"Unsere Kernkraftwerke weisen schwere Mängel auf", titelt Le Soir. Abgebildet auf der Titelseite ist ein Lineal, das eine Länge von 18 Zentimeter zeigt. So lang sind neuesten Messungen zufolge die "Mikrorisse" im Reaktorkessel von Doel 3. 2012 waren die Materialschwächen in den Kernkraftwerken Doel 3 und Tihange 2 entdeckt worden. Damals war noch von "Mikrorissen" die Rede. Inzwischen hat man die Mess- und Berechnungsmethode verfeinert. Und die Ergebnisse sind dadurch im Grunde nur noch alarmierender geworden.
Jetzt erst recht wirft die Entscheidung von 2013 Fragen auf, meint Le Soir in einem Kommentar. Damals entschloss man sich dazu, die beiden Reaktoren nach einer ersten Überprüfung der Reaktorkessel wieder hochzufahren. Dabei standen zu diesem Zeitpunkt bereits dieselben Fragen im Raum wie jetzt. Deswegen hat die Öffentlichkeit jetzt erst recht ein Anrecht auf die ganze Wahrheit. Hier darf es keinen Interpretationsspielraum geben, weder politischer noch wirtschaftlicher Natur.
Jede neue Messreihe bringt neue Enthüllungen, beklagt auch L'Avenir. Da muss man sich nicht wundern, wenn sich inzwischen in weiten Teilen der Bevölkerung Skepsis breit gemacht hat. Hier geht es nämlich nicht um Kinkerlitzchen, nicht nur um Geld, nicht nur um die Frage, welche Energiegewinnung man denn jetzt bevorzugt oder wie man einen Blackout vermeidet. Nein, im Zentrum steht nicht weniger als die öffentliche Sicherheit. Und das in einem fast schon unvorstellbarem Maße. Wie gefährlich sind unsere Atomkraftwerke? Auf diese Frage wollen wir eine klare Antwort.
Monsieur 10- Prozent"
Die frankophonen Zeitungen beschäftigen sich natürlich auch heute ausgiebig mit der "Affäre Kubla". Der liberale Politiker und ehemalige Regionalminister hat "die zweite Nacht im Gefängnis verbracht", wie viele Zeitungen hervorheben. Ihm wird ja Bestechung zur Last gelegt.
Einige Blätter gehen mit Serge Kubla nicht gerade zimperlich um. La Dernière Heure etwa bezeichnet ihn als "Monsieur 10-Prozent". Anscheinend wurde der Bürgermeister von Waterloo so in seiner Heimatgemeinde genannt. Demnach sei es nicht unüblich gewesen, dass Kubla zehn Prozent des Gegenwerts eines Projektes einsackte als Gegenleistung für eine Genehmigung.
Le Soir spricht denn auch in seinem Leitartikel von einem "politischen und moralischen Schiffbruch". Natürlich gilt auch für Serge Kubla die Unschuldsvermutung. Doch es mag so aussehen, als habe er mindestens ein zweifelhaftes, moralisch fragwürdiges Verhalten an den Tag gelegt. Oder ist es normal, dass ein ehemaliger Wirtschaftsminister nach seiner Amtszeit für ein Unternehmen arbeitet, für das er unter anderem zuständig war? Das wirft zumindest ein seltsames Bild auf seine damalige Amtsführung. Resultat ist jedenfalls, dass sich viele Bürger wieder in ihrem Vorurteil bestätigt sehen: "Die sind sowieso alle korrupt".
La Libre Belgique geht der Frage nach, warum die MR Serge Kubla so schnell fallen gelassen hat. Grund sei wohl eine Kommunikationsstrategie: Man wollte den anderen Parteien nicht den geringsten Anlass geben, sich auf die MR einzuschießen.
Nach Kubla nun auch De Decker?
Zu allem Überfluss aus Sicht der Liberalen ist auch noch ein weiterer MR-Spitzenpolitiker wieder von seiner Vergangenheit eingeholt worden. Eine französische Zeitung hat jetzt schwere Vorwürfe gegen den früheren Senatspräsidenten Armand De Decker erhoben. Grob zusammengefasst soll De Decker in einem Waffengeschäft zwischen Frankreich und Kasachstan als Mittelsmann aufgetreten sein und für zwielichtige Dienstleistungen Geld kassiert haben. "Erst Kubla, jetzt auch noch De Decker: Die MR steckt in Schwierigkeiten", schreibt La Dernière Heure auf Seite eins.
Klar ist das peinlich für die Liberalen, bemerkt La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Man sollte beide Affären aber nicht ich einen Topf werfen. Die Vorwürfe gegen Armand De Decker sind nicht neu. Und doch hat die Justiz bislang nicht gegen ihn ermittelt. Im Augenblick weist nichts darauf hin, dass De Deckers Anwaltsbüro in illegale Machenschaften verwickelt war. Und das ist wohl auch der Grund dafür, dass die MR ihn nicht fallen lassen hat, im Gegensatz eben zu Serge Kubla.
"Uplace und kein Ende"
Die flämischen Zeitungen haben da ihren eigenen Dauerbrenner: "Nur noch die N-VA verteidigt Uplace", so die Aufmachergeschichte von Het Laatste Nieuws. Uplace, das ist ja ein riesiges Einkaufszentrum, das im Norden Brüssels entstehen soll. Die flämische Regierung hat jetzt grünes Licht gegeben. Die Entscheidung wird aber von allen Seiten kritisiert. Hauptkritikpunkt ist die Tatsache, dass der Brüsseler Autobahnring schon jetzt verstopft genug ist. Außerdem fürchtet man um die Geschäftswelt in den Nachbarstädten. Am Mittwoch im flämischen Parlament hat sich jetzt gezeigt: Innerhalb der flämischen Regierung verteidigt eigentlich nur die N-VA die Entscheidung. OpenVLD und CD&V gaben sich da deutlich zurückhaltender. Das schreibt denn auch De Standaard auf Seite eins: "Nur die N-VA steht noch voll hinter Uplace".
Auch die Leitartikel sind gespalten. Het Laatste Nieuws etwa macht das Gerede wütend. In der Politik geht es nur um drei Dinge: Jobs, Jobs und Jobs. Und den Flamen scheint es offenbar sehr gut zu gehen, wenn sie es sich erlauben können, über ein Projekt wie Uplace, das hunderte Arbeitsplätze schaffen wird, noch herum zu mosern.
De Standaard und Het Belang Van Limburg können die Kritik hingegen nachvollziehen. Die Idee für Uplace ist vor mehr als zehn Jahren entstanden. Und das war eine andere Zeit. Inzwischen haben sich die Prioritäten geändert. Die flämische Regierung sollte aber ihre Lehren daraus ziehen, empfiehlt De Standaard: Sie muss sich schneller entscheiden. Je länger ein Projekt im Raum steht, desto weniger Leute stehen am Ende noch dahinter.
"Hände weg von der Gruppenversicherung"
Einige Zeitungen greifen eine Ankündigung des Versicherungssektors auf. Der Branchenverband Assuralia plädiert dafür, die Renditen von sogenannten Gruppenversicherungen zu senken. Die derzeitigen Erträge von bis zu 3,75 Prozent seien nicht zu halten.
Das ist fast schon Diebstahl, schimpft Het Nieuwsblad. Dreiviertel aller Arbeitnehmer im Privatsektor müssen jetzt also um ihre bisherige Zusatzrente bangen. Dabei hätten sie nur das machen sollen, was im Grunde jeder vernünftige Mensch tut: In fetten Jahren für die mageren vorsorgen.
"Hände weg von der Gruppenversicherung", wettert auch Gazet Van Antwerpen. Gerade die Parteien der derzeitigen Mitte-Rechts-Regierung haben immer diesen zweiten Rentenpfeiler promotet. Jetzt darf man nicht zulassen, dass die Versicherer sich da aus der Verantwortung ziehen. Man sollte die Branche per Gesetz dazu verdonnern, ihre Renditeversprechen einzuhalten.
Archivbild: Eric Lalmand (belga)