitsleben bleiben können.
"Wer mit dem Ferrari in den Ministerrat hineinfährt, der kommt eben oft auf einem Pferd wieder heraus", frotzelt Het Nieuwsblad. Jeder auch noch so ehrgeizige Plan wird durch die belgische Kompromisskultur weichgespült. Die Sozialpartner bringen die Regierung hier ganz klar in die Bredouille. Einmal mehr steht die Frage im Raum, wer dieses Land regiert: die Politik oder die Sozialpartner? Und die Regierung hat nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie torpediert ihre eigene Beschlüsse, wonach wir alle länger arbeiten sollen, oder sie riskiert einen neuen Clash mit den Gewerkschaften.
Win-Win für die Sozialpartner - Bredouille für die Regierung
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass sich die angeblich ach so zerstrittenen Sozialpartner quasi in Rekordzeit geeinigt haben. Dass liegt wohl daran, dass das Abkommen eine Win-Win-Situation darstellt, analysiert De Standaard. Die Gewerkschaften wollen ihre verunsicherten Mitglieder beruhigen; die Arbeitgeber warten ihrerseits nicht auf ein Heer von älteren und damit teuren Pensionsrückkehrern.
Die Sozialpartner haben die Regierung offensichtlich auf dem falschen Fuß erwischt, glaubt De Morgen. In den letzten Jahren hatten sie kaum ein spruchreifes Abkommen zustande gebracht. Darauf hatten insbesondere die Mitte-Rechts-Parteien wohl gebaut. Und was passiert jetzt? Die Sozialpartner erzielen ein Abkommen nach dem anderen, während die Regierung hoffnungslos zerstritten ist.
Das alles sorgt dafür, dass der Nimbus der N-VA Kratzer bekommt, glaubt Le Soir. Die Nationalistenpartei hatte den Wählern weisgemacht, dass es ausreiche, mit Karacho die Vordertür einzurennen. Inzwischen ist sie aber in der Realität angekommen. Streit ohne Ende; Improvisation; kopflose Politik: Viele Sympathisanten, angefangen beim flämischen Unternehmerverband Voka, sind enttäuscht. Die N-VA werde immer "belgischer". Vielleicht wird sie ja am Ende eine Partei wie jede andere.
Reichensteuer in der Wallonie und übergewichtige Babys
"Eine wallonische Reichensteuer? Das ist möglich", so die Aufmachergeschichte von La Libre Belgique. "Die PS prüft eine Reichensteuer in der Wallonie", schreibt auch L'Echo. Hintergrund ist eigentlich eine Provokation des föderalen MR-Haushaltsstaatssekretärs Hervé Jamar. Der hatte erklärt, dass die PS-Regionalregierung doch selbst Fakten schaffen könne, wenn sie es mit der Reichensteuer so eilig habe. Und anscheinend lässt Namür eine solche Steuer jetzt prüfen...
"Zehn Prozent der Neugeborenen sind zu schwer", titeln Gazet van Antwerpen und Het Belang van Limburg. In einem von zehn Fällen wog das Baby bei der Geburt über vier Kilo. Gynäkologen fordern jetzt eine bessere Begleitung insbesondere für übergewichtige Mütter.
Bild: Mandel Ngan (afp)