Einige flämische Tageszeitungen greifen die Diskussion um die häusliche Pflege auf. Die Regierung hatte vorgeschlagen, dass Arbeitslose künftig nicht mehr von der Arbeitssuche freigestellt werden, wenn sie kranke Familienmitglieder zu Hause versorgen. Das hatte für einen Sturm der Entrüstung gesorgt. Die Regierung ruderte zurück und Premier Michel will die finanzielle Situation der Betroffenen verbessern.
Dazu meint De Standaard: Premier Michel konnte den Imageschaden nur noch mit einer Flucht nach vorn begrenzen. Bislang hatte die Föderalregierung die Verantwortung immer auf die Teilstaaten geschoben. Jetzt kann sie nicht anders, als in den eigenen Geldbeutel zu greifen. So funktioniert das in diesem Land, meint De Standaard. Durch solche Dummheiten werden kleine Sparmaßnahmen gestrichen und es kommt eine neue Unterstützungsmaßnahme heraus. Für die häusliche Pflege ist das okay.
Negatives und ängstliches Klima
De Morgen kommentiert dasselbe Thema: Das Problem dieser Regierung ist, dass die Maßnahme genauso wie die politische Reaktion darauf von ein und demselben Gefühl zeugen - grenzenlosem Misstrauen. In der Regierungsmannschaft herrscht ein tiefes gegenseitiges Misstrauen. Kein Koalitionspartner mit dem man gemeinsam Politik gestaltet, sondern ein Feind, der bekämpft und in ein schlechtes Licht gerückt werden muss. Es ist nicht auszuschließen, dass ein großer Teil der Bevölkerung genau dieses negative Menschenbild teilt, und deshalb dieser Koalition zur Macht verholfen hat. Die setzt alles daran, dieses negative und ängstliche Klima noch weiter zu verstärken. Zukunftsoptimistisch wird man damit aber nicht, meint De Morgen.
La Libre Belgique macht sich Sorgen um den Zustand der wallonischen Parteien PS und CDH. PS-Präsident Elio Di Rupo ruft eine Ideenwerkstatt ins Leben. Und sein Kollege Benoît Lutgen von der CDH lädt die Bürger ein zum TomorrowLab, man könnte auch sagen Zukunftswerkstatt. Beide Parteien sind geschwächt. Die PS sucht den richtigen Ton in der föderalen Opposition. Und die CDH ihren Stil zwischen der MR und einer blockierten Linken. Mit den Werkstätten wollen die Parteien wieder Kontakt mit den Bürgern aufnehmen, die sich mehr und mehr von den Parteien verabschieden. Das politische Leben kann aber nur gewinnen, wenn der Austausch mutig, dynamisch und zukunftsoffen ist, meint La Libre Belgique.
Identifikationsdefizit sorgt für existenzielle Krise
Auch Le Soir findet: Die demokratischen Parteien befinden sich in einer existentiellen Krise. Die Beziehung zu ihren Aktivisten ist brüchig und die zu ihren Wählern distanziert. Die heutige Gesellschaft ist offen, hat aber auch ein Identifikationsdefizit. Es besteht das Risiko, dass der politische Diskurs von den populistischen und extremistischen Parteien bestimmt wird. In einer immer komplexer werdenden Welt stoßen die scheinbar einfachen Lösungen dieser Parteien auf ein großes Publikum. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wieder Persönlichkeiten und Gruppierungen den demokratischen Raum betreten, die nach Lösungen suchen und Alternativen vorschlagen. Die Politik muss gezwungen werden, über den Horizont der nächsten Wahl hinaus zu schauen.
Ein deutliches Signal gegen Rassismus benötigt
"Vor allem in Limburg verlangt der Kunde nach flämischen Putzhilfen", titelt Het Belang van Limburg heute. Acht von zehn limburgischen Dienstleistungsscheckbetrieben gehen auf den Kundenwunsch ein, keine ausländische Putzhilfe zu schicken. Damit liegt die Provinz über dem flämischen Durchschnitt. Das Minderheitenforum hatte am Montag Zahlen veröffentlicht, wonach zwei von drei Firmen auf rassistische Forderungen ihrer Kunden eingehen. Het Belang van Limburg findet: Das sind alarmierende und zugleich sonderbare Zahlen. In der Provinz Limburg leben viele Menschen mit ausländischen Wurzeln, und die Erfahrungen im Zusammenleben sind lang und gut.
Das Ganze ist einfach: Es gibt zu wenige Kontrollen, um solchen schlummernden Rassismus festzustellen, und die Reaktionen darauf sind zu lax. Es braucht ein deutliches Signal: In einem pluralistischen Zusammenleben darf so etwas nicht toleriert werden. Andererseits müssen wir uns auch fragen, ob wir mit dem Finger auf den wahren Schuldigen zeigen. Ist es wirklich die Schuld der Betriebe? Kein Angebot ohne Nachfrage. Der Kunde ist König. Und die Kunden, das sind wir. Keine ausländische Putzfrau bitteschön. So lange wir diese Forderung normal finden, sollten wir besser vor unserer eigenen Haustür kehren. Zu guter Letzt ist das nicht allein ethisch ein Problem, sondern ungesetzlich und damit strafbar.
Warnstufe vier bei Rentenbedrohung
Het Laatste Nieuws erinnert an die dringend notwendige Rentenreform. Noch zwei Wochen bleibt die Terrorwarnstufe auf drei, bei der Rentenbedrohung steht sie auf vier, spottet die Zeitung. Schon vor zehn Jahren warnte der damalige Pensionsminister Frank Vandenbroucke vor dem Kollaps und legte noch im letzten Jahr einen 700 Seiten dicken Rentenbericht vor. Wenn das Rentensystem nicht schnell und gründlich reformiert wird, dann kommt es für die heute 20-, 30- oder 40-Jährigen am Ende dicke. Entweder wird ihre Rente noch viel niedriger als die ihrer Eltern oder sie müssen für Öffentliche Dienstleistungen viel mehr bezahlen als es ihre Vorfahren je getan haben. Verlieren werden sie auf jeden Fall. Wer sagt, dass es nicht so kommen wird, der lügt.
Archivbild: Laurie Dieffembacq (belga)