"Serge Kubla frei aber nicht beruhigt", titelt L'Avenir. "Kubla auf freiem Fuß, aber die Ermittlungen laufen weiter", schreibt Le Soir auf Seite eins.
Der MR-Politiker und ehemalige Regionalminister Serge Kubla ist am Donnerstag unter Auflagen aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Das bedeutet aber nicht, dass der 67-Jährige reingewaschen wäre. Es wird weiter gegen ihn ermittelt. Ihm wird ja Bestechung zur Last gelegt. Das Ganze im Zusammenhang mit einem Geschäft des Stahlkonzerns Duferco in der Demokratischen Republik Kongo.
Champagner und Mädchen für "Monsieur Serge"
Serge Kubla war im Kongo offensichtlich so eine Art Dauergast. "Kubla lebte auf großem Fuß in Kinshasa", so die Aufmachergeschichte von La Libre Belgique. La Dernière Heure drückt es plastischer aus: "Mädchen und Champagner", schreibt das Blatt auf Seite eins. Untertitel: "Die wilden Nächte des Serge Kubla im Kongo". Beide Blätter berufen sich auf Leute, die offensichtlich dabei waren oder zumindest nicht weit. Es sei jedenfalls so, dass man "Monsieur Serge" in Kinshasa durchaus kenne.
In den letzten Tagen war ja auch der MR-Kollege und ehemalige Senatspräsident Armand De Decker ins Zwielicht geraten. Eine französische Zeitung hatte ihm vorgeworfen, als Mittelsmann in einem Waffengeschäft zwischen Frankreich und Kasachstan aufgetreten zu sein. Dafür habe er über 700.000 Euro kassiert. Le Soir hat jetzt offensichtlich die Buchhaltung von De Deckers Anwaltskanzlei einsehen können. Daraus geht hervor, dass De Decker tatsächlich 500.000 Euro an Honoraren eingestrichen hat. Das, wie auch De Decker betont, in aller Transparenz und Legalität. Immerhin entspricht dieses Honorar aber einem Stundenlohn von rund 1.000 Euro.
Moralische Leitplanken
L'Avenir stellt sich die bange Frage, was wohl noch alles ans Licht kommen könnte. Ungeklärt ist zum Beispiel das Schicksal des früheren Buchhalters von Duferco. Ein möglicherweise gewaltsamer Tod dieses Mannes würde der Affäre noch eine ganze Dimension geben. Seltsam ist auch, dass kurz nach dem Beginn der Affäre Kubla schon wieder der Name De Decker fiel. Beide kennen den kasachischen Milliardär, der die Schlüsselfigur in dem zwielichtigen Waffengeschäft ist. Da stellt sich die Frage: Was ist hier eigentlich los?
La Libre Belgique beklagt in ihrem Leitartikel den moralischen Tiefflug der politischen Kaste. Ein ehemaliger regionaler Wirtschaftsminister, der nach seiner Amtszeit im Auftrag eines Stahlunternehmens unterwegs ist. Ein Parlamentarier, nebenbei ehemaliger Senatspräsident, der zwischendurch den Anwaltshut aufsetzt und in einer hochpolitischen Akte aktiv wird. Da muss doch jeder einsehen, dass solche Praktiken einfach nicht gehen. Hier wird jedenfalls deutlich, dass die derzeitigen Ethikregeln nicht ausreichen. Es wäre gesund, wenn die Politik jetzt schnell selbst die Initiative ergreift und sich neue moralische Leitplanken gibt.
In diesem Zusammenhang passt eine Meldung von Le Soir. Demnach hat die Lütticher Justiz die Aufhebung der parlamentarischen Immunität des PS-Abgeordneten und Bürgermeisters von Seraing, Alain Mathot, beantragt. Ihm wird Korruption vorgeworfen im Zusammenhang mit dem Bau der Müllverbrennungsanlage von Herstal.
Sibirische Eiseskälte
"Der Indexsprung soll heute verabschiedet werden", schreibt Le Soir auf Seite eins. Die Regierung werde also eben jene Maßnahme absegnen, die die Gewerkschaften als Kriegserklärung betrachten.
Doch droht genau darüber ein neuer Streit innerhalb der Koalition. "Kris Peeters schon wieder im Clinch mit der N-VA", so die Schlagzeile von De Standaard. Dabei geht es insbesondere um die Frage, ob der Indexsprung auch für die Mieten gelten soll. Konkret: Dass auch die Mieten einmal nicht steigen dürfen. Kris Peeters will genau dafür eintreten. Die frankophone MR ist dagegen; und auch die N-VA will von einem Indexsprung für Mieten nichts wissen. Das wäre - wenn überhaupt - Sache der flämischen Regionalregierung, heißt es bei der N-VA.
Das Klima zwischen CD&V und N-VA ist offensichtlich inzwischen total vergiftet. "Die N-VA will Peeters aus der Regierung herausekeln", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad. Die CD&V hat demnach den Eindruck, dass insbesondere Kris Peeters von der N-VA gezielt beschädigt wird.
Die Beziehungen zwischen Kris Peeters und seinem N-VA-Kollegen Jan Jambon erinnert an die Eiseskälte der sibirischen Steppen, notiert Het Nieuwsblad. Die Temperatur ist unter null. Doch je länger dieser Kalte Krieg zwischen CD&V und N-VA andauert, desto drängender stellt sich die Frage: Wo ist eigentlich der Premierminister?
Auch De Standaard hat langsam ein mulmiges Vorgefühl. Das Feuer schwelt nicht mehr nur, momentweise lodern auch schon Flammen auf. Spätestens jetzt sind wir um eine Illusion ärmer. Bislang hatte man geglaubt, dass symmetrische Koalitionen auf Ebene der Regionen und des Föderalstaats eine kohärentere Politik ermöglichen. Die flämischen Parteien beweisen im Augenblick genau das Gegenteil.
Unwetter über Gruppenversicherungen
Einige Zeitungen beschäftigen sich auch heute mit den sogenannten Gruppenversicherungen. Die Versicherungsbranche spielt mit dem Gedanken, die Rendite zu kürzen, weil sie möglicherweise ihre Versprechen nicht einhalten kann.
De Morgen hat überhaupt kein Verständnis dafür. Jahrelang haben die Versicherer fette Gewinne eingestrichen. Die Kunden haben davon selbstredend nichts gemerkt. Die Renditen wurden jedenfalls nicht erhöht. Und jetzt, wo der Kontext vielleicht etwas ungünstiger ist, wollen sie sich gleich aus der Verantwortung stehlen.
Hier braut sich ein Unwetter zusammen, gegen das der Indexsprung nur ein laues Lüftchen ist, warnt auch Het Laatste Nieuws. Hier geht es für die Betroffenen nicht um tausende, sondern um zehntausende Euro. Immerhin hat Pensionsminister Daniel Bacquelaine klar gemacht, dass er es nicht akzeptieren werde, dass an laufenden Verträgen herumgeschraubt wird. Denkbar ist aber, dass neu abgeschlossene Gruppenversicherungen bald ungünstiger sein werden. Die Regierung Michel sollte hier schnellstens Klarheit schaffen.
Bild: Laurie Dieffembacq (belga)